Heimischer Klima-Erfolg mit Schönheitsfehler

Heimischer Klima-Erfolg mit Schönheitsfehler
Die Ministerin verweist stolz auf neue Berechnungen, wonach bis 2030 rund 35 Prozent Treibhausgase eingespart werden. Der Erfolg wird getrübt durch Kritik – aber auch, weil deutlich mehr notwendig ist.

Es ist ein langer Weg zur Klimaneutralität, die Österreich (laut Ex-Kanzler Sebastian Kurz) schon 2040, und damit zehn Jahre vor den anderen 26 EU-Staaten, erreichen will.

Wie mühsam es sein wird, zeigte sich am Dienstag im Klimaschutzministerium. Ressortchefin Leonore Gewessler präsentierte den überarbeiteten Entwurf für den „Nationalen Energie- und Klimaplan“, kurz: NEKP.

So einen NEKP muss derzeit jedes EU-Land ausarbeiten und spätestens im Juni 2024 nach Brüssel schicken. Es geht um den Plan, wie die Staaten gedenken, ihre Klimaziele bis 2030 einzuhalten.

Der Europäische Rechnungshof hatte erst vergangenen Woche scharf kritisiert, dass mit den bisher bekannten Maßnahmen aller 27 EU-Staaten die Klimaziele bis 2030 sicher nicht erfüllt werden können. Denn beschlossen wurde, dass die EU bis dahin die Treibhausgas-Emissionen um enorme 55 Prozent senken soll, immer im Vergleich zum Treibhausgas-Ausstoß von 1990 (Basisjahr).

Erster Erfolg

Gewessler konnte an dieser Stelle gleich einmal einen ersten Erfolg verkünden. Während die Treibhausgase Österreichs seit 1990 unterm Strich unverändert blieben, zeigt der neue NEKP-Plan, dass mit den existierenden Maßnahmen der Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 um 35 Prozent senken wird.

Beim grünen Jubel gibt es aber zwei Haken: Erstens sind hier schon Maßnahmen wie das Erneuerbare-Wärme-Gesetz eingepreist, das seit Monaten im Parlament nicht beschlossen liegt. Dieses Gesetz soll das Aus von Öl (bis 2035) und Gas (bis 2040) bei den Heizungen vorschreiben. Und dafür brauchen die Grünen nicht nur die Stimmen vom Koalitionspartner ÖVP, sondern auch von der SPÖ. „Die Verhandlungen laufen“, sagt Gewessler dazu.

Der zweite Haken: Diese Minus 35 Prozent reichen nicht für Österreichs Klimaziel gegenüber der EU. Denn das liegt bei minus 48 Prozent, es fehlen also noch Klimaschutz-Maßnahmen, wie diese fehlenden 13 Prozentpunkte noch hereingeholt werden sollen.

Und genau dafür war die Veranstaltung am Dienstag da: Gewessler startet ein öffentliches Konsultationsverfahren. Bis Ende des Sommers hofft das Klimaministerium auf neuen Input von jedem und jeder, der und die sich dazu berufen fühlt, Lösungen vorzuschlagen, wie die Lücke geschlossen werden kann. Dann soll das alles berechnet und besprochen werden, und im dann neuen NEKP 2024 seinen Niederschlag finden.

Wie es weitergeht

Damit ist auch klar, dass die zentrale Frage nicht beantwortet werden kann: Welche Maßnahmen sind nötig, damit Österreich seine Klima-Verpflichtungen einhalten kann. Gewessler sagt, dass sie der öffentlichen Konsultation nicht vorgreifen will. Und: „Nein sagen reicht nicht“, sagte sie gleich in Richtung möglicher Kritik.

Klar ist, dass die bisherigen Maßnahmen noch gesteigert werden müssen: Also mehr Anlagen für Erneuerbare Energien (Windkraft, PV, Wasserkraft), der Heizungstausch (so dieser einmal gesetzlich verankert ist) beschleunigt werden muss und auch die Verkehrswende weg vom Verbrenner-Pkw hin zu mehr Öffis und E-Autos.

Neu ist der Vorschlag, dass für jene Industrien, die prozessbedingt CO2-Emissionen verursachen (auch ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe), „Bestrebungen hinsichtlich des Aufbaus einer CO2-Rohrleitungsinfrastruktur vorangetrieben werden. Dazu wird vom Klimaministerium eine Machbarkeitsstudie für ein österreichisches CO2-Sammel- und Transportnetz beauftragt“, heißt es im NEKP. Die Idee dahinter ist, dieses CO2 zu sammeln und entweder in heimischen alten Gaslagern zu versenken, oder Tiefenspeicher in anderen Staaten dafür zu verwenden.

Während Greenpeace den nun gestarteten Prozess gut heißt, ist Gewesslers früherer Arbeitgeber, die Umwelt-NGO Global 2000, gar nicht glücklich: „Das heute vorgestellte Dokument ist ein zahnloser Papiertiger, aber kein Plan, wie wir die österreichischen Klimaziele bis 2030 erreichen können. Zumindest ist positiv, dass spät aber doch, endlich ein Konsultationsprozess gestartet wurde“, sagt Johannes Wahlmüller.

LKÖ: „Scheineinbindung“

Kritik gab es dann auch von SPÖ („Zu spät und unzureichend“) und Neos, wie auch von Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer, die Mängel sowohl inhaltlicher Natur, wie auch im Prozedere selbst fanden. Gar keine Reaktion gab es bis Redaktionsschluss von der FPÖ.

Kommentare