Verschwundener Asylwerber: Karner will weiter nach Syrien abschieben

Zusammenfassung
- Innenminister Karner verteidigt Abschiebungen straffälliger Asylwerber nach Syrien trotz UNO-Kritik und Reisewarnung.
- Zum Polizeieinsatz am Peršmanhof in Kärnten verweist Karner auf eine Expertenkommission und betont die Notwendigkeit genauer Analyse nach Kritik, auch aus Slowenien.
- Die Ausweitung der polizeilichen Videoüberwachung soll regional geplant werden und dient laut Karner der Prävention und Aufklärung.
Erstmals seit 15 Jahren ist im Juli ein straffälliger Syrer in seine Heimat abgeschoben worden. Seit einem Zwischenstopp in Istanbul im Zuge der Außerlandesbringung hat die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung keinen Kontakt mehr zu dem Mann. Die UNO verlangt, Österreich solle überprüfen, wo der Mann ist. Karner hält das weiterhin für "abgehoben und weltfremd", wie er im Ö1-"Morgenjournal" am Montag sagte.
Trotz bestehender Reisewarnung wegen der schlechten Sicherheitslage in Syrien, bleibt Österreich bei seiner Vorgehensweise, betonte Karner: "Weil es notwendig ist und wenn eine Asyl - und Integrationspolitik glaubwürdig sein will, dann müssen Strafäter auch abgeschoben werden.“
Weitere Abschiebungen nach Syrien sind bereits geplant, sagt Karner
Dass Österreich als einziges EU-Land in das Land abschiebt, begründet er damit, dass es im Dezember einen Machtwechsel gegeben habe und man direkten Kontakt zur dortigen Regierung hergestellt habe. "Dadurch ist eine Abschiebung wieder möglich."
Es gibt eine UNO-Konvention gegen Verschwindenlassen, die Österreich mit der Unterschrift aller Parlamentsparteien unterzeichnet hat. Die UNO hat in Berufung darauf vergangene Woche verlangt, Österreich müsse bei den syrischen Behörden Auskunft verlangen, was mit dem Mann passiert sei. Karner hatte das ausgesprochen scharf kritisiert. Er wiederholte seine Position am Montag: „Weil wir das Ziel haben, Straftäter außer Landes zu bringen, ist es abgehoben und weltfremd, bei jedem einzelnen, der abgeschoben wird, auch Nachschau zu halten.“ Ein Asylsystem könne nur funktionieren, wenn es streng, konsequent und gerecht sei.
Und: Es werde weitere Abschiebungen nach Syrien geben. "Ich spreche nicht über Einzelfälle, aber es sind weitere geplant", so Karner.
Bei dem verschwundenen Mann handelt es sich um einen verurteilten Terror-Propagandisten: Der 32-Jährige war im November 2018 vom Landesgericht Salzburg wegen Beteiligung an der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte sich als eine Art „Medien-Mudschahid“ betätigt.
Dem Urteil zufolge ging es ihm darum, die Mitglieder für den IS anzuwerben und durch propagandistische Fotos, Videos, Filme, Bildcollagen und Grafiken über vergangene oder angekündigte Terroranschläge die europäische Zivilbevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen.
Für die Marketing- und Rekrutierungsmaßnahmen nutzte er zahlreiche Plattformen, darunter Google, Flickr, Tumblr, Facebook, Telegram, Blogspot, Youtube, Instagram oder WordPress. Alleine auf Twitter soll der Mann etwa 30 Profile „bespielt“ haben.
"Wenn ich sagen würde, es ist alles optimal gelaufen..."
Wer sich erwartete, dass der Innenminister beim Einsatz gegen ein Antifa-Camp am Peršmanhof in Kärnten vom 27. Juli bedingungslos hinter der Polizei stehen würde, wurde in dem Live-Interview am Montag eines Besseren belehrt. "Wenn ich sagen würde, es ist alles optimal gelaufen bei diesem Einsatz, würde ich zu Recht kritisiert, aber auch wenn ich sagen würde, alles ist schlecht gelaufen", sagte Karner. Er verwies auf die von ihm eingesetzte Expertenkommission. Diese werde bis Ende September zumindest einen Zwischenbericht abgeben. "Faktum ist, dieser Einsatz hat zu Kritik geführt. Wenn etwas so heftig kritisiert wird, gerade aus Slowenien heraus, ist es notwendig, das genauer zu analysieren."
Wie politisch heikel der eskalierte Einsatz bei der wichtigsten NS-Gedenkstätte der Kärntner Slowenen ist, zeigt auch, wen Karner in dem Interview noch adressierte. "Danke dem neuen slowenischen Botschafter, der das Gespräch sucht und dem Landeshauptmann aus Kärnten, der versucht, hier ausgleichend zu wirken."
Der vierstündige Einsatz am Peršmanhof, einem abgelegenen Hof, der auch eine Gedenkstätte beherbergt, hat für diplomatische Verwicklungen mit Slowenien gesorgt. Drei Polizeistreifen, Beamte des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) und des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) waren angerückt.
Unterstützt wurden sie von Beamten der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt. Grund dürften Anzeigen oder anonyme Hinweise gewesen sein, unter anderem wohl wegen unrechtmäßig aufgestellter Zelte während des Camps.
Polizeiliche Videoüberwachung soll regional geplant werden
Wie berichtet, hat Karner die Möglichkeiten zur polizeilichen Videoüberwachung ausgeweitet. Dies habe Präventionscharakter und helfe bei der Aufklärung. Wo die Maßnahmen gesetzt werden, werde nicht vom Ministerium bestimmt: "Wir werden das nicht von Wien aus vom Grünen Tisch entscheiden, sondern regional, wo es den Bedarf gibt."
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