Daniela Kittner: Am Ende sind dann alle politisch tot

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Ohne Politiker geht es nicht. Aber so, wie sich die Politik derzeit aufführt, geht es auch nicht.

Kommende Woche wird die Bundesregierung den 29. September als Wahltag festlegen. Die Intensivphase des Wahlkampfs wird Ende August einsetzen. Jetzt ist erst Ende Juni, aber die Parteien führen sich auf, als gäbe es kein Morgen, keinen Tag danach, an dem man sich wieder zusammensetzen und einander in die Augen schauen muss.

Was sich rund ums Parteiengesetz abspielt, kann man mit bestem Willen nicht mehr als „Gespräche“ bezeichnen. Die Politiker fahren einander mit gestrecktem Finger ins Aug’. Jeder kriminalisiert jeden, ohne Abwägen, ohne Selbstkritik.

Die Neos sind da leider keine Ausnahme. Sie schicken ihren Hauptfinanzier in den ORF-Stiftungsrat, aber wenn eine topqualifizierte Managerin einen Aufsichtsratsposten in der ÖBAG bekommt, nennen sie das „stinkend“, weil sie die Tochter eines großen ÖVP-Spenders ist. Diese zweierlei Maßstäbe muss Neos erst einmal auflösen.

Um nichts besser läuft die Aufarbeitung der Ibiza-Affäre. Sebastian Kurz setzt sich wiederholt ins Fernsehen und beschuldigt konkrete Personen sowie die SPÖ ohne jeden Beweis, für die Video-Falle oder deren Verbreitung verantwortlich zu sein. Das ist kein angemessenes Verhalten für jemanden, der sich erneut um eines der höchsten Staatsämter bewirbt.

Der Ruf der Politik ist ohnehin schon so schlecht, dass Ex-Minister (türkise) nicht einmal wagen, die ihnen zustehende Gehaltsfortzahlung zu beantragen und lieber ohne Krankenversicherung durch die Gegend laufen. Wenn das Schlammcatchen noch drei Monate weitergeht, sind am Ende alle politisch tot. Nutznießerin davon ist die FPÖ, denn zum Schluss bleibt der Eindruck übrig, dass eigentlich eh jeder Politiker auf Ibiza gewesen sein könnte.

Van der Bellen am längeren Hebel

Aber ohne Politiker geht es nicht. Nach dem 29. September wird sich eine Regierung mit einer parlamentarischen Mehrheit finden müssen. Die von Kurz ventilierte Minderheitsregierung ist völlig unrealistisch: Warum sollten die anderen Parteien eine ÖVP-Alleinregierung tragen? Die haben sie ja nicht einmal für die Übergangszeit bis zur Neuwahl geduldet. Und der Bundespräsident, ohne den es keine Regierung geben kann, wird sich auf ein Experiment mit erneuter Neuwahlgarantie wohl kaum einlassen.

Van der Bellen sitzt diesmal am längeren Hebel. Er hat eine Beamtenregierung im Amt, die zwar nichts tun kann, die aber auch keinen Schaden anrichtet. Van der Bellen kann diesen Zustand monatelang prolongieren und abwarten, bis sich eine Parteienmehrheit zusammengestritten hat.

Eine Dauer-Alternative zur Politik ist eine Beamtenregierung jedoch nicht. Zu den Verhandlungen über die künftige Aufstellung der EU-Spitze fährt Kanzlerin Bierlein beispielsweise ohne österreichische Position. Sie schaut in Brüssel nur zu, ob die anderen Länder einen Kompromiss finden und nickt den dann ab.

Das ist nicht in Österreichs Interesse, ohne Gestaltungswillen funktioniert Politik nicht. Aber einen Schuss Bierlein’scher Noblesse könnten sich unsere Politiker schon abschauen, gerade auch im Wahlkampf.daniela.kittner

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