Was ist und macht die "Spanische Hofreitschule" eigentlich?

Hofreitschule in London
Hohe Schule. Anders als bei einem Zirkus zeigen die Lipizzaner nur natürliche Bewegungsabläufe.

Die „Spanische“ zählt nicht nur zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe der Menschheit, sondern ist für die Österreicher seit jeher identitätsstiftend. Aber wie bei den anderen identitätsstiftenden Artefakten des Landes wie Neutralität oder Mozartkugeln weiß kaum wer, was das eigentlich ist und macht – und warum.

„In der Kaiserzeit vor 500 Jahren hat es überall Barockpferde wie die Knabstrupper, die Andalusier oder eben die Lipizzaner gegeben“, erklärt der ehemalige Oberbereiter Klaus Krzisch. „Das Kaiserhaus hat die Reitschule genutzt und sich solche Barockpferde gehalten, um bei Festen oder Besuchen befreundeter Monarchen Darbietungen zu zeigen – zum Angeben.“

Queen Elisabeth II lud "die Spanische" mehrmals nach London

Queen Elisabeth II lud "die Spanische" mehrmals nach London

Weil die Ursprünge der Wiener Hofreitschule auf den in Spanien geborenen Habsburger Ferdinand I. (gestorben 1564) und dessen spanische Gefolgsleute zurückgehen, hat sich der Name der „Spanischen Reitschule“ bis heute gehalten. Die Reitschule gab bis zum Ende der Monarchie 1919 auch nie öffentliche Vorführungen.

In den 460 Jahren seit der Gründung werden in der „Spanischen“ Reiter und Pferde – immer nur die Hengste – ausgebildet. Ein Lehrbuch gibt es bis heute nicht: „Rallyefahren kann man auch nicht aus einem Buch lernen. Bei Pferden braucht man vor allem das richtige Gefühl für das Tier, darüber kann man nicht schreiben, das muss man spüren“, sagt Krzisch. 

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Die Tourneen der Spanischen führten die Pferde nicht nur in die USA, sondern auch nach Japan.

„Wenn man junge Lipizzaner auf der Koppel beobachtet, machen sie von selbst all die Bewegungen, die wir bei Galavorstellungen vorführen, wie Seitengänge, Piaffe (Traben auf der Stelle) und Galoppwechsel, Wendungen, aber auch Sprünge („Schule über der Erde“) wie die Levade (Bild oben Mitte), Kapriole (Bilder rechts oben) oder Courbette.“

Die Kunst sei, diese Figuren von Reiter und Ross in einer Vorstellung in Perfektion abrufen zu können, und das möglichst so, dass der Zuseher kaum ein Kommando bemerkt. Galavorstellungen dauern rund 80 Minuten und haben acht Programmpunkte, mit Höhepunkten wie dem „Pas de deux“, den „Schulsprüngen unterm Sattel“ oder der finalen Quadrille mit acht Reitern.

Die „Spanische“ ist die älteste noch aktive Reitschule, sie verfügt über das größte Repertoire. Deutlich jünger sind Reitschulen wie die Escola Portuguesa de Arte Equestre, die Cadre Noir in Frankreich oder die Real Escuela Andaluza del Arte Ecuestre.

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