Die Bruchlinien in der FPÖ: Wo es in der Partei rumort
In der FPÖ ist es momentan sehr schwer, Stellungnahmen zum Parteiaustritt von Hans-Jörg Jenewein zu bekommen. Vor allem die Handys der Wiener Funktionäre bleiben vorerst abgeschaltet – zu brisant ist das Thema um eine anonyme Anzeige gegen die eigene Partei, die aus der Feder des ehemals engen Vertrauten von Bundesparteichef Herbert Kickl stammen soll. In der Anzeige geht es um Vorwürfe des Missbrauchs von Fördermitteln über Partei-nahe Vereine. Jedes Wort kann nun zum innerparteilichen Sprengstoff werden.
Zu Wort gemeldet hatte sich Generalsekretär Michael Schnedlitz, der klarstellte, dass an den Vorwürfen gegen Wiener Parteigranden – darunter auch den aktuellen FPÖ-Stadtobmann Dominik Nepp – nichts dran ist.
Und von Herbert Kickl kam eine Reaktion: Er habe erst vor wenigen Tagen von der Anzeige erfahren und sofort dienstrechtliche Schritte gegen Hans-Jörg Jenewein, seinem Mitarbeiter im FPÖ-Parlamentsklub, einleiten lassen.
Die Diskussion um seine Person konnte er damit aber nicht stoppen. Jene Funktionäre, die zumindest anonym mit Journalisten sprechen, gehen davon aus, dass Jenewein so etwas nie ohne das Wissen „seines Chefs“ gemacht hätte. Es passe vielmehr in den schwelenden Konflikt zwischen Kickl und der Wiener Parteiführung, der in den vergangenen Monaten zwar gut unter der Decke gehalten werden konnte, nun aber wieder aufbrechen dürfte.
Das Konfliktpotenzial
Kickl konnte und wollte nie einen Draht zur Wiener Parteiführung finden. Die ist innerhalb der FPÖ auch immer einen eigenen Weg gegangen. Unter Heinz-Christian Strache war es sogar der dominierende in der Bundespartei. Die Chance, das nach der Spesenaffäre rund um HC Strache zu ändern, gelang Kickl nicht. Im Gegenteil: Dominik Nepp gelang es trotz aller möglichen schlechten Vorzeichen, die Wiener Partei wieder stark zu positionieren.
Sturz-Versuch
Kickls Arm in die Wiener Partei ist seine Klubobmannstellvertreterin Dagmar Berlakowitsch-Jenewein, die Schwester von Hans-Jörg Jenewein. Über sie soll auch probiert worden sein, Dominik Nepp zu stürzen. Das gelang nicht und ist jetzt nicht mehr möglich. Laut der letzten OGM-Umfrage liegt die Wiener FPÖ schon wieder auf 13 Prozent und Nepp bei der Bürgermeisterfrage an zweiter Stelle.
Der Umgang mit der Corona-Pandemie war ebenfalls ein ganz unterschiedlicher. Dominik Nepp fiel zwar ebenfalls durch provokante Sager auf, den radikalen Kurs seines Bundesparteiobmanns ist er nie gegangen. Obwohl die FPÖ-Demonstrationen in Wien stattfanden, hielt sich die Stadtpartei dabei immer zurück. Bis auf Dagmar Berlakowitsch-Jenewein, deren Sager über die Intensivstationen auf einer Demo für Schlagzeilen sorgte. In der Wiener Partei soll man ihr diesen Auftritt sehr übel genommen haben. Der Corona-Kurs von Kickl soll in Wien auch zu einigen Parteiaustritten honoriger Mitglieder geführt haben.
Konflikt um Burschenschafter
Konfliktpotenzial waren und sind auch immer wieder die Wiener Burschenschafter. Die sind in der Wiener Partei zwar nicht so stark, wie vielfach angenommen wird. Dennoch gehören sie zur Wiener Partei und haben es der Bundesführung übel genommen, dass diese mit ihnen nichts zu tun haben wollte.
Auch wenn mit der anonymen Anzeigen und dem Austritt von Hans-Jörg Jenewein in erster Linie die Wiener FPÖ betroffen ist, die Affäre könnte auch noch in anderen Bundesländern alte Wunden aufbrechen lassen, wenn sich tatsächlich herausstellt, dass diese Aktion mit Wissen von Herbert Kickl durchgezogen worden ist.
In erster Linie in Oberösterreich, wo Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner ohnehin nie mit der radikalen Linie seines Bundesparteiobmanns einverstanden war und sogar immer als Gegenspieler von Kickl galt.
Wahlkampf
Das Platzen der Affäre kommt für die FPÖ zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Diese Woche hat die Partei mit ihrem Präsidentschaftskandidaten Walter Rosenkranz den Wahlkampf in Kärnten gestartet. Und man erhofft sich einiges davon, dass man als einzige Parlamentspartei einen Gegenkandidaten zu Alexander Van der Bellen aufgestellt hat. Nicht zuletzt, um auf diesem Weg freiheitliche Themen gegen die Regierung öffentlich – vor allem im TV – platzieren zu können.
Da hat man jetzt mit dem Parteiaustritt von Hans-Jörg Jenewein einen schweren Rucksack umgebunden bekommen. Zumindest so lange, bis nicht alle Fakten klar auf dem Tisch liegen und innerparteilich aufgeklärt sind, wird das den Wahlkampf begleiten.
Krisentreffen am Montag
Ein entscheidender Tag könnte da der Montag sein. Da soll sich die Wiener Parteispitze treffen, um zu besprechen, wie man mit der Affäre umgehen wird. Der Austritt von Hans-Jörg Jenewein wird da sicherlich nicht der letzte Schritt gewesen sein.
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