ESC: Schellhorn nennt Israel-Boykott "dumm und sinnlos"

MINISTERRAT - PRESSEFOYER: SCHELLHORN
Der Staatssekretär im Außenministerium spricht sich gegen "Gesinnungsprüfungen" bei Künstlern aus.

Josef Schellhorn will, wie er sagt, "Kante zeigen": Nachdem in den vergangenen Tagen EU-Nachbarn wie Slowenien, die Niederlande und Spanien offen damit gedroht haben, nicht zum Eurovision Song Contest nach Wien zu kommen, sollte Israel ebenfalls daran teilnehmen, will der Staatssekretär im Außenministerium einen Kontrapunkt setzen.

"Als Regierungspolitiker und für die Auslandskultur zuständiger Staatssekretär halte ich es mit Schriftstellerin Eva Menasse: Kultur-Boykotte sind dumm und sinnlos, sie bringen uns nicht weiter", sagt Schellhorn im Gespräch mit dem KURIER.

Der Neos-Politiker hält es für falsch und gefährlich, wie zuletzt mit Lahav Shani umgegangen wurde.

Der israelische Dirigent wurde von einem Musikfestival in Belgien ausgeladen, weil er auch Musikdirektor des Israel Philharmonic Orchestra ist und seine Haltung zur israelischen Regierung unklar blieb.

"Shani dirigiert am Samstag und Sonntag in Wien – und das ist gut und wichtig so", sagt Schellhorn.

Gesinnungsprüfung

Denn es sei schlichtweg inakzeptabel, Kulturtreibende "einer Gesinnungsprüfung" zu unterziehen. "Kunst und Kultur sind von essenzieller Wichtigkeit. Der kulturelle Austausch ermöglicht den Dialog, er baut Brücken. Gerade in Zeiten wie diesen ist das wichtiger denn je."

Schellhorn will seine Haltung nicht auf Künstler aus Israel beschränkt wissen. "Auch die Diskussion um Anna Netrebko habe ich damals für daneben gehalten."

Zur Erinnerung: Nach dem Angriff von Russland auf die Ukraine hat es allerorten heftige Diskussionen gegeben, ob russische Künstler wie Anna Netrebko, Teodor Currentzis und andere weiterhin auftreten dürfen, wenn sie sich nicht vom russischen Regime und Wladimir Putin distanzieren.

Derlei hält Schellhorn für kontraproduktiv. "Es geht um die Freiheit der Kunst!" Selbiges gelte für den Sport: Auch ihn will er von der Politik trennen. Sportlerinnen und Künstler seien in vielen Fällen ja sogar kritisch gegenüber der Politik ihres eigenen Landes eingestellt. "Umso weniger sollte für sie Sippenhaftung gelten."

Zurück zu Israel: Kann Österreich riskieren, dass Länder wie Irland oder Slowenien nicht am Eurovision Song Contest teilnehmen?

Sündenfall

"Wir reden hier von demokratischen Staaten. Wenn sich ein Nachbarland entschließt, nicht teilnehmen zu wollen, dann müssen wir das als Österreich aushalten." Druck oder gar Erpressungen nachzugeben käme einem "Sündenfall" gleich.

Das Argument, dass es sich beim Eurovision Song Contest um keine klassische Kulturveranstaltung wie etwa einem Festival, sondern um einen Wettstreit der Länder und staatlicher Fernsehanstalten handelt, zieht für ihn nicht: "In erster Linie ist der Song Contest ein Treffen bzw. ein Wettstreit von Musikerinnen und Künstlerinnen. Und deren Rolle mit der Politik eines Landes zu vermischen, halte ich für höchst problematisch."

Schellhorn kündigt an, er werde – gemeinsam mit Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in ihrer Rolle als Außenministerin – einen Brief an die europäischen Amtskollegen schicken, um von jedwedem Kultur-Boykott abzuraten. Dieser Brief soll auch mit ÖVP und SPÖ akkordiert werden.

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