„Nein, die Ausgliederung der Spanischen Hofreitschule war nicht erfolgreich“
Seit wenigen Tagen hat der Aufsichtsrat der Spanischen Hofreitschule einen neuen Vorsitzenden: Der Rechtsanwalt Michael Enzinger ist Professor an der Universität Wien, war lange Präsident der Rechtsanwaltskammer Wien und lange auch Aufsichtsratsmitglied der ÖIAG. Er will nun wieder Ruhe in den Betrieb der Spanischen Hofreitschule bringen, die seit ihrer Ausgliederung 2000 vor allem durch Skandale aufgefallen ist.
KURIER: Was bedeutet Ihnen die Spanische? Warum braucht es sie – und warum soll der Steuerzahler dafür zahlen?
Michael Enzinger: Die Lipizzaner und die Hofreitschule sind gewissermaßen die Kronjuwelen der Republik und ein Erbe der Monarchie. Die Hofreitschule genießt Weltruhm, sie ist ein österreichisches Kulturgut. Hier wird die hohe Kunst der klassischen Reiterei bewahrt. Und das ist der Grund, warum der Gesetzgeber – spät, aber doch – die Initiative ergriffen hat, eine eigenständige Gesellschaft öffentlichen Rechts zu schaffen und die Spanische nicht bloß als nachgeordnete Stelle des Ministeriums zu führen.
Sollte die Spanische mit Eintritts- und Sponsorgeldern auskommen, oder wird es immer öffentliche Förderungen brauchen – so wie Staatsoper oder Burgtheater, die ohne staatliche Zuwendungen auch nicht ausgeglichen bilanzieren können?
Da sehe ich die Hofreitschule in einer ähnlichen Situation wie andere Kultureinrichtungen. Zusätzlich kommt bei ihr dazu, dass es nicht nur um den Betrieb der Winterreitschule mit allem, was dazugehört, geht, sondern auch um die Pferdezucht. Ein Zuchtbetrieb ist in aller Regel nicht gewinnbringend. Um das Erbe der Hofreitschule zu erhalten, braucht es Nachwuchs bei den Lipizzanern. Der Pferdenachwuchs in Piber ist ein riesiger Aufwand. Das kostet, und das muss der Republik auch etwas wert sein.
Und ist es uns das auch wert?
Ja. Das hat sich gerade in den Budgetverhandlungen gezeigt. Der zuständige Bundesminister Norbert Totschnig war einer der wenigen, die für die Institution trotz der klammen Budgets zusätzliches Geld ausverhandeln konnten.
Vergangene Woche ist die Frist für Bewerbungen für die neue Geschäftsführung der Spanischen abgelaufen. Die Ausschreibung wurde noch vom alten Aufsichtsrat vorgenommen. Werden Sie eine neue Ausschreibung veranlassen?
Dazu ist noch keine Entscheidung getroffen worden. Zudem stellt sich die Frage, ob es wieder eine Doppelspitze geben soll. Mit diesen Fragen wird sich der Aufsichtsrat noch im Dezember auseinandersetzen.
Die Frage zielt darauf ab, dass die großen Chefs der Spanischen der Vergangenheit, wie Alois Podhajsky, Hans Handler oder Jaromir Oulehla, die heutigen Kriterien der Ausschreibung gar nicht erfüllen würden. Finden Sie, dass ein abgeschlossenes Jus- oder Wirtschaftsstudium notwendig ist?
Das ist nicht nur in Zeiten wie diesen notwendig. Es geht nicht nur um die fachlichen Belange der Reiterei und der klassischen Reitkunst, sondern um einen Wirtschaftsbetrieb mit über 200 Mitarbeitern und zahlreichen rechtlichen und wirtschaftlichen Verpflichtungen.
War die Ausgliederung aus Ihrer Sicht seit 2000 eigentlich erfolgreich?
Nein, die war nicht erfolgreich. Viele Dinge, die sich seit dem Jahr 2000 aufgetürmt haben und sich letztlich in erheblichen Verlustvorträgen niedergeschlagen haben, haben gezeigt, dass die Vorstellungen, die man damals hatte, so nicht umsetzbar waren.
Inwiefern? Zu intensiv für die Pferde?
Nicht nur, was die Belastung der Pferde und der Bereiter durch die Erhöhung der Anzahl der Vorstellungen betrifft, sondern auch hinsichtlich der qualitativen Anforderungen. Die haben natürlich ihre Spuren hinterlassen – auch beim Tierwohl, das wissen wir. Das waren Vorgaben, die so nicht erfüllbar waren.
Die Spanische ist in den vergangenen 25 Jahren vor allem durch negative Schlagzeilen aufgefallen. Warum tun Sie sich diesen Job eigentlich an?
Es war eine große Ehre, dass man seitens des Ministeriums und von Bundesminister Totschnig an mich herangetreten ist. Ich bin mit der Hofreitschule nicht erst seit meiner Tätigkeit als Beirat verbunden, sondern auch reiterlich immer sehr eng mit ihr verbunden gewesen. Fast alle Bereiter und Oberbereiter kenne ich persönlich.
Bei einer Institution, bei der das Wissen seit Jahrhunderten nur mündlich weitergegeben wird, da schmerzt der Abgang all jener, die vorzeitig und frustriert gehen. Das ist zuletzt sehr oft der Fall gewesen.
Ja. Aber die 460-jährige Geschichte zeigt, dass das Leben auch reiterlich immer weitergeht. Es kommen immer wieder neue Erfahrungsträger nach, die dieses Manko wettmachen.
Eine große Änderung gab es aber sehr wohl: Seit einigen Jahren werden neue Oberbereiter nicht mehr von den Reitern selbst, sondern von der Geschäftsführung bestellt. Ist das klug?
Es stimmt, unter Sonja Klima ist das anders gehandhabt worden und war in gewisser Weise ein Bruch mit der Tradition. Das ändert aber nichts daran, dass die nun im Amt stehenden Oberbereiter dieses Amt verdienen. Und die jüngste Ernennung zum Oberbereiter ist wieder nach der traditionellen Methode erfolgt. Vielleicht war es also nur ein Knick der Tradition und kein Bruch.
Werden wir bald die erste Oberbereiterin sehen?
Erst kürzlich ist die erste Frau Bereiterin geworden. Geben wir ihr noch ein bisschen Zeit, um ausreichend Erfahrung sammeln zu können. Ihr stehen jetzt alle Optionen für die nächsten Jahre offen.
Ist Ihnen bewusst, dass die Spanische heute deutlich mehr Personal hat als noch vor zehn, fünfzehn Jahren – ohne dass es mehr Menschen am Reitplatz gibt? Ist da etwas fehlgelaufen?
Die Zahl der Mitarbeiter ist in den letzten Jahren wahrscheinlich gestiegen, die aktuellen Zahlen kenne ich aber noch nicht im Detail. Ich weiß, dass der Overhead in jedem Unternehmen unter Beobachtung steht – das werden wir uns auch hier anschauen. Teure Beraterverträge sind zu hinterfragen, schon aus Eigeninteresse, damit man uns und der neuen Geschäftsführung nicht vorwerfen kann, unnötig Geld beim Fenster hinauszuschmeißen. Wir werden also alles genau auf Notwendigkeit, Sparsamkeit und Effizienz prüfen.
Wird es also mit Ihnen einen Neustart geben? Was benötigen Sie dafür?
Bundesminister Totschnig hat mir zwei Dinge mitgegeben: Erstens eine personelle Neuaufstellung und zweitens ist für die gesamte Leitung das Tierwohl das oberste Kriterium. Dazu kommt die gesetzliche Aufgabe, die klassische Reitkunst zu wahren – das ist uns in die Wiege gelegt worden. All das setzt ein gutes Betriebsklima voraus. Dass wieder Ruhe auf der Reitbahn einkehrt, ist ein wesentlicher Bestandteil, damit das gelingt. Ich werde dafür sorgen, dass die Hofreitschule aus den Schlagzeilen kommt – die brauchen wir am allerwenigsten und sind nur hinderlich.
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