Niederösterreichs Energielandesrat Pernkopf ist wütend: Kein Bundesland baut mehr Ökostrom aus, und genau deshalb zahlen Niederösterreicher höhere Netzentgelte, statt vom verbilligten Strom zu profitieren. Er will das ändern.
Die Kosten für die Stromerzeugung sinken stetig, vor allem wegen der erneuerbaren Energien – Wasser-, Windkraft und Photovoltaik.
Trotzdem steigt die Stromrechnung: Grund ist jetzt der Ausbau der Stromnetze, etwa ein Drittel der Stromrechnung machen nur die Netzgebühren aus.
Die Kosten für den Netzausbau sind aber ungleich verteilt:
Länder wie Niederösterreich oder das Burgenland, die mehr Erneuerbare installieren und daher mehr Netze ausbauen müssen, haben im Vergleich zu jenen Ländern, die das nicht tun, einen Nachteil, obwohl der Strom ganz Österreich zugutekommt.
Da will Niederösterreichs Energielandesrat Stephan Pernkopf, er ist seit 2009 im Amt, nicht länger zuschauen: „Niederösterreich erfüllt einen Auftrag für die Republik durch den Ausbau. Als eines von neun Bundesländern haben wir einen Anteil von fast 55 Prozent beim Windkraftausbau, auch das Burgenland trägt einen großen Anteil. Das Problem sind die Kosten für den Netzausbau und die unfaire Verteilung der Kosten. Dafür werden meine Niederösterreicher nicht länger die Zeche zahlen. Mit diesem System muss jetzt Schluss sein.“
Dieses System, wie die Netzkosten zustande kommen, ist alt – und kompliziert: Grob vereinfacht melden die Elektrizitätsversorger (EVUs) bei der E-Control (Regulierungsbehörde für die Elektrizitätswirtschaft) ihre prognostizierten Kosten für den Netzausbau ein. Die E-Control prüft dann, ob die Kosten korrekt und nötig sind, und verordnet die neuen Netzkosten für alle – so verteuerten sich 2025 die Netzentgelte für Haushalte im Schnitt um 23,1 Prozent – aber eben unterschiedlich nach Bundesland.
„Das heißt auch, in Österreich wird ein Vollkasko-Netzausbau praktiziert. Die EVUs und die E-Control schaffen an, und die anderen müssen es zahlen, ohne kostendämpfende Effekte zu haben“, sagt Pernkopf. „Das Ziel muss aber sein: so viel Netzausbau wie nötig, so wenig Kosten wie möglich. Die Strompreise müssen runter.“
Eine Kostenreduktion bei den Netzentgelten von 30 Prozent sei „locker möglich“, sagt er und erinnert daran, dass Wirtschaftsforscher regelmäßig darauf hinweisen, dass die hohen Energiekosten in Österreich ein wesentliches Hemmnis für mehr Wirtschaftswachstum sind.
Energieexperten hätten ihm versichert, dass so eine Kostenbremse aus mehreren Gründen möglich sei. Einerseits würde der Netzausbau derzeit in einer maximalen Variante betrieben, ohne den technischen Fortschritt, ohne Entlastung der Netze durch neue, netzdienliche Batterie-Großspeicher als auch durch ein besseres Lastmanagement durch Künstliche Intelligenz zu berücksichtigen.
„Der Stromverbrauch wird in den kommenden Jahren steigen, aber nicht so massiv, wie es etwa im geltenden Netzinfrastrukturplan derzeit geplant ist: Die bestellen quasi einfach einen Mercedes, und wir müssen den Mercedes bezahlen“, sagt er verärgert.
„Es macht keinen Sinn, das Netz so auszubauen, dass jederzeit Windstrom aus dem Osten Niederösterreichs bis nach Vorarlberg geliefert werden muss. Die erste Stoßrichtung ist jetzt, dass wir den Netzausbau sofort neu berechnen müssen, weil da Einsparungen in Milliardenhöhe möglich sind. Das hat wahrscheinlich den größten kostendämpfenden Effekt.“
Laut Österreichs Energie, dem Dachverband der EVUs, liegen derzeit für den Netzausbau bis 2040 Kostenschätzungen von 53 Milliarden Euro vor.
„Die zweite Stoßrichtung ist eine Neuverteilung der Kosten nach Vorbild der deutschen Netzagentur. Die hat festgestellt, dass es nur fair und richtig ist, dass jene Regionen, die deutlich mehr Strom erzeugen, als sie verbrauchen, zugunsten jener Regionen, die das nicht schaffen, bei den Kosten für den Netzausbau entlastet werden. Bei uns betrifft das weite Teile Niederösterreichs und des Burgenlands.“
Längere Abschreibung
Schließlich sollten die nun anfallenden Kosten für den Netzausbau durch eine deutliche längere Abschreibungsdauer gestreckt werden. Wie lange? „Bei Infrastrukturmaßnahmen sind da bis zu 50 Jahre möglich“, sagt er.
Am Freitag findet ein Treffen der Landes-Energiereferenten statt, zudem will Pernkopf auch einen Energiegipfel in NÖ einberufen. „Da werden alle Netzbetreiber kommen, mit wissenschaftlicher Beteiligung, wo sie mir erklären müssen, welche Faktoren berücksichtigt werden, um dem teuren Super-Netzausbau entgegenzuwirken.“ Positiv sei, dass vieles davon im Regierungsprogramm der Bundesregierung festgehalten ist: „Da werde ich die Schlagzahl zur raschen Umsetzung erhöhen.“
„Regieren ist da für die FPÖ offensichtlich ein Rendezvous mit der Realität.“
von Stephan Pernkopf
Energielandesrat (ÖVP) in NÖ
Ist die Energiewende, weg von den importierten fossilen Energien hin zu den Erneuerbaren, grundsätzlich eine gute Idee? „Ja, weil es uns unabhängig macht. Die Energieversorgung sollte immer möglichst im eigenen Land sichergestellt werden. Wir sehen doch gerade die vielen Konflikte weltweit.“
Pernkopf bekennt sich dazu, Windkraft und Photovoltaik weiter ausbauen zu wollen. Macht da der Koalitionspartner FPÖ, der oft gegen Windkraft wettert, viel Widerstand? „Nein, alle Beschlüsse für die Zonierung und für sämtliche Windprojekte waren einstimmig. Regieren ist da für die FPÖ offensichtlich ein Rendezvous mit der Realität.“
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