Schallmeiner: "Kann passieren, dass wir Lockerungen revidieren müssen“

Ralph Schallmeiner ist Gesundheitssprecher der Grünen im Parlament. Im KURIER spricht er über den Zickzack-Kurs bei Impfpflicht und Corona-Maßnahmen, warum ihm das alles nicht peinlich ist und über die Performance des grünen Gesundheitsministers.
KURIER: Wir sind verwirrt: Gesundheitsminister Mückstein hat am Samstag gesagt, dass die Impfpflicht ab 16. März kontrolliert wird und später korrigiert, dass das von der Expertenkommission abhängt. Was jetzt?
Ralph Schallmeiner: Das war etwas unglücklich formuliert. Es war immer vorgesehen, dass die Kommission die jeweilige Lage evaluiert, und das tut sie jetzt bis 8. März.
Der 16. März steht im Gesetz, das hat der Minister auch so erklärt. Warum zieht man jetzt die Evaluierung vor?
Um in der Debatte Fakten zu haben. Wir werden sehen, was bei den Experten herauskommt.
Ist Ihnen dieses Hin und Her nicht peinlich?
Nein. Die Idee des Gesetzes war von vornherein, so flexibel wie möglich reagieren zu können.
Und wenn die Impfpflicht tatsächlich abgesagt wird – wäre Ihnen das peinlich?
Es gibt nicht nur Schwarz oder Weiß. Grau würde bedeuten, dass die Impfpflicht temporär ausgeschaltet werden kann. Wir haben die Pflicht nicht für das Hier und Jetzt beschlossen, wir müssen an den Herbst denken.
Was machen wir im Herbst?
Wir brauchen eine hohe Impfrate. Unter jenen, die von einer Impfpflicht betroffen wären, haben wir aktuell 83 Prozent. Die fehlenden 17 Prozent müssen wir noch abholen. Rund die Hälfte der Ungeimpften wartet auf die Proteinimpfstoffe. Novavax wird bald geliefert. Das gibt uns hoffentlich einen Schub.
Das Thema Impfpflicht hat so stark polarisiert – war das dem Ziel abträglich?
Das Thema Impfen ist generell in Österreich ein heißes Eisen. Die Polemik, die insbesondere aus einer Ecke des politischen Spektrums gekommen ist, hat das verschärft. Nur haben wir hier eine Infektionskrankheit, die unser Gesundheitssystem massiv belastet. Was hilft es mir, wenn ich das Thema vermeide, weil es unangenehm ist, wenn ich genau das brauche, um den Kollaps zu verhindern?
Verstehen Sie, dass viele Menschen frustriert sind und sich bei dem Zickzack-Kurs der Regierung nicht mehr auskennen?
Ja, das kann ich nachvollziehen. Es hat einmal jemand den Fehler gemacht, die Pandemie für beendet zu erklären (gemeint ist Ex-Kanzler Sebastian Kurz, Anm.). Daraus haben wir gelernt. Ich kann es auch deshalb nachvollziehen, weil uns allen das Thema nach 24 Monaten Pandemie schon bis hier steht. Aber: Wir haben hier ein Virus, das häufig mutiert. Was in der Öffentlichkeit als Zickzack-Kurs rüberkommt, sind Reaktionen auf sich verändernde Situationen.
Ab 5. März fallen fast alle Schutzmaßnahmen weg – wie ist Ihr Gefühl dabei?
Ich bin angespannt. Wir reizen einen Rahmen aus, den uns die optimistischen Prognosen ermöglichen.
Wird am 5. März also doch nicht komplett geöffnet?
Derzeit gehe ich davon aus, dass wir öffnen. Wenn die Prognosen nicht eintreffen, kann es passieren, dass wir die eine oder andere Lockerung eine Woche später revidieren müssen. Da haben aber Experten mitzureden, das entscheidet nicht die Politik aus dem Bauch heraus.
Statt einer Impflotterie soll es laut ÖVP einen Bonus für bestimmte Berufsgruppen geben. Was meinen Sie: Wer hat sich so einen Bonus verdient – und wer nicht?
Auf die Debatte möchte ich mich nicht einlassen, deshalb bin ich auch kein Freund von einmaligen Bonifikationen. Die Frage sollte eher sein: Wo gibt es einen Bedarf? Aus grüner Sicht ist das der Gesundheits- und Sozialbereich. Wir müssen den Beruf weiter attraktivieren. Darüber sprechen wir jetzt mit dem Koalitionspartner.
Wie bewerten Sie die Performance Ihres Ministers?
Gut. In einem Land, das derart pandemiemüde ist, hat der Gesundheitsminister den mit Abstand schwierigsten Job. Alleine dafür zolle ich ihm sehr viel Respekt. Und in Summe macht er den Job gut.
Wird es ihn noch geben, wenn die Pandemie vorbei ist?
Natürlich, er ist ja nicht Pandemieminister. Ich habe mir kürzlich das Koalitionsabkommen angeschaut. Alleine im Gesundheitskapitel gibt es noch viel zu tun, und ich habe auch Lust darauf.
Und hält die Koalition?
Ja, davon gehe ich aus.
Ralph Schallmeiner, geboren 1976 in Wels, Oberösterreich, ist Abgeordneter der Grünen im Parlament und Sprecher für den Bereich Gesundheit. Er begann eine Lehre im Großhandel, studierte dann Wirtschaftspädagogik, Rechts- und Politikwissenschaften.
Bei den Grünen ist er seit 1999 aktiv und seit 2015 Gemeindevorstand in Thalheim bei Wels, seit 2018 zudem Bezirkssprecher der Grünen im Bezirk Wels-Land.
In seinem Heimatwahlkreis gewann Schallmeiner bei der Nationalratswahl 2019 dann auch ein Grundmandat und zog im Oktober 2019 als Abgeordneter in den Nationalrat ein.

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