Aschermittwoch: Fast-Kanzler Kickl rechnet mit Dreierkoalition ab

„Das Projekt der Volkskanzlerschaft ist nur verschoben“, verspricht Kickl seinen rund 2.000 Fans in der Rieder Jahn-Turnhalle
Viel hat nicht gefehlt und der 33. Politische Aschermittwoch der FPÖ wäre der erste gewesen, bei dem ein freiheitlicher Bundeskanzler die traditionell deftige Brandrede zum Faschingsausklang gehalten hätte.
Wie hätte FPÖ-Chef Herbert Kickl in der Jahn-Turnhalle im oberösterreichischen Ried den Spagat zwischen bierlaunigem Rundumschlag und staatsmännischem Auftreten geschafft? Diese Frage bleibt nach dem Scheitern der blau-türkisen Koalitionsverhandlungen Anfang Februar unbeantwortet.
Und so ist Kickl auch dieses Jahr die Rolle zugeteilt, die ihm ohnehin am besten zu liegen scheint – jene des auf Krawall gebürsteten Oppositionsführers, der allein gegen das „System“ – also alle anderen Parteien und EU – ankämpft. Es war sein erster größerer öffentlicher Auftritt seit die neue Dreierkoalition im Amt ist.
Sollte es innerhalb der blauen Anhänger solche geben, die Kickl das Scheitern der Koalitionsverhandlungen übel nehmen, an diesem Abend ist wenig von ihnen zu bemerken. Bereits drei Stunden vor dem offiziellen Beginn haben sich die ersten Gäste vor der noch verschlossenen Halle versammelt. Etliche in Lederhosen gekleidet – und mit Bierflaschen bestückt, um sich die Wartezeit zu vertreiben.
Linke Oma, rechte Oma
Unter den Ausharrenden auch eine kleine Gruppe mit einem blauen Transparent: Die „Omas & Opas für Kickl-FPÖ“. Gleichsam das Begrüßungskomitee für die ebenfalls schon traditionelle Gegendemonstration mit den „Omas gegen rechts“ an der Spitze. Sie hält mit Sicherheitsabstand, aber in Sichtweite zu den wartenden Freiheitlichen ihre Kundgebung ab. Und unter den hämischen Kommentaren der blauen Omas und Opas.
Als Kickl um 19 Uhr, eskortiert von Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner eintrifft, springen viele seiner Fans bereits auf die Bierbänke, um ihn zu bejubeln. Besonders lauter Jubel unter den rund 2.000 Besuchern, als die bayrische AfD-Fraktionsführerin Katrin Ebner-Steiner begrüßt wird.
Haimbuchner gibt den Einpeitscher für Kickl: „Wir können uns heute bei ihm für den fulminanten Wahlsieg bedanken. Auch wenn wir kurz vor dem Ziel eine kleine Pause einlegen mussten: Unsere Zeit wird kommen.“

Manfred Haimbuchner und FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl beim Einzug in die Jahnturnhalle
Lob für Trump
Auch er geht mit den Demonstranten ins Gericht: „Was sagen die Omas gegen Rechts, wenn ein 14-Jähriger niedergestochen wird? Nichts.“ Schuld an solchen Taten sei aber nicht etwa das Internet, sondern der „fundamentalistische Islam“.
Lob gibt es dafür für US-Präsident Donald Trump, ein „vitaler Opa gegen links“. Links sei mittlerweile auch die ÖVP, allen voran in der Asylpolitik. Nur noch die FPÖ würde für konservative Werte eintreten.
Dann Auftritt Kickl: „Ich muss aufpassen, dass ich nicht alles zusammenhaue, was ich mir in den letzten Monaten an Seriosität erarbeitet habe. Jucken tät es mich schon.“ Er sei nicht der Doch-Nicht-Kanzler, wie ihn Medien betiteln würden, sondern der Noch-Nicht-Kanzler. „Das Projekt der Volkskanzlerschaft ist nur verschoben.“ Wenn es soweit ist, werde er „mit dem Kärcher in jede Ecke hineinfahren.“ Wie erwartet, rechnet der FPÖ-Chef mit der „Anti-Kickl-Koalition“ ab: Stocker wolle auch für die da sein, die ihn nicht gewählt haben. „Achtung, Herr Stocker: Kein Mensch hat Sie gewählt. Jetzt haben wir einen Bundeskanzler ohne Wähler, ohne Haare und ohne Hals. Babler wiederum soll ein Choleriker sein, sagt seine neue Regierungspartnerin, die NATO-Beate.“
Auch Kickl streut Trump Rosen: „Im Weißen Haus wird jetzt wieder Klartext geredet. Auch mit einem gewissen Herrn Selenskyj, der einiges am Kerbholz hat.“

Ein Demonstrationszug der "Omas gegen rechts" vor der Jahnturnhalle
Zurück zur Innenpolitik: „Diesen Mix aus Marx und Murks mit pinken Stützrädern wird es bald zerreißen“, ist der FPÖ-Chef überzeugt. Logischerweise wäre er gerne als Kanzler hierhergekommen. „Aber unser Gegenüber hatte es nicht so mit der Ehrlichkeit.“
„Wir haben ein Rückgrat und keinen Gartenschlauch. Wenn ich nur halb so machthungrig wäre wie die ÖVP hätte ich jeden Tag den Sack zumachen können. Aber damit hätte ich euch verraten müssen.“ Er wollte keine „kastrierte Kanzler-Marionette der ÖVP“ sein. „Aus mir macht keiner einen zweiten Gusenbauer.“
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