Justiz-Tag im U-Ausschuss: "Das ist ein Staat im Staat"

Justiz-Tag im U-Ausschuss: "Das ist ein Staat im Staat"
Die WKStA leitete Verfahren gegen Sobotka ein, weil Verjährung gedroht hätte.

Er macht weiter. Den Vorsitz im ÖVP-U-Ausschuss abgeben kommt für Wolfgang Sobotka absolut nicht in Frage. 24 Stunden davor wurde bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen den Nationalratspräsidenten wegen Amtsmissbrauchs ermittelt. Als Innenminister soll er im Jahr 2017 in eine Personalbesetzung rund um die Bestellung des Wiener Vizepolizeipräsidenten rechtswidrig eingegriffen haben, lautet der Vorwurf (der KURIER berichtete).

Sämtliche Fraktionen – inklusive des Koalitionspartners Grüne – legten Sobotka den Verzicht auf den Vorsitz nahe. Allerdings gibt es in der Causa ein interessantes Detail. Die WKStA bestätigte gegenüber dem KURIER, dass sie das Verfahren „aus der Dringlichkeit“ eingeleitet hat, weil sonst die Verjährung nach fünf Jahren gedroht hätte.

Verjährt nach 5 Jahren

Der Tatzeitraum wird von der WKStA zwischen 28. März und 1. Mai 2017 festgelegt. Sprich, die WKStA musste schnell handeln. Der Tatverdacht ergibt sich für die WKStA auf Grund von Anzeigen und Beweisen wie etwa dem Chatverlauf zwischen Sobotka und seinem damaligen Kabinettschef Michael Kloibmüller.

Den Bestellungsakt, also wie die Personalkommission für den konkreten Posten entschieden hatte, hat die WKStA offenbar noch nicht aus dem Innenministerium herbeigeschafft.

So weit zur Causa Sobotka. Es gibt aber noch andere. Auskunftsperson war eigentlich Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter. Im Mittelpunkt seiner Aussage standen ein mutmaßlicher Postenschacher rund um die Bestellung der Leitung der Oberstaatsanwaltschaft Wien und der angebliche Verrat einer Hausdurchsuchung bei Investor Michael Tojner. Gegen Brandstetter wird wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt, weil er Ex-Sektionschef Christian Pilnacek angestiftet haben soll, ihm (Brandstetter) eine Hausdurchsuchung zu verraten. Diesen Verdacht bestritt Brandstetter vehement. „Es stimmt nicht“, sagte er im U-Ausschuss.

11 Tage früher informiert

Vielmehr habe er von einer Presse-Journalistin erfahren, dass es eine Hausdurchsuchung bei Investor Michael Tojner geben soll. Die Hausdurchsuchung fand am 25. Juni 2019 statt.

Dem KURIER liegt ein Mail vom 14. Juni 2019 an die Kanzlei Liebenwein (sie vertritt Tojner) vor. Elf Tage vor der Hausdurchsuchung fragt die Journalistin in diesem Mail nach, ob es stimme, dass es eine Razzia bei Tojner gegeben haben soll.

Auch Chats, die dem KURIER vorliegen, belegen, dass Brandstetter am 14. Juni von einer bevorstehenden Razzia von der Journalistin informiert worden war, aber nicht von Pilnacek.

Am 24. Juni – also einen Tag vor der Hausdurchsuchung – informiert die Anwaltskanzlei Liebenwein die WKStA über mediale Gerüchte um eine Hausdurchsuchung. Die Anwaltskanzlei ersucht die WKStA um Unterlassung dieser, weil sie rechtswidrig und rufschädigend sei. Einen Tag später findet die Hausdurchsuchung statt.

Dieses Schreiben hatte Brandstetter in den U-Ausschuss mitgebracht, um zu beweisen, dass die WKStA sogar offiziell informiert wurde.

Rund 90 Minuten vor der Hausdurchsuchung hatte Brandstetter an Tojner geschrieben: „Wenn die heute kommen, ganz ruhig bleiben.“ Diese Nachricht ist für den Ex-Minister nichts Besonderes, weil er, nachdem die WKStA über den Leak informiert wurde, quasi stündlich mit einer Hausdurchsuchung rechnete.

Aber nicht nur Ex-Justizminister Brandstetter und Ex-Sektionschef Pilnacek sind im Fokus von Ermittlungen. Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Johann Fuchs steht bald selbst vor Gericht. Der suspendierte Oberstaatsanwalt wird sich wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage vor dem „Ibiza“-Untersuchungsausschuss verantworten müssen.

Im Strafantrag wird Fuchs vorgeworfen, dem suspendierten Sektionschef Pilnacek im Dezember 2020 verraten zu haben, dass die WKStA eine Anzeige gegen eine Presse-Redakteurin vorbereite.

Als zweite Auskunftsperson sagte Ex-OGH-Präsident Eckhart Ratz aus. Er kritisierte die Ermittlungsmethoden der WKStA wortgewaltig und bezeichnete manche als nicht rechtskonform. „Wo samma denn?“, sagte er über die WKStA. „Das ist ein Staat im Staat.“

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