Staat soll bei Freispruch Verfahrenskosten übernehmen

Ein Mann vom VGT steht vor Mikrofonen im österreichischen Parlament und gestikuliert.
Nach dem Tierschützer-Prozess fordern FPÖ und Rechtsanwaltskammer, dass unschuldig Angeklagte einfacher entschädigt werden.

14 Monate wurde prozessiert – dann wurden alle Angeklagten im Tierschützer-Prozess in allen Punkten freigesprochen. Martin Balluch, der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), bleibt dennoch auf über 500.000 Euro Verteidigungskosten bzw. Kosten für Detektive sitzen. Balluch ist entsetzt: "Unfassbar. Der Staat zwingt mir einen Prozess auf, ohne mir trotz Freispruchs die Anwaltskosten zu ersetzen. Hätte mich eine Privatperson geklagt, wäre diese selbstredend zum Kostenersatz verpflichtet gewesen. So kann man Menschen ruinieren."

Angesichts dieser Erfahrung plädiert die FPÖ für eine bessere Entschädigung unschuldig Angeklagter. "Der Tierschützer-Fall zeigt, dass es hier ein krasses Missverhältnis gibt", so Hans-Jörg Jenewein,  Fraktionschef im BVT-Untersuchungsausschuss und plädiert dafür, dass bei Freisprüchen künftig der Staat die Verteidigungskosten übernimmt.

Er verweist darauf, dass auch beim Zivilprozess der Kläger ein Prozessrisiko trägt. Im Zivilverfahren ist nämlich vorgesehen, dass der Verlierer die Anwaltskosten des Siegers trägt. Im Strafprozess muss der Angeklagte seine Verteidigungskosten dagegen unabhängig vom Ausgang des Verfahrens selbst tragen.

Die Rechtsanwaltskammer unterstützt die von der FPÖ vorgeschlagene höhere Entschädigung. "Es sollte einem zu Unrecht Angeklagten, der dann freigesprochen wird, möglichst der gesamte Schaden ersetzt werden", so Rupert Wolff. Der Präsident des Rechtsanwaltskammertags hält den aktuellen Kostenersatz von maximal 10.000 Euro im Geschworenenverfahren für deutlich zu niedrig und schlägt eine Erhöhung auf bis zu 100.000 Euro vor. Das sei angesichts der Budgetsituation der Justiz auch leistbar.

Wolff verweist darauf, dass das Prozessrisiko im Strafverfahren deutlich höher ist als im Zivilprozess, wo die unterlegene Partei dem Sieger die Verfahrenskosten (weitgehend) ersetzen muss. "Da geht es um die persönliche Freiheit und die gesamte berufliche Zukunft", betont Wolff. Selbst bei einer nur bedingten Haftstrafe könne die damit verbundene Vorstrafe nämlich extrem hinderlich bei der Jobsuche sein.

Außerdem hält Wolff eine höhere Entschädigung angesichts der Budgetsituation der Justiz für durchaus leistbar. "Die Justiz könnte es sich gut leisten, aber sie muss immer ins allgemeine Budget hineinzahlen", so der Rechtsanwalt. Im Vorjahr hat das Justizministerium für die Rechtsprechung nämlich nur 966 Mio. Euro ausgegeben, aus diversen Gebühren aber 1,2 Mrd. Euro eingenommen.

Richtervereinigung: "Frage des Budgets"

Grundsätzliche Unterstützung für die Erhöhung der Entschädigungen kommt von der Richtervereinigung. "Wir haben für diese Forderung natürlich Verständnis. Das ist aber schlicht und ergreifend eine budgetäre Frage, die auf Ebene des Ressorts oder der Regierung zu klären ist", so Präsidentin Sabine Matejka.

Derzeit gibt es nach Freisprüchen im Geschworenenverfahren maximal 10.000 Euro Kostenersatz vom Staat, bei Schöffengerichten sind es 5.000 und an Landes- und Bezirksgerichten noch weniger (maximal 3.000 bzw. 1.000 Euro). Für lange Prozesse deckt das allerdings bei weitem nicht alle Kosten ab.

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