Bayerische Grüne: Grenzenloser Jubel mit Bier und Bio

Bayerische Grüne: Grenzenloser Jubel mit Bier und Bio
Die Ökopartei wurde im Freistaat noch deutlicher zweitstärkste Kraft, als Prognosen vorhersagten.

Ohrenbetäubender Jubel füllt die Münchner Muffathalle, 800 Anhänger der bayerischen Grünen können das Wahlergebnis ihrer Partei kaum fassen, als die Balken der ersten Wahlprognose in die Höhe schießen. Beinahe 19 Prozent haben die Grünen erreicht. Sie sind mit Abstand zweitstärkste Kraft im traditionell konservativen Bayern. Dass neben veganem Kürbis-Kichererbseneintopf und Bio-Gulaschsuppe zahlreiche Masskrüge die Biertische zieren, ist sinnbildlich für den Erfolg der Grünen: Bayern gehört nicht nur der CSU, haben sie propagiert.

Neues Selbstbild

Die Partei hat spätestens mit ihrer Doppelspitze Ludwig Hartmann und Katharina Schulze das Image der „Schmuddelkinder“ – so wurden die Grünen einst von CSU-Landesvater Franz-Josef Strauß genannt – endgültig abgeschüttelt. „Wir sind jetzt 40 Jahre alt und haben uns nie vom Anstand verabschiedet“, sagt ein älterer Grüner zum KURIER. Als auf der Leinwand AfD-Politiker Alexander Gauland zu sehen ist und der Saal laut buht, sagt er augenzwinkernd: „Aber nur gegenüber Anständigen sind wir anständig.“

Dass die Grünen ihr bislang bestes Ergebnis (2008 mit 9,4 Prozent) verdoppeln konnten, liegt nicht nur an dem soliden Wahlkampfauftritt der grünen Doppelspitze – auch wenn Schulze den Preis als beste Rednerin noch vor dem Rhetoriktalent Markus Söder erringen konnte.

Doch ebendieser schaffte es nicht, die ehemals gigantische Wählerschar zu halten: Nach rechts gingen Stimmen an die AfD verloren, jedoch ein nicht unwesentlicher Anteil wanderte auch zu den Grünen. Zu sehr hatte sich vor allem der deutsche Innenminister und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer auf das Flüchtlingsthema gestürzt, zu wenig kaufte ihm das der rechte Wählerflügel ab. Ebenso gaben liberalere CSU-Wähler lieber den Grünen ihre Stimme, da ihnen der schärfere Kurs der Partei zu weit ging.

Wahlkampfauftritte in Dirndl und mit Masskrügen taten das Übrige, die Grünen als Volkspartei zu präsentieren.

Die bessere SPD

Doch nicht nur die CSU musste für die Grünen Federn lassen – vor allem die zuletzt noch 20-Prozent-Partei SPD ist seit Sonntagabend offiziell nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie war es bereits im Wahlkampf. „Wir werden mit fünf Milliarden Euro 50.000 neue Sozialwohnungen bauen“ – diese fundamental rote Rhetorik färbten Schulze und Hartmann in Bayern grün ein – und waren plötzlich die besseren Sozialdemokraten. Gleichzeitig bekannten sich die Grünen zu einer „Sicherheitspolitik, die Bedrohungen ernst nimmt“, forderten jedoch Augenmaß und protestierten gegen das im Mai novellierte „Polizeiaufgabengesetz“, das der Polizei unter anderem tief greifende Überwachungsmöglichkeiten einräumt. Sollte es tatsächlich zu einer Koalition mit der CSU kommen, wollen die Grünen an ihrer Gegnerschaft zu dem Gesetz festhalten. „Wir werden die Klage nicht fallenlassen“, betont Schulze gegenüber dem KURIER.

Als sie am Bildschirm auftaucht und wieder die Bereitschaft betont, „Verantwortung im Land zu übernehmen“, gibt es im Saal kein Halten mehr. Nie standen die Chancen der Grünen besser, genau das zu tun.

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