Entwurf zu Klimagesetz: Gewessler befürchtet "massiven Schaden"

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, Klimaministerin Leonore Gewessler
Der Entwurf enthält laut "Standard" keine verbindlichen Sektorziele und schließt den Kauf von Zertifikaten nicht aus.

Das Ringen um das lange erwartete Klimaschutzgesetz ist um ein weiteres Kapitel reicher: Der Standard zitierte Sonntagnachmittag aus einem zwei Monate alten Gesetzesentwurf von Landwirtschafts- und Umweltminister Norbert Totschnig (ÖVP), der auf eine stark abgespeckte Regelung ohne verbindliche Maßnahmen für die einzelnen Sektoren hindeutet. Im Ministerium betonte man auf APA-Anfrage, dass es noch keinen abgestimmten Gesetzesvorschlag der Dreierkoalition gebe.

Deutlich reduziert

Laut dem Standard zeigt sich der mit 27. Juni datierte Entwurf - die Regelung wird im Koalitionspakt nicht mehr "Klimaschutzgesetz", sondern "Klimagesetz" genannt - gegenüber dem seinerzeitigen Vorhaben deutlich reduziert. Er sei nur halb so lang wie jener aus der Ära Türkis-Grün, in der sich Leonore Gewessler als grüne Klimaschutzministerin für das Gesetz stark machte, letztlich aber am Widerstand aus ÖVP-Wirtschaftskreisen scheiterte.

Vor allem die verbindlichen Emissionsreduktionspfade, eine Bindung auch für die Bundesländer sowie die als "Notbremse" geplanten automatischen Steuererhöhungen etwa der Mineralölsteuer (MöSt), wenn Klimaziele verfehlt werden, sorgten für massiven ÖVP-Widerstand. Durch einen frühzeitigen Leak wurde das Gesetz damals durch seine Gegner torpediert.

Eckpunkte aus Ära Gewessler ersatzlos gestrichen

Im neuen Entwurf des nun wieder aus der ÖVP stammenden Ministers sind Eckpunkte von damals ersatzlos gestrichen worden, berichtete der Standard: etwa Regeln zur internationalen Klimafinanzierung, der Rechtsschutz gegen zu lasche Klimapolitik oder Institutionen wie der "Klimarat der Bürgerinnen und Bürger". Auch vom Plan, den bei Verfehlen der EU-Klimaziele drohenden milliardenteuren Zertifikatekauf aus dem Ausland mit allen Mitteln zu verhindern, soll abgegangen worden sein. Stattdessen soll eine neue Steuerungsgruppe genau diesen Kauf vorbereiten.

Laut der Zeitung ist nur ein Klimafahrplan vorgesehen, den die Regierung laut Entwurf bis Ende Oktober 2026 beschließen soll. Dabei deute nichts darauf hin, dass die Inhalte darin rechtlich bindend wären. Genau darauf, nämlich verbindliche Sektorziele vom Verkehr über Gebäude bis zur Landwirtschaft, drängen Umweltschützer und Wissenschafter seit Jahren.

Noch keine Einigung in der Dreierkoalition

Im Landwirtschafts- und Umweltministerium wollte man all das nicht kommentieren. "Der Entwurf für das neue Klimagesetz mit den drei Säulen Klimaschutz, Klimawandelanpassung und Kreislaufwirtschaft wird derzeit innerhalb der Regierung abgestimmt. Ziel ist eine möglichst rasche Einigung. Sobald sich die drei Koalitionspartner auf einen gemeinsamen Gesetzesvorschlag geeinigt haben, wird dieser in die öffentliche Begutachtung geschickt", hieß es schriftlich. Man bitte daher um Verständnis, dass aus Rücksicht auf die laufenden Gespräche noch keine Details bekannt gegeben werden könnten.

Im Regierungsprogramm seien jedenfalls bereits die wesentlichen Eckpunkte vereinbart worden, so das Ministerium weiter, "die sich natürlich auch im Klimagesetz widerspiegeln werden". Schon im Ende Februar präsentierten Koalitionspakt von ÖVP, SPÖ und Neos ist nur von "indikativen", also unverbindlichen Zielen für die Sektoren die Rede. Nur das nationale Gesamtziel soll verbindlich gelten. Am Ziel des Erreichens der Klimaneutralität im Jahr 2040 will man laut Koalitionspakt aber festhalten.

Gewessler befürchtet massiven Schaden

Gewessler, nach dem Abschied aus der Regierung jetzt Bundessprecherin und Klubobfrau der Grünen, zeigte sich in einer Aussendung bestürzt: "Wenn das so kommt, richten ÖVP, SPÖ und Neos einen massiven Schaden an. Am Klima, aber auch am Standort Österreich. Damit verlieren wir Jobs und Wettbewerbsfähigkeit." Schon in der vergangenen Regierungsperiode habe man deutlich gemacht, dass ein solches Gesetz ohne verbindliche Ziele und ohne Sanktionen für die Grünen nicht tragbar sei. 

Gewessler sah ihre Befürchtungen, was die Klimapolitik der Regierung betrifft, bestätigt: "Ohne die Grünen bleibt der Klimaschutz auf der Strecke - das haben auch die vergangenen Monate klar gezeigt. Die Rechnung dafür werden am Ende unsere Kinder und Enkelkinder bezahlen müssen."

Kritik von "Fridays For Future" und Greenpeace

Auch das Klimainstitut "Kontext", die Klimaschutzaktivisten von "Fridays For Future" und die NGO Greenpeace sparten nicht an Kritik. Im Entwurf fehle es an notwendigen verbindlichen Zielen. 

"Der Entwurf des Klimagesetzes lässt die notwendige Klarheit und Verbindlichkeit vermissen. Nicht nur das zentrale Ziel der Klimaneutralität bis 2040 fehlt darin, sondern auch jährliche Sektorenziele, ein Sofortmaßnahmenprogramm, verbindliche Zeitläufe und Rechtsschutz scheinen im Entwurf nicht enthalten zu sein", hieß es von Kontext-Vorständin, Katharina Rogenhofer. In dieser Form sei das Klimagesetz wirkungslos. "Entscheidend aber ist, was das Gesetz enthalten wird, wenn es nach der Koordination zwischen den Koalitionspartnern in Begutachtung geht."

Die Aktivisten der "Fridays Fot Future" sahen am Montag ein Klimagesetz ohne Klimaschutz. "Als wäre nicht fatal genug, dass ein völkerrechtlich notwendiges Klimaschutzgesetz in Österreich seit vier Jahren fehlt, schlägt dieser Entwurf noch tiefer ein. Der Entwurf ist ein halbgares Klimagesetz ohne Verbindlichkeit, Rechtsschutz und Garantie für die Zukunft kommender Generationen", hieß es in einer Aussendung.

Für Greenpeace sei der Entwurf unbrauchbar und die NGO ortete dringenden Verbesserungsbedarf. Die Regierungsparteien müssten das Papier grundlegend überarbeiten, so der Appell. Beinahe alle Entscheidungen, wie etwa klare Reduktions- und Sektorziele, würden nicht im Gesetz verankert und sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt in einem "Klimafahrplan" festgelegt werden. Doch auch dieser Plan solle rechtlich unverbindlich sein.

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