Türkis-rot-pinke Strom-Reform: Was das neue Gesetz für Österreichs Haushalte bedeutet

Photovoltaik Innsbruck
Die türkis-rot-pinke Strommarktreform soll die Versorgung sichern, Kosten senken und die Energiewende beschleunigen. Die Grünen geben sich abwartend.

Die Bundesregierung hat heute, Freitag, das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) in Begutachtung geschickt. Der Entwurf, den Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz präsentierte, soll den österreichischen Strommarkt umfassend reformieren. Geplant sind Sozialtarife, flexible Netzentgelte und eine „Spitzenkappung“ bei der Einspeisung von PV-Strom. Zudem ist die Einführung von Netzentgelten für eingespeisten PV-Strom vorgesehen.

Ziel sei es, die Stromkosten zu senken, die Versorgungssicherheit zu stärken und die Energiewende zu beschleunigen, so Hattmannsdorfer. Energieversorgungsunternehmen sollen verpflichtet werden, Preissenkungen innerhalb von sechs Monaten an ihre Kunden weiterzugeben. Sozialtarif für Bedürftige Konkret sieht das Gesetz unter anderem die Einführung eines bundesweit einheitlichen Sozialtarifs von 6 Cent netto pro Kilowattstunde bis zu einem Jahresverbrauch von 2.900 Kilowattstunden vor. Davon soll rund eine Viertelmillion Haushalte in Österreich profitieren. Die Kosten sollen die Energieversorger übernehmen.

Für alle Haushalte kommen künftig flexible, zeit- und lastabhängige Netzentgelte sowie dynamische Stromverträge. Auch die Marktaufsicht durch die Regulierungsbehörde E-Control wird ausgebaut. Haushalte sollen außerdem Strom im kleinen Rahmen - etwa innerhalb der Nachbarschaft - weitergeben dürfen. Spitzen-Kappung bei Einspeisung von PV-Strom Für Diskussion sorgte bereits die geplante „Spitzenkappung“ bei der Einspeisung von Photovoltaikstrom: Bei drohender Netzüberlastung darf künftig nur noch bis zu 60 Prozent der Leistung eingespeist werden - allerdings soll es sich dabei um höchstens ein paar Minuten am Tag handeln, heißt es aus dem Ministerium. Zudem ist die Einführung von Netzentgelten für eingespeisten PV-Strom vorgesehen. 

Für das Gesetz ist im Nationalrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, die Regierungsparteien brauchen also die Stimmen von FPÖ oder Grünen. Die grüne Parteichefin  Leonore Gewessler kündigt eine sorgfältige Prüfung des vorgelegten Entwurfs an: „Wir werden den Vorschlag genau begutachten und sind gespannt auf die Stellungnahmen der Experten aus der Praxis. Unsere Position ist klar: Wir wollen ein Gesetz, das seinen Zweck erfüllt: die Energiewende voranbringen, Investitionen in erneuerbare Energie absichern und soziale Fairness garantieren“ 

Harsche Kritik

Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich hat massive Bedenken. Etwa wegen der Einführung von weiteren Netzentgelten für die saubere Stromerzeugung: "Damit wird eine jetzt schon bestehende internationale Schlechterstellung noch verschärft. Bereits jetzt sind Österreichs Erneuerbare im europäischen Spitzenfeld, was Zahlungen an Netzgebühren betrifft. Künftig soll auf diese Gebühren noch eins draufgesetzt werden. Damit erreicht Österreich den traurigen Platz 1. Das ist eine Stromimportstrategie.“, erklärt EEÖ-Geschäftsführerin Martina Prechtl-Grundnig. "Diese Maßnahme drohe, die positiven Elemente der Gesetzesnovelle zu überlagern."

Für "besonders befremdlich" hält der EEÖ auch das Zustandekommen der Änderungen: Statt auf die Expertise der betroffenen Branche zu setzen - jener, die in den kommenden Jahren mit Milliardeninvestitionen für Wachstum, Versorgungssicherheit und leistbare Energie sorgen soll - stützen sich diese Änderungen auf Zurufe der Wirtschaftskammer. 

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