Hundstorfers Aktien steigen

Ein Mann mit Anzug und roter Brille hält einen Stift in der Hand.
Nun Seniorenkränzchen statt Megaschlacht um die Hofburg.

Die Absage Erwin Prölls ändert für die Bundespräsidentenwahl alles.

Wie die Wahl letztlich ausgegangen wäre oder jetzt ausgehen wird, kann man zwar nicht wissen, aber die Startvoraussetzungen sind nun völlig andere.

Pröll wäre als Favorit in die Wahl gegangen, die ÖVP hätte beste Chancen auf einen Sieg gehabt. Nun ist offen, wer in die Stichwahl kommt.

In der Konstellation Pröll/Alexander Van der Bellen hätte Rudolf Hundstorfer schlechte Karten gehabt. Für den SPÖ-Kandidaten wendet sich nun das Blatt. Niederösterreich ist bei Landeswahlen stets tiefschwarz, bei Bundeswahlen in der Regel rot. Selbst in der letzten ÖVP-Glanzzeit lag der rote Heinz Fischer bei der Hofburg-Wahl 2004 in Niederösterreich vor ÖVP-Kandidatin Benita Ferrero-Waldner.

Die Person Pröll hätte jedoch auch bei der Bundeswahl in Niederösterreich abgeräumt. Nun wird in diesem 1,3-Millionen-Wähler-Reservoir für Hundstorfer Potenzial frei. Pröll wäre als "starker Mann" auch bei einfachen Leuten in Gemeindebauten gut angekommen – auf diesem Feld wird nun ebenfalls mehr Platz für Hundstorfer.

Diese Wähler sind zwar auch FPÖ-affin, aber in der Hofburg wollen viele keinen blauen Rabauken und sind für andere Kandidaten gewinnbar. Die SPÖ wird dies versuchen, indem sie nun die strategische Positionierung Hundstorfers ändert und den Fokus auf Restriktion bei Wirtschaftsflüchtlingen legt.

Der Rückzug Prölls ändert auch den Wahlkampf. Pröll wäre mit einer perfekten Kampagne, praller Kassa und einem konfrontativen Programm in die Wahl gezogen: als starker Mann gegen eine schwache Regierung. Und da hätte er sich Kanzler Werner Faymann als Reibebaum heraus gepickt.

Die SPÖ war darauf gefasst und hat Material gegen Pröll für Gegenschläge gesammelt. "Wir hätten nicht die zweite Backe hin gehalten", bestätigen SPÖ-Kreise.

Pröll wäre seinerseits von den Grünen als Reibebaum im Wahlkampf benutzt worden. Sie wollten ihn als cholerischen Despoten darstellen und haben bereits begonnen, Niederösterreichs blühende Kulturlandschaft mit Haiders abgewrackter Wörtherseebühne in einen Topf zu werfen. Vielleicht war dies mit ein Beweggrund für Prölls Absage – dass er "sein Lebenswerk", wie er sagt, keiner Schlammschlacht aussetzen wollte.

In neuer Besetzung wird der Wahlkampf nun zum Seniorenkränzchen. Professor Alexander Van der Bellen wird am 18. Jänner 72 Jahre alt. Professor Andreas Khol feiert am 14. Juli seinen 75. Geburtstag. Die pensionierte Richterin Irmgard Griss wird heuer im Oktober 70. Sozialminister Rudolf Hundstorfer wird im September 65. Wilde Konfrontationen zeichnen sich in dieser Honoratiorenrunde eher nicht ab, die ohnehin verschuldeten Parteien können Kosten sparen und die Wahlkampf-Ausgaben herunter fahren.

Nach der ÖVP heute, Sonntag Abend, wird die SPÖ am kommenden Freitag offiziell Rudolf Hundstorfer zum Bundespräsidentschaftskandidaten nominieren. Als Hundstorfers Nachfolger im Sozialministerium dürfte Alois Stöger fix sein. Wer Stöger im Infrastrukturministerium nachfolgt, ist noch nicht entschieden, heißt es.

Der Zeitpunkt der Regierungsumbildung steht auch noch nicht fest, es dürfte aber rasch gehen. SPÖ-Geschäftsführer Gerhard Schmid hat unlängst in der ZiB 2 sinngemäß gesagt, dass die beiden Funktionen als Sozialminister und als Hofburgbewerber bald voneinander getrennt werden sollten.

Fest steht bereits der Wahlkampfleiter für Hundstorfers Präsidentschaftskampagne: Es ist Nedeljko Bilalic, früherer Sprecher von Kanzler Werner Faymann und nunmehr im Kabinett von Kanzleramtsminister Josef Ostermayer tätig. Bilalic (36) ist ein Wiener aus Fünfhaus mit einem bosnischen Vater und einer serbischen Mutter. Er selbst wurde in Österreich geboren. Bilalic baute als Jugendlicher eine SPÖ-Jugendgruppe im 15. Bezirk auf und war später ein Gefolgsmann von Ex-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas. Seit 2009 arbeitet Bilalic als professioneller Kommunikator für die SPÖ, zuerst in der Partei, später, wie gesagt, im Kanzleramt.

Für Hundstorfers Präsidentschaftskampagne wird ein eigenes Team aufgestellt, anders als bei Nationalratswahlen wird der Wahlkampf nicht vom Stab der Parteizentrale in der Löwelstraße durchgeführt.

Die FPÖ hat von Beginn an gesagt, sie wolle als letzte Partei ihren Hofburg-Kandidaten bekannt geben. In der FPÖ heißt es, sie wolle die Wahlkampfmillionen in eine Person investieren, die auch nach der Hofburg-Wahl noch für die FPÖ tätig sein werde. Wenn sich die FPÖ an diesen Vorsatz hält, scheiden jüngst aufgetauchte Namen wie jener von Ex-Sozialministerin Ursula Haubner aus.

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