Buwog-Prozess: Zwei Selbstanzeigen und ein Geburtstagsfest
Der 54. Verhandlungstag im Buwog-Korruptionsprozess ging anders los, als erwartet. Nach dem Schweizer Vermögensberater Norbert Wicki sollte eigentlich Walter Meischbergers ehemaliger Anwalt Gerald Toifl einvernommen werden. Zuvor stellte Grassers Anwalt Norbert Wess aber einen langen Antrag, in dem er kritisierte, dass Grassers Verteidigungsrechte verletzt wurden. Unter anderem weil neue Dateien während dem laufenden Verfahren dem Akt hinzugefügt wurden und die Verteidigung zu wenig Zeit hatte, sich darauf vorzubereiten. Über diese Anträge wurde noch nicht entschieden, die Richerin widmete sich stattdessen der Befragung von Toifl.
Nach Bekanntwerden der Buwog-Affäre soll er als Steuerrechtsexperte den anderen Angeklagten geholfen haben, ihre Spuren zu verwischen. Es wird ihm die Fälschung von Beweismitteln, versuchte Begünstigung und Geldwäsche vorgeworfen. Toifl bekannte sich heute allerdings "nicht schuldig".
Stattdessen schilderte er, wie er am 17. September 2009 zunächst von einem Steuerberater angerufen worden sei, dass es ein Thema einer Selbstanzeige eines Klienten gebe, das morgen in der Zeitung stehe - sprich, dass die Sache eilig sei. Es gehe um jemanden, "dessen Gesicht er kennen werde". Er sei daraufhin mit dem Zug von Salzburg nach Wien gefahren und habe am Westbahnhof Walter Meischberger getroffen.
Ein seltsames Kennenlernen
Der Steuerberater haben ihn auch telefonisch davon informiert, dass es um eine Selbstanzeige bei der Finanz wegen eines nicht versteuerten Honorars gehe. Es habe sogar an diesem Tag schon eine APA-Meldung gegeben, die im Internet verbreitet wurde mit dem Verweis auf den am nächsten Tag erscheinenden "Format"-Bericht. Am 17. September 2009 war eine Vorausmeldung in der APA zu einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Format" vom 18. September erschienen, wo über ein Zehn-Millionen-Honorar an Hochegger berichtet worden war.
Aus Meischbergers Schilderungen und dem ihm damals vorliegenden Entwurf der Selbstanzeige von Peter Hochegger und nach Gesprächen mit Hocheggers damaligem Anwalt habe er, Toifl, dann eine Selbstanzeige für Meischberger erstellt und am nächsten Tag vormittags beim Finanzamt in Wien eingebracht, schilderte Toifl.
Hochegger und Meischberger hatten für die Beratung des bei der Bundeswohnungs-Privatisierung 2004 siegreichen Konsortiums (Immofinanz, RLB OÖ und andere) 9,6 Millionen Euro Provision erhalten, aber nicht versteuert. 20 Prozent der Provision erhielt Hochegger, 80 Prozent Meischberger. Laut Anklage profitierten auch Grasser und der Makler Ernst Karl Plech von der Provision, was diese zurückweisen.
Dass das Honorar unter einen Passus im Begleitgesetz zur Privatisierung der Bundeswohnungen falle, wonach die Transaktionen im Zusammenhang mit der Verwertung der Bundeswohnungen nicht der Steuerpflicht unterlägen, dieser Meinung war und ist Toifl nicht.
Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.
Buwog-Prozess: Tag 54 im Live-Ticker
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Guten Morgen
...aus dem Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. Sieben Minuten vor Verhandlungsbeginn sind die Reihen noch sehr leer, von den Angeklagten haben nur Norbert Wicki und Gerald Toifl, die heute wohl beide befragt werden, Platz genommen.
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Andere Baustelle
Während wir hier noch warten bis es losgeht, tickert mein verehrter Kollege Peter Temel übrigens bereits live vom BVT-U-Ausschuss.
Zum Ticker geht es hier.
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Es geht los
Grassers Anwalt Wess erhält die Power-Point Folien, die er in der vergangenen Woche ausgefolgt haben wollte. Auch Toifls Anwalt Scherbaum beantragt eine Kopie der beim Akt befindlichen DVDs und CD-Roms. Die Richterin ist einverstanden.
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Beratung und Anträge
Da sich Scherbaum im Namen seines Mandanten gegen die Vorlage einiger Dokument aus dem Akt ausspricht, muss der Senat beraten. Davor hat aber auch Grasser Anwalt Wess noch einen "etwas längeren" Antrag zu stellen.
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Die Hauptverhandlung ist aus Grassers Sicht seit September von einigen Ereignissen geprägt, führt Wess aus.
Erstens: Neue Akten wurden während der laufenden Hauptverhandlung zum Akt hinzufgefügt - und zwar in einer solchen Menge, dass es der Verteidigung nicht möglich war, sie alle zu besprechen, auch weil eine elektronische Abschrift aller dieser Akten 30.000 Euro kosten würde und daher der Antrag auf Akteneinsicht zurückgezogen werden musste.
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Wess' Antrag Teil 2
Zweitens: Grasser seien bei seiner Einvernahme durch die Richterin Akten aus dem Finanzstrafverfahren vorgehalten worden, die in diesem Verrfahren noch nicht Teil des Aktes waren. Grasser sei auch nicht gefragt worden, ob er sich in der Lage sehe, zu diesen Unterlagen Fragen zu beantworten. Grasser sei auch nicht zu den bei Toifl beschlagnahmten Dokumenten befragt worden, moniert Wess.
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Keine Zeit
Ich darf die langwierige Ausführung kurz zusammenfassen: Wess kritisiert, dass die Verteidigung nicht genug Zeit hatte, sich auf 65.500 neuen Dateien vorzubereiten.
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Wess' Antrag Teil 3
Drittens: Aus Sicht der Verteidigung sei es rechtlich bedenklich, wie unreflektiert private und höchstpersönlichen Unterlagen aus dem Leben des Karl-Heinz Grasser in diesem Prozess gezeigt wurden, erklärt Wess.
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Private Fotos
Es sei auch eine Reihe privater Unterlagen und Fotos der Familie Grasser beschlagnahmt worden, die nichts mit dem Verfahren zu tun hatten, meint Wess. Das hätte eigentlich längst wieder aus dem Akt gelöscht werden müssen.
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Was das alles heißt:
Wess fordert also:
Ein umfassendes Fragerecht der Verteidigung nach Vorliegen der Hauptverhandlungsprotokolle. Außerdem hält er noch einmal fest, dass Grassers Grundrechte verletzt wurden. Die Unterlagen und Dateien, die nichts mit dem Verfahren zu tun haben, sollen aus dem Akt gelöscht bzw. rückausgefolgt werden.
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Keine Einsicht
Auch kritisiert Wess, dass die Verteidigung der anderen Angeklagten keine Einsicht in die neuen Dokumente aus Grassers Hausdurchsuchung nehmen können, obwohl der Richtersenat sie zum Akt genommen hat.
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Marchart schaut nach
Welche Dokumente genau aus dem Akt gelöscht werden sollen, hat Wess aufgelistet, er liest es jetzt aber auf Bitte der Richterin nicht vor. Staatsanwalt Marchart möchte aber einen Blick auf die Auflistung werfen. Darf er.
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Gegenäußerung
Marchart erklärt sinngemäß, dass die Ausführungen der Verteidigung nicht den Tatsachen entsprechen.
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Rätsel um Datenmenge
Die Strafprozessordnung würde das Recht auf Akteneinsicht genau regeln, sagt Marchart, und liest daraus vor. Die Verteidigung könnte jederzeit Akteneinsicht nehmen, wenn sie das verabsäumt habe, dann sei das ihr eigenes Versagen. Auch die angegebene Datenmenge verwirre ihn, sagt Marchart. Aus seiner Sicht handle es sich um etwa 350 Dateien.
Auch führt Marchart an, dass das Gericht der Verteidigung ja immer ein Fragerecht eingeräumt hat, und die Verteidigung teilweise bewusst darauf verzichtet hat, bzw. angegeben habe, das zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch nehmen zu wollen.
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Zusammengefasst
Die Staatsanwaltschaft spricht sich also gegen die Anträge von Wess aus.
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Auftritt Zarbl
Nun tritt Meischbergers Anwalt Zarbl vor. Meischberger schließe sich Wess' Anträgen an, sagt er. -
Richterin bleibt ruhig
Richterin Hohenecker hört sich die Anträge der Verteidigung übrigens ruhig und sanft lächelnd an.
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Beratungspause
Der Senat zieht sich bis 11.45 Uhr zurück, um über die vorgebrachten Anträge zu beraten.
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Verzögerung
Bitte verzeihen Sie die Verzögerung, aber der Senat berät offenbar immer noch.
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Wir warten immer noch
Langsam werden die Wartenden hungrig, die Verhandlung ist nach wie vor unterbrochen.
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Jetzt aber!
Es geht weiter
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Umgehungsschutz
Die Richterin gibt bekannt, dass einige Beilagen des Aktes keine Verwendung finden werden, da sie ein Mandantenverhältnis betreffen, für welches ein Umgehungsschutz besteht.
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Fragen an Toifl
Die Einvernahme von Gerald Toifl beginnt. Er bekennt sich nicht schuldig.
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Wie alles begann
Es geht darum, wie es sich überhaupt ergeben hat, dass Toifl Meischbergers Mandat übernimmt.
Wir erinnern uns: Meischberger hatte eigentlich einen anderen Anwalt konsultiert, der das Mandat ablehnte, aber Toifl empfahl - so hat es Meischberger erzählt.
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Ein Anruf
Über ein Telefonat wurde Toifl dann von seinem Kollegen darüber informiert, dass es sich um eine Selbstanzeige aus Grassers Umfeld handle. Den Namen nannte er nicht. Zu diesem Zeitpunkt gab es auch schon eine erste APA-Meldung zur Causa, die Toifl kannte.
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Zweiter Anruf
In einem zweiten Anruf wurde Toifl von seinem Kollegen gesagt, es gäbe bereits einen Entwurf zur Selbstanzeige, der Toifl geschickt wurde.
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Entwürfe
Toifl hat den Entwurf zu Hocheggers Selbstanzeige mitgebracht. Aber wie ist sein Kollege in den Besitz dieses Entwurfs gekommen, will die Richterin wissen? Der Kollege sei bei einem Termin gewesen, bei der die Selbstanzeige Thema war, sagt Toifl.
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Blind-Date
Toifl fuhr dann am späten Abend zum Westbahnhof, um ein bekanntes Gesicht abzuholen. Er erkannte Walter Meischberger und fuhr dann mit ihm in sein Büro.
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"Ein steuerliches Nichts"
Meischberger habe ihm dann das Geschehen rund um die Causa Buwog geschildert. "Er hat gesagt, er und Hochegger haben das abgewickelt", sagt Toifl. Es sei klar gewesen, dass die Omega "ein steuerliches Nichts" gewesen sei, weil sie als Gesellschaft keine Leistungen erbracht hat und eine reine Fakturierungsgesellschaft war.
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Wieder einmal die Frage nach der Leistung
Es stand also die Frage im Raum "wo und wer die Leistung erbracht hat", erklärt Toifl. "Meischbergers berühmte Sätze haben also tatsächlich einen steuerrechtlichen Hintergrund."
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Wer tritt wie auf?
Das Ergebnis der Gespräche war, dass Hochegger gegenüber dem Konsortium aufgetreten ist und Meischberger nur gegenüber Hochegger. Das sei aber nicht sofort ganz klar gewesen, steuerrechtlich aber von großer Bedeutung.
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Anzeige noch in der Nacht
Hocheggers damaliger Anwalt habe ihm, Toifl, gesagt, dass man die Hochegger-Selbstanzeige noch in der Nacht einbringen wolle, da am nächsten Tag ein Format-Artikel erscheinen sollte, in dem stand "Hochegger hat kassiert", schildert Toifl. "Aus der Sicht meines Mandanten, Meischberger, konnte ich ein bisschen entspannter sein, da der in dem Artikel überhaupt nicht vorgekommen ist", sagt Toifl. Er habe Hocheggers Anwalt aber noch überzeugen müssen, mit der Selbstanzeige noch bis zum nächsten Morgen zu warten. Das sei ihm auch gelungen.
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Vorab-Meldung
Hohenecker will wissen, woher Toifl wusste, dass Meischberger im Format-Artikel nicht vorkam. Es habe bereits eine Vorab-Meldung gegeben, in der Meischberger nicht genannt wurde, sagt Toifl. -
Morgenbesprechung
Bevor man die Selbstanzeigen dann bei den Finanzämtern im 5. und 18. Bezirk einbrachte, traf Toifl am Morgen noch Hocheggers Anwälte. Den Termin beim Finanzamt hatte er für 11.00 Uhr vereinbart, um noch einige Dinge zum Sachverhalt zu erklären, sagt Toifl.
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Ganz klare Abgabenhinterziehung
"War für Sie immer klar, dass eine Selbstanzeige zu erstatten war?", will Hohenecker wissen. "Ja", sagt Toifl "weil es ganz klare Abgabenhinterziehung." Das Thema Steuerbefreiung aufgrund des Buwog-Gesetzes sei an diesem Tag noch kein Thema gewesen.
Wir erinnern uns: Meischberger hatte ausgesagt, er habe damals aufgrund des Buwog-Gesetzes gedacht, dass er steuerbefreit wäre.
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Kompliziertes Steuerrecht
Im Gesetz sei das sehr weit formuliert, erklärt Toifl nun. "Meischberger hat gesagt, er glaubt, das ist auf ihn anzuwenden. Ich habe gesagt, dass ich das nicht glaube", erklärt Toifl und gibt einige sehr fachliche Ausführungen aus dem Steuerrecht.
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Meischis Rechtsverständnis
Jetzt mischt Meischberger sich ein und erklärt, wie er damals das Gesetz ausgelegt hatte, um zum Schluss zu kommen, er sei steuerbefreit. -
Mittagspause bis 14.00 Uhr
"Bevor es weiter geht, machen wir eine kurze Mittagspause", sagt die Richterin. Und in Richtung Toifl: "Sie merken sichs, was Sie zum Buwog-Gesetz sagen wollten?" Toifl: "Ja, ja. Ein Leben lang."
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Es geht weiter
Wir sprechen weiterhin über die Selbstanzeigen Meischbergers und Hocheggers.
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Zu viel Geld
Die Richterin fragt, ob Toifl wisse, warum etwa 300.000 Euro Provision zu viel überwiesen wurden. Nein, das wisse er nicht, das habe ihm auch Meischberger nicht sagen können, erklärt Toifl.
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Stumpfsinn
Aber warum sei rund um die Omega keine Steuer bezahlt worden? Toifl sagt, man habe ihm erklärt, das habe mit einer Verbindung mit einem Naturpark in Italien zu tun. "Völliger Stumpfsinn." -
Omega und Astropolis
Während er bei der Omega sicher war, dass es sich um eine Briefkastenfirma handelt, war er sich bei der Astropolis (auf Zypern) nicht so sicher.
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Steuerrechtsvorlesung
Toifl gibt eine kurze Lektion in Steuerrecht: Trotz der Zahlung an Briefkastenfirmen im Ausland hätte das Geld in Österreich versteuert werden müssen.
Und noch eine Lektion: Auch wenn man keine Erträge zu haben plant, muss man sie am Ende trotzdem versteuern.
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Veranlagung
Meischberger habe ihm damals gesagt, er habe die 7,6 Millionen aus der Provision veranlagt - in Immobilien und Wertpapiere, sagt Toifl.
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Bluthochdruck
Beim nächsten Termin sei dann auch Immobilienmakler Plech anwesend gewesen, sagt Toifl - denn der habe ja Meischbergers Geld veranlagt. Plech wäre ein bisschen unter Strom gestanden. "Bluthochdruck", diagnostiziert Toifl. -
Im Rollen
Wir sehen nun das Mail, in dem Toifl sich bei einem Kollegen erkundigt, ob und in welcher Hinsicht die Vorwürfe im Format-Artikel strafrechtlich relevant sein könnten. Darin steht auch: "Das rollt einiges auf uns zu."
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Der Bankberater, der alles weiß
Er habe dann die Konto-Unterlagen gebraucht, sagt Toifl. Meischberger hatte die aber nicht, sondern sein Bankberater W. Mit dem wurde dann ein Termin ausgemacht. Richterin: "W. war also schon von Beginn an Thema?" Toifl: "Ja, das ist der Bankberater, der alles weiß."
Davor fand übrigens das bereits lang besprochene 50. Geburtstagsfest von Meischberger statt. Ob Toifl dort gewesen sei? Nein, sagt er. "Aber eingeladen!", ruft Meischberger von hinten.
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Medialer Druck
In einem weiteren Mail ist dann Thema, wie schnell die Selbstanzeige an die Medien kam. Auf welchem Weg, habe man damals nicht gewusst. -
Kurze Pause
In 10 Minuten geht es weiter. Die Richterin hat angekündigt, heute nur bis 16.15 Uhr verhandeln zu wollen.
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Es geht weiter
Wir sind bei dem Termin mit Bankberater W. Der habe zwar keine Unerlagen mitgebracht, aber habe zumindest Informationen über die Veranlagung geben können.
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