Harte IV-Kritik: IV wirft SPÖ-Minister Marterbauer "Schönfärberei" vor

Christoph Neumayer
Für SPÖ-Finanzminister geht es "leicht nach oben". Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung sieht indes einen "gewaltigen Handlungsbedarf".

SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer zieht in der letzten Oktoberwoche vor Vertretern der Auslandspresse einen Vergleich mit Deutschland, um die wirtschaftliche Situation, in der sich Österreich befindet, einzuordnen. 

Die heimische Industrie habe von 2000 bis 2024 ein Produktionsplus von 70 Prozent verzeichnet, Deutschland im selben Zeitraum nur von 10 Prozent. Österreich habe besonders im Maschinenbau starke Unternehmen, die jüngsten Wirtschaftsprognosen würden zudem auf ein kleines Wachstum hindeuten. 

"Das ist alles kein Feuerwerk, das hier sprüht, aber es geht leicht nach oben", so Marterbauer. Von Deindustrialisierung könne keine Rede sein. Das Thematisieren einer solchen Entwicklung käme vielmehr einer selbsterfüllenden Prophezeiung gleich und sei gefährlich. 

Anders die Einschätzung von IFO-Chef Clemens Fuest, der kurz zuvor und zum wiederholten Male von einem "Niedergang" der deutschen Wirtschaft spricht und im ZiB2-Interview Österreich rät, die Ausgaben zu kürzen. 

IFO-Chef Clemens Fuest

IFO-Chef Clemens Fuest

Auf harsche Kritik bis Unverständnis stößt Marterbauers Einschätzung nun bei der Opposition und Industriellenvereinigung (IV). 

"Eine Staatsquote von über 50 Prozent bedeutet leider mehr staatliche Planwirtschaft als freier Markt. Genau deshalb geht es seit Jahren nicht mehr bergauf, sondern der private Wohlstand beginnt abzuschmelzen, während die Wirtschaft nur noch gegen den Absturz kämpft. Wir haben zu viel Staat, anstatt zu wenig“, so FPÖ-Wirtschaftssprecherin Barbara Kolm in einer Aussendung. 

Wirtschaftssprecherin der FPÖ: Barbara Kolm

Wirtschaftssprecherin der FPÖ: Barbara Kolm

IV-Generalsekretär Christoph Neumayer "erstaunt, wenn der Finanzminister von einer Besserung spricht, während die Industrie auf der Stelle tritt“. Alle würden sich "Zuversicht und Aufschwung wünschen", doch: "Der Handlungsbedarf ist gewaltig und Schönfärberei hilft niemandem."

Fest macht Neumayer das an den 70 Prozent Produktionsplus, die Marterbauer als Argument heranzieht. Österreichs Industrie sei international wettbewerbsfähig gewesen und "nach wie vor innovativ". Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Unternehmen mit enormen Herausforderungen zu tun hätten. "Wer bei 0,3 Prozent BIP-Zuwachs von Aufschwung spricht, verwechselt statistisches Rauschen mit Realität.“

In einer Aussendung führt Neumayer weiters an, dass die Bruttowertschöpfung 

  • 2023 und 2024 in der österreichischen Industrie real um 8,8 Prozent gesunken ist,
  • für 2025 im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls ein Minus erwartet wird. 

Die Exporte seien im ersten Halbjahr 2025 um 3,1 Prozent zurückgegangen - im Gegenzu hätten ausländische Wettbewerber auf dem österreichischen Markt um 2,9 Prozent zulegt. Zudem verweist die IV auf die Arbeitsplätze. Zwischen dem zweiten Quartal 2023 und dem zweiten Quartal 2025 seien in 

  • Industrie, Gewerbe und Bau 36.580 Arbeitsplätze verloren gegangen,
  • im öffentlichen Bereich sei die Zahl der Beschäftigten im Vergleich um 51.040 Menschen gestiegen. 

Die IV sieht die Regierung gefordert, die Industriestrategie vorzulegen und die Entbürokratisierung voranzutreiben. "Es steht außer Streit, dass Österreich bislang noch zu den wohlhabendsten Ländern der Welt gehört. Dieser Wohlstand fußt auf den Anstrengungen und Erfolgen der Vergangenheit, ist aber kein Garant für zukünftige Prosperität“, schließt Neumayer.

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