Wie FPÖ-Chef Kickl als Kanzler seine Corona-Versprechen einhalten könnte

CORONA: KUNDGEBUNG DER FPÖ
Die FPÖ hat großen Zuspruch aus dem Lager der Corona-Maßnahmenkritiker. Wie kann sie ihnen Zugeständnisse machen - und dennoch mit der ÖVP koalieren?

Herbert Kickl gibt sich mitunter nachtragend. „Das vergessen wir euch niemals!“, schleuderte er vor zwei Jahren der ÖVP entgegen.

Den Freiheitlichen Parteichef hat damals an eine Aussage von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler erinnert, die – ganz Juristin – festhielt, dass  eine Impflicht natürlich bedeute, dass Ungeimpfte eigentlich rechtswidrig in Österreich seien. 

Ungeimpfte als Illegale? 

Diese Verknüpfung verstört Kickl und seine Sympathisanten bis heute. Wie groß die Zahl der neu gewonnenen Wähler ist, die sich durch die impf- und maßnahmenskeptischen Haltung der FPÖ angesprochen fühlen, darüber können selbst renommierte Institutionen wie die Akademie der Wissenschaften nur mutmaßen.

Nachweisbar ist: Es gab den Zuspruch. Und das in einem nennenswerten Ausmaß.

„Wir wissen selbstverständlich, dass wir diesen Wählergruppen ein Angebot machen müssen“, sagt ein Freiheitlicher Stratege dieser Tage zum KURIER.

Und das wiederum bedeutet für die Koalitionsverhandlungen, dass sich die Haltung der Kickl-FPÖ auch im Regierungsprogramm abbilden muss

Die Covid-Thematik ist, wenn man sie so nennen möchte, eine Querschnittsmaterie. Sie tangiert Fragen von Justiz und Gesundheit, das Thema lässt sich nicht auf ein Ministerium oder eine Verhandlungsgruppe eingrenzen.

Das Wichtigste dabei aber ist: Wie kein zweites Thema polarisiert Covid zwischen FPÖ und ÖVP. Noch im Herbst hatten ÖVP-Politiker bis zu Parteichef Karl Nehammer die These verbreitet, Herbert Kickl habe die Corona-Krise ausgenutzt und Ausschreitungen bei Corona-Demonstrationen mit angestoßen und billigend in Kauf genommen. 

Aus diesem und anderen Gründen war Neo-ÖVP-Chef Christian Stocker und auch seinem Gegenüber klar: Die Covid-Thematik kann nicht in einer Fach- oder Untergruppe diskutiert werden, sie ist von Tag eins an Chefsache.

Aus Sicht der FPÖ gibt es eine große Frage, die da lautet: Was kann man als FPÖ den Wählerinnen in Sachen Covid „anbieten“? Wo zeigt sich die blaue Handschrift des ersten FPÖ-geführten Regierungsprogramms beim Corona-Thema? 

Eine Möglichkeit wäre der im Wahlkampf mehrfach von den Freiheitlichen geforderte Untersuchungsausschuss zur Pandemie und den Schutzmaßnahmen. Ein solcher Ausschuss sei unumgänglich hieß es noch im Wahlkampf vonseiten der Blauen.

Und tatsächlich könnte die FPÖ ihn kraft der neuen Stärke im Parlament problemlos einsetzen. Sie hat dafür die nötige Anzahl an Abgeordneten. 

Das „Problem" dabei: Ein Covid-U-Ausschuss würde die Amtszeiten von Sebastian Kurz, Alexander Schallenberg und Karl Nehammer untersuchen. Und es widerspricht jeder politischen Logik, dass die eine Regierungspartei einen U-Ausschuss einsetzt, der ausschließlich gegen den eigenen Koalitionspartner gerichtet ist. Dass die Grünen im Jahr 2022 den Korruptions-U-Ausschuss gegen den türkisen Regierungspartner unterstützten, ändert nichts daran.

Jedenfalls ist die FPÖ vom geplanten Covid-U-Ausschuss abgerückt. Erst vergangene Woche hat Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp erklärt, die Aufklärung der Corona-Pandemie müsse nicht „zwingend in einem U-Ausschuss passieren. „Das kann genau so gut auch eine Kommission leisten“, sagte Nepp. „Das ist mir als Bürger gleichgültig.“

Was aber dann? Wie können die Freiheitlichen ihren maßnahmenkritischen Wählern zeigen, dass sie nicht auf sie vergessen haben?

Als Lösung wird dieser Tage zunehmend der „Modellfall“ Niederösterreich ins Spiel gebracht.

Eben dort koalieren ÖVP und FPÖ. Eben dort war Corona ein wesentliches Koalitionskriterium. Und die beiden Regierungspartner haben das Thema mit einem Fonds "abgefangen", der beiden als gesichtswahrende Lösung erschien.

Was macht dieser Fonds? Der mit mehr als 31 Millionen Euro dotierte "Covid-Hilfsfonds" unterstützt Menschen mit Impfbeeinträchtigungen, Long-Covid-Erkrankungen und finanziert Ausgleichszahlungen für Nachhilfe bei Kindern, die unter dem „Home Schooling“ gelitten haben. 

Der „Clou“ dabei: Letztlich können beide Parteien mit dem System leben, weil nichts davon von der geltenden Gesetzeslage abweicht.

Zwei Beispiele: Maßnahmengegner, die sich nicht an Gesetze gehalten haben, werden nur in den Fällen unterstützt, in denen der Verfassungsgerichtshof das betreffende Gesetz bzw. die Verordnung ohnehin aufgehoben hat. Und auch der umstrittene Punkt von Impfschäden ist insbesondere aus Sicht der ÖVP entschärft, als nur Impfschäden zu Auszahlungen führen können, die ärztlich nachgewiesen sind. Vereinfacht gesagt: Niemand in Niederösterreich bekommt eine Hilfszahlung, die er in einem anderen Bundesland oder beim Bund nicht auch beantragen könnte. 

Vielleicht ist das auch der Grund, warum die Zahl der Zugriffe und Auszahlungen überschaubar geblieben ist. Mit Stichtag 28. Jänner 2025 waren von den 31,3 Millionen Euro des Hilfsfonds gerade einmal 4,13 Millionen abgerufen. Und es ist nicht damit zu rechnen, dass sich daran Dramatisches ändert. Denn der 2020 eingerichtete Fonds läuft Ende Februar schon wieder aus. 

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