Gesamter grüner Klub wegen "übler Nachrede" verurteilt
Im Zusammenhang mit der Diskussion um die strafrechtliche Verfolgung von Auskunftspersonen im Ibiza-Untersuchungsausschuss hat das Wiener Landesgericht für Strafsachen am Dienstag eine interessante Entscheidung getroffen. Der Grüne Parlamentsklub wurde wegen übler Nachrede zulasten von Markus Braun, Vorstand der Sigma Investment AG und Schwager von Ex-Casino-Vorstand Peter Sidlo, verurteilt. Braun bekam eine Entschädigung in Höhe von 7.000 Euro zugesprochen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Rechtsvertreterin der Grünen behielt sich Rechtsmittel vor.
Für Falschaussage braucht es "sehr konkreten Tatverdacht"
Braun wurde am 13. Jänner 2021 vom U-Ausschuss vier Stunden lang unter anderem zu Vereinen im Umfeld der FPÖ befragt. Am 26. Jänner kündigte Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen im U-Ausschuss, per Presseaussendung eine 20-seitige Sachverhaltsdarstellung gegen Braun wegen falscher Zeugenaussage an. Sie unterstellte ihm, unter Wahrheitspflicht die Unwahrheit gesagt zu haben, indem er jegliche Involvierung von FPÖ-Funktionären in einen Banken-Deal - es ging um den Einstieg der slowakischen Arca-Gruppe bei der Wiener Privatbank - in Abrede stellte.
Unter Verweis auf Chat-Verläufe zwischen dem früheren FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache, Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus und Peter Sidlo erklärte Tomaselli, es bestehe der begründete Verdacht, dass eine FPÖ-Beteiligung "sehr wohl der Fall gewesen sein könnte und dass auch Braun davon Kenntnis gehabt haben könnte".
Tomaselli bzw. der Grüne Klub habe "einen sehr konkreten Tatverdacht kommuniziert. Der war in diesem Zeitpunkt aber nicht vorhanden", stellte dazu nun Richterin Nicole Baczak fest. Wenn man jemandem eine wissentliche Falschaussage vorwerfe, bedürfe es einer konkreten Verdachtlage. Die Grünen hätten mit ihrer Presseaussendung überdies auch gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen, meinte Baczak.
Braun: "Zumutung"
Zuvor hatte Braun der Richterin geschildert, die Aussendung habe für ihn und sein im Wertpapiergeschäft tätiges Unternehmen eine existenzielle Bedrohung dargestellt: "Die Unbescholtenheit ist ein ganz wesentliches Kriterium für die Erhaltung der Konzession." Indem man ihm ein strafbares Verhalten unterstellte, habe er den Entzug der Konzession durch die Finanzmarktaufsicht befürchten müssen. Er sei gezwungen gewesen, eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen und Kunden zu kontaktieren: "Wir haben uns ständig rechtfertigen müssen." Er empfinde es "als Zumutung, dass man als Nichtinvolvierter voll angegriffen wird".
Noch deutlicher wurde Brauns Rechtsvertreter Oliver Scherbaum: "Mittlerweile ist es gang und gebe, politisches Kapital daraus zu schlagen, indem man Auskunftspersonen im U-Ausschuss verleumdet". Sein Mandant habe "niemals die Unwahrheit gesagt", die von den Grünen behauptete Verdachtslage sei "frei erfunden", es gebe bis heute kein gegen ihn gerichtetes staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren.
Die als Zeugin vernommene Tomaselli räumte ein, man habe die Sachverhaltdarstellung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nicht zeitnahe zum Auftritt Brauns vor dem U-Ausschuss eingebracht. Dessen ungeachtet sei dessen Aussage für sie "Anlass genug gewesen, dass es seitens der Staatsanwaltschaft überprüft werden könnte". Für sie habe die Verdachtslage bestanden, "dass die Angaben Brauns nicht mit dem übereinstimmen, was die Akten hergeben könnten". Eine mögliche Intervention von FPÖ-Funktionären in den Banken-Deal sei aus den Chat-Protokollen abzulesen, bei "lebensnaher Betrachtung" sei davon auszugehen, dass Braun davon wusste.
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