Plakolm zum Kinderkopftuchverbot: "Natürlich ist das Symbolpolitik"

MINISTERRAT: PLAKOLM
Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) will mit dem geplanten Verbot Mädchen "aus der zweiten Reihe holen". Darüber, wie viele nicht freiwillig ein Kopftuch tragen, würden keine Zahlen vorliegen.

Vor fünf Jahren hat es der Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehoben, nun unternimmt Türkis-Rot-Pink den zweiten Anlauf: Am Mittwoch wurde der Gesetzesentwurf für das Kopftuchverbot für unter 14-jährige Mädchen präsentiert. Dieser wird nun auch in Begutachtung geschickt und soll bereits im zweiten Schulsemester in Kraft treten.

Warum sollte das Verbot jetzt verfassungskonform sein, wollte Armin Wolf am Mittwochabend in der ZIB 2 von Integrations- und Jugendministerin Claudia Plakolm (ÖVP) wissen. Man habe die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshof von vor fünf Jahren bei jetzigen Beschluss miteinbezogen, habe neben den öffentlichen Schulen auch Privatschulen mit hineingenommen, um "Umgehungskonstruktionen" zu vermeiden, so Plakolm. 

"Diesmal setzen wir auch begleitende Maßnahmen, die das letzte Mal nicht vorhanden waren."

Mädchen, die nicht freiwillig ein Kopftuch tragen? "Keine Erhebungen"

Ob sie wisse, wie viele Mädchen bis 14 in Österreich denn freiwillig ein Kopftuch tragen? Dieser Frage weicht die Ministerin zunächst aus: "Wir haben uns in der Erarbeitung des Gesetzestextes intensiv mit Expertinnen und Experten auseinandergesetzt und die gehen davon aus, dass allein in Wien 12.000 minderjährige Mädchen ein Kopftuch tragen." 

"Wie viele davon nicht freiwillig?," fragt Wolf nochmals nach. "Dazu gibt es keine Erhebungen," so Plakolm. Für sie sei das Kinderkopftuch aber "ganz klar ein Zeichen der Unterdrückung" von Mädchen. "Es rückt Mädchen in die zweite Reihe, es nimmt ihnen die Sichtbarkeit. Wir wollen ihnen gerade in dieser entscheidenden Phase, wo sich Körper und Persönlichkeit bei einer 8-, 9-, 10-Jährigen zu entwickeln beginnen, die Möglichkeit geben, ihre Entwicklung frei und selbstbestimmt haben zu können."

Plakolm bezieht sich hierbei abermals auf eine Studie aus Frankreich (wo das Verbot bereits seit vielen Jahren gilt), die aufzeige, dass die Bildungschancen von Mädchen so verbessert und ihre Gleichberechtigung gefördert worden seien.

Plakolm: "Das wollen wir unter keinen Umständen in Österreich"

"Sie zitieren genau eine französische Studie, die dieses Ergebnis bringt. Es gibt zwei andere große Studien, die auf ein gegenteiliges Ergebnis kommen und sagen, es gibt weniger Abschlüsse von Mädchen seit dem Kopftuchverbot", wirft Wolf ein.

"Da brauchen wir nicht nur Studien aus Frankreich hernehmen. Da braucht man nur mit Psychologinnen und Psychologen zu sprechen, um zu sehen, dass die Verschleierung von Mädchen unter 14-Jahren alles andere als förderlich für deren persönliche Entwicklung ist. Und wenn wir uns in der Welt umsehen, wo Mädchen und Frauen verschleiert sind, dann ist das insbesondere in Ländern, wo der radikale Islam im Vormarsch ist und wo Frauenrechten mit Füßen getreten werden. Und das wollen wir unter keinen Umständen in Österreich," entgegnet die Ministerin - und betont, sie habe selten eine Gesetzesmaßnahme gesehen, bei der "alle fünf im Parlament vertretenen Parteien, egal ob Regierungsfraktionen oder Opposition, diese begrüßen".

Plakolm (ÖVP): "Das Kinderkopftuch ist für mich Zeichen der Unterdrückung"

"Natürlich ist das Symbolpolitik"

Ob das Gesetz letztlich nicht ein klassischer Fall von Symbolpolitik sei? "Haben wir in der Integration nicht viel größere Probleme an den Schulen, am Arbeitsmarkt zu lösen?" 

"Natürlich ist es Symbolpolitik", so Plakolm. "Für mich ist es ganz klar ein Symbol dafür, dass wir es nicht zulassen, dass Mädchen unterdrückt werden und und ein ganz anderes Selbstverständnis über ihren eigenen Körper und ihre eigene Persönlichkeit bekommen." 

"Und wenn Ihnen ein 14-jähriges muslimisches Mädchen sagt: 'Ich fühle mich von Ihnen dadurch nicht bestärkt, ich fühle mich von Ihnen diskriminiert' - ist Ihnen das egal?" hakt Wolf nach. Die Diskriminierung beginne damit, dass Mädchen durch das Kopftuch im Bildungsalltag segregiert werden, meint die Integrationsministerin. 

"Aber vielleicht werden nicht alle Mädchen gezwungen. Also Sie ignorieren das einfach, obwohl Sie sagen, Sie wissen gar nicht, wie viele gezwungen werden." Daraufhin verweist Plakolm nochmals auf die geplanten Sanktionen bei Nichteinhaltung, man habe hierbei Einwirkmöglichkeiten und "ein klares Stufenmodell" vorgegeben, um pädagogisch zu wirken: "Gespräche der Schulleitung mit dem Mädchen werden zuallererst stattfinden."

Kommentare