Flüchtlingskonvention: Diese zwei Punkte will ÖVP-Ministerin Edtstadler ändern

Angesichts der "immer größeren und weiteren Fluchtbewegungen" hält Europa- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) es für legitim, darüber nachzudenken, "wie man die Genfer Flüchtlingskonvention weiterentwickeln kann, um den Anforderungen unserer Zeit gerecht zu werden", wie sie am Wochenende im Standard-Interview sagte. Die Konvention werde der aktuellen Migrationssituation nicht gerecht, sie stamme aus einer "vorglobalisierten Zeit".
Am Montag schärft sie inhaltlich ein wenig nach: "Die Verdienste der Genfer Flüchtlingskonvention stehen außer Frage", betont sie. "Dennoch ist es legitim, darüber nachzudenken, wie man ein Abkommen aus dem Jahr 1951 im Jahr 2024 auslegt, und breit und ergebnisoffen diskutiert, wo es eine Weiterentwicklung geben kann."
Der Grundrechtekatalog der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) werde nicht angezweifelt. Das sagte Edtstadler übrigens auch im Standard-Interview (hier). Zum Vergleich: Die EMRK werde ständig durch die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) weiterentwickelt, die Genfer Flüchtlingskonvention nicht.
Die Genfer Flüchtlingskonvention ist das zentrale Dokument für das internationale Flüchtlingsrecht.
Sie legt fest, wer ein Flüchtling ist, welchen rechtlichen Schutz, welche Hilfe und welchen sozialen Rechte dieser erhalten sollte. Bestimmte Gruppen - z.B. Kriegsverbrecher - sind vom Flüchtlingsstatus ausgeschlossen.
Abgeschlossen 1951, war sie darauf beschränkt, die hauptsächlich europäischen Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg zu schützen. Österreich war damals unter den ersten Unterzeichnern (28. Juli 1951).
Die weltweiten Flüchtlingsbewegungen wurden später, 1967, durch ein zusätzliches Protokoll berücksichtigt. Laut UNHCR sind insgesamt 149 Staaten der Welt der Flüchtlingskonvention und/oder dem Protokoll beigetreten.
Der wichtigste Grundsatz: Ein Flüchtling sei nicht „auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten auszuweisen oder zurückzuweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde“. Er darf dabei nicht in ein Land zurückgewiesen werden, ohne dass sein Flüchtlingsstatus vorher geklärt worden ist.
In der Europäischen Menschenrechtskonvention ist zwar kein Recht auf Asyl enthalten. Allerdings gibt es Artikel, die das "Recht auf Leben", das "Verbot der Folter" und das "Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens" schützen und im österreichischen Fremdenrecht angewendet werden. Die EMRK ist in Österreich auch in der Verfassung verankert.
Wiederholungstäter
Edtstadler nennt auch zwei Bereiche, in denen aus ihrer Sicht das völkerrechtliche Abkommen diskutiert werden müsse:
Laut Genfer Flüchtlingskonvention sind Personen, die ein "besonders schweres, nicht politisches Verbrechen" begehen (z.B. Mord, Totschlag, Vergewaltigung) vom Flüchtlingsstatus ausgeschlossen. "Wenn aber jemand zum Beispiel bei einer Messerstecherei dabei war oder aber einen Einbruchsdiebstahl begeht, so ist das selbst bei Wiederholungstätern kein Ausschlussgrund", kritisiert Edtstadler. "Das muss geändert werden, denn wer sich in gewalttätiger Weise nicht an unsere Regeln hält, hat sein Recht auf Asyl verwirkt."
Wo endet die Flucht?
Zweitens will die Verfassungsministerin den Begriff "Flucht" überdenken. Intendiert sei damals, 1951, gewesen, dass ein Flüchtling im ersten sicheren Land, das er betritt, Asyl erhält. "Flucht" werde aber heute so ausgelegt, dass sie dort endet, wo die Person stehen bleibt und Asyl beantragt. "Das gehört wieder enger ausgelegt", so Edtstadler.
Die Genfer Flüchtlingskonvention erfülle damit weiterhin ihren Zweck - "nämlich jenen Schutz zu bieten, die ihn wirklich brauchen". Sie verliere aber ihre Attraktivität für jene, "die sie missbrauchen".
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