Wo sind die Daten zur türkis-blauen Milliardenreform der Krankenkassen?

Wo sind die Daten zur türkis-blauen Milliardenreform der Krankenkassen?
Die Zusammenlegung der Kassen brachte keine Einsparung. Wo welche Entscheidungen getroffen wurden, ist nicht mehr auffindbar: Unterlagen im Büro von FPÖ-Ministerin Hartinger-Klein wurden geschreddert.

Sie war eines der wichtigsten Leuchtturmprojekte der türkis-blauen Regierung unter Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache. Die Zusammenlegung der Sozialversicherungen von 21 auf 5 Kassen werde eine Milliarde Euro einsparen, die den Patienten zugute kämen, hieß es im Jahr 2018.

Vier Jahre später stellte sich heraus: Von der "Patientenmilliarde" war nichts zu sehen, die Reform hatte sogar Mehrkosten in Höhe von 215 Millionen Euro fabriziert, wie der Rechnungshof analysierte.

Eine weitere Aufarbeitung der misslungenen Reform ist wahrscheinlich nicht mehr möglich:

Die Papier-Akten aus dem Büro der ehemaligen FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein wurden geschreddert, wie am Dienstag bekannt wurde. Und die digitalen Aufzeichnungen, die ins Staatsarchiv wanderten, ließ die Ex-Ministerin für 25 Jahre sperren. 

Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker zeigte sich am Dienstagabend in der "ZiB2" über die fehlenden Unterlagen zu einer angeblichen Milliardenreform bestürzt: "All das, was wir an mangelnden Dokumentationen immer wieder vorfinden, das bestürzt den Rechnungshof schon. Denn wo nicht dokumentiert ist, können wir nur schwer prüfen. Wir prüfen anhand von Unterlagen, die wir erhalten, und müssten eigentlich Zugang zu allen Unterlagen haben."

Wo sind die Daten zur türkis-blauen Milliardenreform der Krankenkassen?

Türkis-blaues Gruppenbild mit Hartinger-Klein.

Hartinger-Klein stellt sich öffentlichen Fragen zu der Causa derzeit nicht. 

Eine Anfrage des "Ö1"-Journals am Mittwoch ließ sie über ihren Anwalt beantworten: Der richtete sinngemäß aus, dass sie alle Unterlagen an, wie gesetzlich vorgeschrieben, ans Staatsarchiv liefern habe lassen. Was aus den Papierunterlagen wurde, wisse sie aber nicht. Sie habe keine Kisten gepackt.

Der Rechnungshof hat jedoch noch offene Fragen, wie Kraker sagte: "Es ging hier um einen Beratervertrag, der letztlich an einen Berater vergeben wurde, mit 10,6 Millionen Euro, und wir konnten das in der Dokumentation nicht wiederfinden."

Am Dienstag waren Unterlagen bekannt, die dem U-Ausschuss zum "rot-blauen-Machtmissbrauch" vorliegen. 

Aus diesen geht hervor, dass nach dem Platzen der türkis-blauen Regierung 2019 zahlreiche Akten die Fusion der Sozialversicherungsträger betreffend vernichtet worden sein sollen. In den Unterlagen, die die APA publiziert hat, kommt ein Mail eines Beamten vom Mai 2019 an zwei Kollegen des Gesundheitsministeriums vor. Aus diesem geht hervor, dass er eine Kabinettsmitarbeiterin der ehemaligen Ministerin kontaktiert hat, "um Papierunterlagen unter Verschluss in Archivschachteln ans Staatsarchiv zu verpacken".

"Vernichtung im großen Stil"

Und: "Dabei stellte sich heraus, dass sämtliches Papier der Büros im Kabinett der FBM (Frau Bundesministerin, Anm.) im großen Stil vernichtet wurde. (Datenschutzcontainer entsorgt)", heißt es in dem Mail. Weiters habe der Beamte vernommen, dass der Büroleiter des Kabinetts im Archiv angerufen habe, um anzukündigen, "dass keine physischen Unterlagen unseres Ressorts zu erwarten sind".

Ausgenommen seien nur "ELAK-Datenbestände", also elektronische Akten gewesen, die auch an das Staatsarchiv übergeben worden seien. Diese sind jedoch für 25 Jahre gesperrt, nur Hartinger-Klein kann den Zugriff erlauben. Sie lehnt das bisher aber ab, da in den Akten keine Informationen zu der Kassenfunktion enthalten seien.

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