Gesundheit: Das Land der Vorsorge-Muffel

Eine Blutabnahme.
Nur zwölf bis 13 Prozent der Österreicher nehmen die Gesundenuntersuchung in Anspruch. Die Ärztekammer fordert eine Modernisierung – und mehr Geld.

Sich mehr um seine eigene Gesundheit zu kümmern, gehört zu den gängigsten Neujahrsvorsätzen. Naheliegend wäre da zum Beispiel die Inanspruchnahme einer Vorsorgeuntersuchung. Bei diesem medizinischen Check wird mit einem Bündel von Tests der Gesundheitszustand erhoben. Ab dem 18. Lebensjahr kann sie einmal pro Jahr kostenlos als Kassenleistung in Anspruch genommen werden.

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Das Interesse ist allerdings überschaubar. Gerade einmal 624.000 Frauen und 525.000 Männer nutzten 2022 dieses Angebot. Die Teilnahmerate lag somit gerade einmal bei 13 bzw. zwölf Prozent.

Doch auch die Mediziner sind mit der Vorsorgeuntersuchung in ihrer jetzigen Form unzufrieden: „Leider ist das Leistungsspektrum nicht mehr auf dem neuesten Stand“, sagt Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin der Wiener Ärztekammer. Sie fordert eine Ausweitung des Leistungsspektrums im Rahmen der Gesundenuntersuchung.

Allgemeinmedizinerin Naghme Kamaleyan-Schmied.

Allgemeinmedizinerin Naghme Kamaleyan-Schmied fürchtet einen Anstieg der Infektionszahlen im Herbst.

Zwar kamen dieses Jahr bereits die Herz-CT und die Prostata-MRT dazu, doch das sei laut Kammer nicht ausreichend. Geht es nach ihr, soll die Untersuchung künftig unter anderem auch die Messung des PSA-Werts zur Früherkennung von Prostatakrebs enthalten. Weiters den Schilddrüsenwert TSH, den Eisenstatus bei Frauen, ein Screening auf Langzeitzucker (HbA1c) zur Diabetes-Erkennung oder eine Ultraschall-Untersuchung der Halsschlagader zur Risikoeinschätzung für Bluthochdruck-Patienten.

Ärzte wollen mehr Geld

Eher im Sinne der Ärzte selbst ist die zweite Forderung der Wiener Standesvertretung: Laut Kamaleyan-Schmied seien die Honorare für die Durchführung der Vorsorgeuntersuchung seit dem Jahr 2017 nicht mehr angepasst worden. Daher brauche es jetzt eine entsprechende Erhöhung – und künftig eine fortlaufende jährliche Valorisierung.

Als Drittes fordert die Kammer aber auch Maßnahmen, damit deutlich mehr Menschen als bisher die Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen. Zwar ist die Teilnehmerrate nach dem massiven Einbruch während der Pandemie wieder in etwa auf das Niveau davor angestiegen, laut Experten sei aber dennoch noch viel Luft nach oben.

Mehr Anreize

Laut Kammer-Funktionärin Kamaleyan-Schmied brauche es daher Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung und ein Anreizsystem, auch unter Berücksichtigung von gendermedizinischen Aspekten.

Als mögliches Vorbild nennt sie das Blutspende-Programm des Roten Kreuzes mit seinen zahlreichen öffentlichkeitswirksamen Kampagnen, kleinen Goodies für die Teilnehmer sowie regelmäßigen persönlichen Spende-Erinnerungen.

Geld sollte in den Augen der Ärztekammer nicht das Problem sein. Die für die Vorsorgeuntersuchung aufgewendeten Mittel seien im Vergleich zu den Gesamtaufwendungen der ÖGK sehr gering. 2022 lagen sie bei 80 Millionen Euro.

Hinsichtlich Ausbau und der Modernisierung des Angebots ist man bei der ÖGK durchaus gesprächsbereit. Es gebe dazu bereits Verhandlungen mit der Ärztekammer, sagt eine Sprecherin zum KURIER. „Aus unserer Sicht ist dabei auch die Digitalisierung ein wesentlicher Punkt, etwa dass Ergebnisse der Untersuchungen auch in Elga abgespeichert werden oder die Terminvergabe auch elektronisch möglich ist.“

Verhandlungen

Laborwerte wie TSH oder PSA würden derzeit bestimmt, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt. „Das kann natürlich auch infolge einer Vorsorgeuntersuchung geschehen“, sagt die ÖGK-Sprecherin.

Und auch die von der Kammer geforderte Valorisierung der Honorare sei Gegenstand der aktuellen Verhandlungen.

Mitarbeit: Fabian Balber

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