Ist das Kopftuchverbot verfassungskonform? Plakolm trotzt Kritik "zuversichtlich"

Die Bundesregierung will heuer noch ein "Kinderkopftuchverbot" beschließen, das für unter 14-jährige Mädchen gilt. Dieses soll ab dem zweiten Schulsemester, mit 2026, in Kraft treten. Die bekannten Eckpunkte: Verstoßen Mädchen gegen das Verbot, sind in letzter Konsequenz Geldbußen von 150 bis 1.000 Euro oder Ersatzfreiheitsstrafen für die Eltern vorgesehen.
Gleichzeitig plant die Regierung Begleitmaßnahmen, die Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) mit Sonia Koul, Leiterin des ÖIF-Frauenzentrums, und Integrationsexpertin Emina Saric Montagvormittag präsentierte.
Zur Erinnerung: Ein türkis-blaues Kopftuchverbot an Volksschulen war Ende 2020 wegen der Konzentration auf den Islam vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) gekippt worden. Er sah dies im Widerspruch zum Gebot der religiösen Neutralität des Staates. Die Begleitmaßnahmen sollen helfen, um Bedenken zu kontern.
"Kein harmloses Stück Stoff"
"Ja, bin zuversichtlich, dass dieser Gesetzesentwurf auch halten kann und wird", meint Plakolm. Bis Donnerstag läuft die Begutachtungsfrist für den Gesetzesentwurf, in der bereits viel Kritik laut wurde. Danach werde man die eingegangenen Stellungnahmen gegebenenfalls einarbeiten, meint die Ministerin. Die Kritikpunkte des VfGH habe man ernst genommen, sehr sorgfältig mit Verfassungsjuristen zusammengearbeitet und deshalb auch ein breites Maßnahmenpaket jenseits des Kopftuchverbots geplant.
Zur Frage, warum sich die Koalition weiter nur auf Kopftücher und nicht auf alle religiösen Symbole konzentriere, meinte die Ministerin, dass das Kopftuch junge Mädchen daran hindere, in Gleichheit mit den Buben und in Selbstbestimmung aufzuwachsen. Plakolm spricht von kultureller Gewalt und falschen Ehrvorstellungen. "Es ist definitiv kein harmloses Stück Stoff, sondern ein Symbol eben genau dieser Unterdrückung."
Die Begleitmaßnahmen
Ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Selbstbestimmung von Mädchen, zur präventiven Arbeit mit Burschen und Sittenwächtern sowie zur Unterstützung und Aufklärung von Eltern soll aus der Sicht der Ministerin das Gesetz begleiten. Es gebe dazu Förderungen im Ausmaß von 6,5 Millionen Euro Euro und bereits mehr als 30 Einreichungen. Anfang November soll eine Kommission über die Zuschläge entscheiden.
Als etablierte Projekte gelten bereits das Frauenzentrum des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF), das Koul vorstellt. Es gilt als Anlauf- und Beratungsstelle für Mädchen mit Migrationshintergrund, mit patriarchalen Strukturen zu kämpfen haben. "Wir informieren, beraten und stärken sie, damit sie selbstbestimmt ihre eigenen Entscheidungen treffen, ihr Leben gestalten und ihre Chancen in Österreich wahrnehmen können", sagt Koul.
Integrationsexpertin Saric stellt das gewaltpräventive Bildungsprojekt "Heroes.Steiermark" vor, bei dem seit 2017 junge Männer aus ebenso geprägten Milieus zu Vorbilden ausgebildet werden. "Gewalt im Namen der Ehre ist kein privates Problem, sondern Ausdruck patriarchaler Kontrolle, die die Unterordnung von Mädchen und Frauen erzwingt und soziale Kontrolle – etwa durch Kleidervorschriften oder Kopftuchzwang – legitimiert", sagt Saric.
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