Kurz in KURIER-Elefantenrunde: "Jeder hört die Signale, die er hören will"
Nun sind Diskussionen des politischen Spitzenpersonals in Wahlkampfzeiten keine Seltenheit. Ob kurz oder lange, ob zu zweit oder in der großen Runde, beinahe täglich bestimmt der Wahlkampf das Hauptabendprogramm der heimischen TV-Sender.
Doch eine Elefantenrunde der Spitzenkandidaten live aus dem Festzelt beim heutigen KURIER-Tag, und das nur mehr etwas mehr als zwei Wochen vor der Nationalratswahl, das ist dann doch etwas Besonderes.
Chefredakteurin Martina Salomon stellte den Spitzenkandidaten von ÖVP (Sebastian Kurz), SPÖ ( Pamela Rendi-Wagner), Neos (Beate Meinl-Reisinger) und Grünen (Werner Kogler) sowie FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein (in Vertretung des erkrankten Parteichefs Norbert Hofer) im Festzelt in der Mooslackengasse die Fragen - die etwa zur Hälfte im bis auf den letzten Platz gefüllten Festzelt gesammelt wurden.
Eröffnet wurde die Runde von Rendi-Wagner, die 18 Monate "einer Politik des Drüberfahrens und des Stillstands" kritisierte. Ein starkes Österreich brauche aber "den Zusammenhalt der Menschen und den Ausgleich".
Der etwas verspätet eingetroffene Sebastian Kurz bekam sogleich die Möglichkeit zur Replik und betonte etwa, die ÖVP-FPÖ-Regierung habe den Wirtschaftsstandort gestärkt.
Auf Rendi-Wagners Frage nach Kurz' Äußerung im gestrigen ORF-TV-Duell mit Norbert Hofer, wonach er sich "eine ordentliche Mitte-Rechts-Politik" in Österreich wünschen würde, meinte Kurz, das bedeute nicht zwingend eine Neuauflage der Koalition mit den Freiheitlichen: "Jeder hört die Signale, die er hören will", so der ÖVP-Chef.
Kurz zu seinem Verhältnis zur FPÖ
Als nächste war Neos-Chefin Meinl-Reisinger am Wort und kritisierte das Fehlen von Zukunftsthemen im Wahlkampf. Die Neos wären die Einzigen, die sich für Transparenz einsetzen, außerdem sei Bildung der Schlüssel zu einer Vielzahl an Themen.
Meinl-Reisinger: "Wieso geht es im Wahlkampf nicht um Zukunftsthemen?"
Danach sorgte Hofer-Ersatz Dagmar Belakowitsch-Jenewein für Aufsehen, die meinte, bei dieser Wahl sehe man, wie die " ÖVP ganz nach links abdriftet". Eine Fortsetzung von Türkis-Blau würde Sinn machen, so die Nationalratsabgeordnete, "aber nicht unter allen Umständen".
Belakowitsch: "Die ÖVP driftet nach links ab"
Grünes Neos-Lob
Werner Kogler lobte anschließend die Neos, die sich in Sachen Klimaschutz nicht scheuen würden, die Dinge beim Namen zu nennen. Die Lacher auf seiner Seite hatte Kogler, als er meinte, die Grünen müssten erst zählen, ob sie genügend Personal für ein etwaiges Regierungsteam zusammenbekämen.
Kogler zu Parlamentsbesetzung
Danach folgten die Publikumsfragen, die ein breites Spektrum von Kurz' Mandatsverzicht ("habe mich bewusst dazu entschieden, das können sie gut oder schlecht finden") bis zu Budgetbelastungen im Wahlkampf abdeckten. Letztere verteidigte Rendi-Wagner: So sei etwa die bessere Anrechnungen von Karenzzeiten für die Pension notwendig gewesen, "weil wir 20 Prozent Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen haben".
Rendi-Wagner zu Pensionen
Die Elefantenrunde zum Nachschauen und Nachlesen
Die große KURIER-Elefantenrunde
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Herzlich Willkommen!
Um 11 Uhr geht es los, noch findet auf der Bühne vor dem KURIER Medienhaus aber die Live-Redaktionskonferenz statt.
Das gesamte Programm des KURIER-Tags können Sie im Livestream verfolgen, die Elefantenrunde werden wir zusätzlich hier im Liveticker begleiten.
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Gleich beginnt die Elefantenrunde
Sobald alle Spitzenkandidaten der Parteien eingetrofen sind, beginnt die Diskussion. Bis dahin hat das Publikum vor Ort die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
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Warten auf den ÖVP-Chef
Innenpolitik-Redakteurin Johanna Hager wartet momentan noch auf ÖVP-Chef Sebastian Kurz, die übrigen Teilnehmer unserer Elefantenrunde sind bereits eingetroffen. Für die FPÖ sitzt heute wie bereits erwähnt Dagmar Belakowitsch-Jenewein auf dem Podium, weil Parteichef Norbert Hofer erkrankt ist.
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Diskussion beginnt ohne Kurz
Sebastian Kurz verspätet sich. Die Diskussion startet vorerst ohne ihn - er soll später dazu stoßen.
Auch Norbert Hofer, der erkrankt ist, wird nicht an der Debatte teilnehmen. Ihn vertritt Dagmar Belakowitsch-Jenewein.
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Sebastian Kurz ist eingetroffen
"Wir haben erst begonnen. Sie haben nichts verpasst", sagt Chefredakteurin Martina Salomon zum eintreffenden ÖVP-Chef.
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Rendi mahnt Interessensausgleich ein
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner kritisiert 18 Monate "einer Politik des Drüberfahrens und des Stillstands" in Bereichen wie Pflege, Gesundheit, Wohnen oder Klimapolitik.
Ein starkes Österreich brauche "den Zusammenhalt der Menschen und den Ausgleich" so wie jeder starke Organismus das Gleichgewicht brauche. Wenn über Gruppen wie die Arbeitnehmer drübergefahren werde, "schwächt uns das als Land".
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Kurz: "Jeder hört die Signale, die er hören will"
Sebastian Kurz bittet um Verzeihung für die Verspätung.
Die ÖVP-FPÖ-Regierung habe den Wirtschaftsstandort gestärkt. "Ein Schritt in die richtige Richtung", sagt Kurz, auch zur Entwicklung des Arbeitsmarktes.
"Die Digitalisierung wird eine große Herausforderung", sagt der ÖVP-Chef, es würden durch den Technologie-Fortschritt "viele Jobs verloren" gehen. Die Gefahr sei, dass Österreich von anderen Ländern überholt werde.
Jeder, der in Österreich sein Beitrag leistet, soll davon leben können. "Das ist mein großes Ziel", meint Kurz.
"Jeder hört die Signale, die er hören will", sagt Kurz zu seiner gestrigen Äußerung, wonach er eine Mitte-Rechts-Politik wolle. Beobachter hörten darin ein Liebäugeln mit der FPÖ. Kurz' Ziel sei jedenfalls, dass sich keine Koalition ohne ÖVP ausgehen soll.
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Mitte-Rechts-Politik
Was Kurz damit meint, wenn er, wie gestern im ORF-Duell mit Norbert Hofer, sagt, er wünsche sich eine Mitte-Rechts-Politik, will Rendi-Wagner wissen: "Was heißt das anderes als Schwarz-Blau?"
Er habe gesagt, ihm sei "eine ordentliche Mitte-Rechts-Politik" im Kampf gegen illegale Migration sowie für Steuerentlastung wichtig, antwortet Kurz. Was ihn an der FPÖ störe, sei jedoch, dass das "immer" mit Anstreifen am rechten Rand - "Einzelfällen, Skinheads und NS-Diktion" - verbunden sein müsse - "was ich persönlich als grauslich empfinde".
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Meinl-Reisinger: "Wieso geht's in diesem Wahlkampf nicht um Zukunft?"
"Wieso geht's in diesem Wahlkampf nicht um Zukunftsthemen?", beginnt NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger ihre Wortmeldung. Sie blickt dann Richtung der ÖVP- und FPÖ-Vertreter und meinte: "Das gestern (die Duelle im ORF, Anm.) hatte etwas von Paartherapie"
Die NEOS seien die Einzigen, die sich für Transparenz einsetzen, so Meinl-Reisinger. Außerdem sei Bildung der Schlüssel zu vielen politischen Thema. "Die NEOS haben dazu Pläne auf den Tisch gelegt."
Die größten Anliegen der pinken Partei fasst die NEOS-Chefin so zusammen: "Umwelt und Wirtschaft, plus Bildung - das allen voran -, sowie eine steuerliche Entlastung der Menschen."
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Belakowitsch-Jenewein: Bei dieser Wahl sehe man, wie die "ÖVP ganz nach links abdriftet"
Die FPÖ-Vertreterin Dagmar Belakowitsch-Jenewein glaubt, dass die "ÖVP im linken Spektrum" versuche, "Wähler abzusaugen."
Es würde Sinn machen, die ÖVP-FPÖ-Regierung fortzusetzen. "Aber nicht unter allen Umständen."
Belakowitsch-Jenewein beklagt auch die inhaltliche Dünne dieses Wahlkampfs. "Da müssen wir uns alle an der Nase nehmen." Sie kritisiert auch Medien, "die über alles außer Inhalte berichten".
Belakowitsch: "Die ÖVP driftet nach links ab"
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Grüne und Neos loben sich
Ob sich Werner Kogler eine Dreier-Koalition mit den Neos vorstellen könne, will Chefredakteurin Martina Salomon wissen?
Man müsse den Liberalen zugute halten, dass sie sich "vor der Überschrift nicht scheuen" und "Konzepte nennen", meint der Grünen-Chef in Bezug auf die explizite pinke Forderung nach einer CO2-Steuer. Die Grünen würden den Ausdruck ökologisch-soziale Steurreform bevorzugen, weil es nicht nur um die CO2-Steuer gehe. Doch: "Da decken wir uns."
Zuerst müssten die Grünen aber wieder in den Nationalrat kommen, so Kogler, "das vergisst man ja gern". Wer wolle, dass Grüne Positionen stärker vertreten werden, "kann sich’s überlegen, die Grünen zu wählen". Er verwahre sich aber dagegen, "dass man nur in der Regierung etwas tun kann". Auch saubere Oppositionspolitik sei wichtig.
Dennoch: Wenn viele behaupten würden, Türkis-Blau sei "doch nicht so super", müssten die Grünen auch in Gespräche eintreten, "ob es nicht was anderes noch gibt". Aber: "Wir haben gesagt, wir rennen nicht davon." Ob es genügend Personal gäbe, da müsste er "aber erst anfangen zu zählen", sorgt Kogler für den ersten großen Lacher im Festzelt.
Dieser Sager sorgt wiederum für Lob von Neos-Chefin Meinl-Reisinger: In den Ländern hätten die Grünen genügend gutes Personal.
Das sieht wohl auch Kogler so: "So gut wie die Vorgängerregierung regieren wir schon lange", betont der Grünen-Chef.
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Publikumsfragen
Jetzt werden von Martina Salomon Fragen aus dem Publikum gesammelt, die im weiteren Lauf der Diskussion behandelt werden sollen.
Jeder Publikumsplatz des Festzelts ist gefüllt.
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Mandatsverzicht?
Warum Kurz und die Ex-Minister Schramböck und Löger nicht im Parlament sind, will ein Leser wissen? Letztere hätten kein Mandat und könnten daher auch keines annehmen, erklärt der ÖVP-Chef. Er selbst habe sich bewusst dazu entschieden, das Mandat nicht anzunehmen - "das können sie gut oder schlecht finden". Er wollte die Zeit nutzen, nach acht Jahren in der Regierung quer durch Österreich unterwegs zu sein und mit Menschen "ins Gespräch zu kommen".
Kogler zu Parlamentsbesetzung
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Asylwerber in Lehre
Zum Thema Asylwerber in Lehre betont Kurz erneut, er sei von Anfang an dagegen gewesen, Asylwerbern den Zugang zur Lehre zu öffnen. Das sei ein Fehler gewesen und das zeige sich nun.
Auch den Fachkräftemangel werden man "mit einigen hundert Personen" nicht lösen, so Kurz. Abgesehen davon gebe es "30.000 arbeitslose Asylberechtigte, die man in Arbeit bringen muss". Die meisten davon Männer, "die fit sind, die arbeiten können".
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Kurz: "Zu tun gibt es bei der Pflege leider genug"
Sebastian Kurz erläutert die Eckpunkte einer möglichen Pflegeversicherung, die die ÖVP fordert: Man wolle damit den Streit zwischen Bund und Länder beenden, die Finanzierung aus einem Topf sichern (damit auch für derzeit junge Generationen noch Geld vorhanden sei) und die aktuellen Maßnahmen im Pflegebereich ausbauen.
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Meinl-Reisinger: EU-Gegner seien "Anti-Patrioten"
"Wir vertreten nicht immer populäre Standpunkte", sagt Beate Meinl-Reisinger. "Der gelernte Österreicher" wisse, wie es einzuordnen sei, wenn vor der Wahl die Pensionen erhöht werden. Große Lösungen könnten nur auf europäischer Ebene gelöst werden. "Wer das anders sieht, ist in Wahrheit ein Anti-Patriot." -
Jetzt Rendi-Wagner
SPÖ-Chefin Rendi-Wagner wird gebeten, zu Budgetbelastungen im Wahlkampf Stellung zu nehmen. Sie betont, es sei dank der Expertenregierung gelungen, "hochnotwendige" Beschlüsse zu fassen, "die kein Geld gekostet haben" oder sogar Geld sparen wie das Rauchverbot in der Gastronomie, das Glyphosatverbot oder die Novellierung des Parteiengesetzes mit den Spendenobergrenzen. An dieser Stelle kritisiert Rendi-Wagner auch, man spreche zu wenig über den Inhalt dieses Videos.
Die bessere Karenzzeitenanrechnung für Frauen sei notwendig gewesen, "weil wir 20 Prozent Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen haben". Das sei "inakzeptabel" und "ungerecht".
Und schließlich die Pensionserhöhung: Die Pensionen müssten jährlich angepasst werden, das stehe im Gesetz. Aufgrund der steigenden Altersarmut hätte man sich für eine stärkere Anhebung kleinerer Pensionen entschieden.
Die SPÖ werde in der nächsten Nationalratssitzung auch den Antrag einbringen, die Maklergebühren auf Mieterseite zu streichen, denn das sei eine Ungerechtigkeit: "In fast jedem anderen EU-Land zahlt das der Vermieter", so Rendi-Wagner.
Und die SPÖ-Chefin freut sich auch über die im SIcherheitsrat beschlossene Wiedereinführung des Rechtsextemismusberichts. Sie wolle nicht, "dass eine Partei, die sich nicht von diesen Kreisen abgrenzen kann, wieder auf der Regierungsbank sitzt", sagt Rendi-Wagner abschließend.
Rendi-Wagner zu Pensionen
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Drei Politiker in Aktion
Dieser Schnappschuss gelang KURIER-Fotograf Gilbert Novy während des Statements von Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ), in dem sie unter anderem meinte, dass die ÖVP nach links drifte.
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Kogler: Nur noch abgasfreie Motoren zulassen
"Bei uns rennen Sie offenene Türen ein", sagt Werner Kogler zu alternativen Antriebstechnologien. Es wäre der Aufgabe der Politik Rahmensetzungen zu setzen; sie solle in Zukunft nur mehr abgasfreie Antriebstechnologie neu zulassen. "Keine Sorge, der Diesel und Benziner fährt eh noch weiter", präzisiert der Grüne.
"Wir können Vorreiter in Europa und der Welt sein", sagt Kogler in seinem Schlusswort, der Klimaschutz sei die wirkliche Zukunftsfrage.
Kogler: "Ab 2030 nur mehr abgasfreie PKWs neu zulassen"
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Österreich ist kein Einwanderungsland..
.. betont FPÖ-Nationalrätin Dagmar Belakowitsch-Jenewein. "Findige NGOs" hätten abgelehnte Asylwerber in Lehre geschickt, um eine Verfestigung und in weiterer Folge ein Bleiberecht zu erwirken. Damit "hebeln wir unsere eigenen Asylgesetze aus".
Kritik an der Pensionserhöhung lässt auch sie nicht gelten, diese hätten schließlich "sehr viel geleistet". Sie habe hingegen noch nie gehört, dass wir uns 2015 nicht leisten können, "als man Menschen ins Land geholt hat, die man jetzt alphabetisieren muss".
In weiterer Folge hätte man das System wieder "geraderücken" müssen, sagt Belakowitsch-Jenewein. Wir hätten eine "Schräglage gehabt", die man in den letzten eineinhalb Jahren versucht habe zu korrigieren und "das System wieder gerechter zu machen".
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Wir sind leider schon wieder am Ende
So schnell vergeht die Zeit, leider ist unsere Elefantenrunde schon wieder zu Ende. Wir bedanken uns bei den Kandidatinnen und Kandidaten fürs Kommen und bei Ihnen fürs Mitlesen!
Das Programm des KURIER-Tags geht noch bis 16 Uhr weiter, kommen Sie vorbei oder verfolgen Sie die Übertragung aus dem Festzelt im Livestream.
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