Ibiza: Ruf nach schärferen Gesetzen
Für juristische Laien mag es ziemlich irritierend sein, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Causa Ibiza wie berichtet keine Korruptionsermittlungen einleitet. Allerdings fehlen dazu schlicht die rechtlichen Grundlagen. Nun werden Rufe laut, das zu ändern.
Um gegen Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus wegen Bestechlichkeit oder Vorteilsnahme ermitteln zu können, hätten sie zum Zeitpunkt des Ibiza-Videos Amtsträger sein müssen. Das waren sie nicht. Damit waren sie auch nicht in der Position, irgendwelche Versprechungen für Geld zu machen.
"Die Forderung einer finanziellen Unterstützung dafür, dass der Täter in die Position des Amtsträgers kommt, verbunden mit dem Versprechen, sich dadurch in der allfällig zu erlangenden Position (...) beeinflussen zu lassen (...), ist (...) nicht gerichtlich strafbar. Es wäre Sache des Gesetzgebers diese – allfällige planwidrige – Lücke zu schließen", schreibt dazu die WKStA.
"Ein guter Anlass, das Strafrecht zu verschärfen"
Als Empfehlung oder gar Aufforderung, das Gesetz auch auf Nicht-Amtsträger oder Kandidaten für bestimmte Ämter auszuweiten, will das WKStA-Sprecher Oberstaatsanwalt René Ruprecht allerdings nicht verstanden wissen. "Das ist nicht unsere Aufgabe. Wir halten nur fest, ob etwas nach geltender Rechtslage illegal ist oder nicht", sagt er zum KURIER.
Andere sind da weniger zurückhaltend: "Das Ibiza-Video - keine Korruption, sagt die WKStA. Es wirkt trotzdem so. Da muss im Zweifel das Strafrecht verbessert werden", twittert etwa Neos-Kandidat Helmut Brandstätter. Und: "Ein gefilmter Korruptionsversuch sollte ein guter Anlass sein, das Strafrecht zu verschärfen".
Auch der frühere Staatsanwalt Georg Krakow von Transparency International fordert im ORF-Radio eine Änderung: Schon Kandidaten sollen Amtsträgern gleichgestellt werden.
Einer Verschärfung der entsprechenden Paragraphen steht der Wiener Strafverteidiger Timo Gerersdorfer skeptisch gegenüber: "Anlassgesetzgebung ist immer gefährlich." Nichts einzuwenden habe er hingegen einer Konkretisierung des Gesetzes. "Aber einer Verschärfung muss eine intensive Diskussion vorangehen" - und zwar vor allem eine juristische, weniger eine politische.
Gerersdorfer hatte schon unmittelbar nach Auffliegen des Ibiza-Skandals gegenüber dem KURIER erklärt, dass Straches Aussagen zwar moralisch verwerflich seien, aber "strafrechtlich wohl nicht relevant". Er sieht sich jetzt durch die WKStA bestätigt.
Selbst wenn das Strafrecht entsprechend verschärft wird, Strache und Gudenus wären davon nicht betroffen. "Eine Verschärfung gilt niemals rückwirkend", sagt Gerersdorfer.
Untreue-Ermittlung laufen weiter
Ganz aus dem Schneider ist Ex-FPÖ-Chef Strache strafrechtlich freilich nicht. Zwar wird nicht wegen Bestechlichkeit oder Vorteilsnahme ermittelt, wohl aber wegen Untreue. Worum es dabei genau geht, verrät die Staatsanwaltschaft nicht. Die Causa sei eine Verschlusssache.
Hintergrund des Untreue-Vorwurfs dürften unter anderem die im Zuge des Ibiza-Skandals aufgetauchten Spenden von Unternehmen an FPÖ-nahe Vereine sein. Die Untreue begangen hätten demnach die verantwortlichen Geschäftsführer dieser Unternehmen. Strache wäre Beteiligter.
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