Imagewandel: Der Heldenplatz als Mahnmal

Am 8. Mai vor 68 Jahren kapitulierte Hitler-Deutschland. Dieser Tag ist seit Jahren ein problematisches Datum: Jahr für Jahr marschieren auf dem Wiener Heldenplatz Burschenschafter auf, um gefallenen Soldaten zu gedenken - auch unter Beteiligung ranghoher FPÖ-Politiker. Diesem umstrittenen „Totengedenken“ wurde nun ein Ende gesetzt. Zusammen mit den Wiener Symphonikern, die ein kostenloses Konzert spielten, wurde am 8. Mai nun ein „Fest der Freude“ zelebriert.

Mahnwache künftig jedes Jahr
Klug kann sich vorstellen, die Mahnwache künftig jedes Jahr zu entsenden. "Meines Erachtens spricht nichts dagegen, dass das zu einer Dauereinrichtung wird", sagte er am Dienstag in einer Pressekonferenz.
"Der Tag wurde in den vergangenen Jahren widersprüchlich gedeutet", bezog sich Klug auf das jährliche Treffen schlagender Verbindungen, das auch immer Gegendemonstrationen provoziert hatte. "Der 8. Mai wird immer gleichermaßen ein Tag der Freude über die Befreiung und ein Tag des Gedenkens sein", will der Minister nun keiner "anderen Interpretation" mehr Platz geben. Das "Fest der Freude" mit den Wiener Symphonikern am Abend sei daher "ein wichtiges Symbol".
Großes Lob erntet Klug für diesen neuen Akzent in der heimischen Gedenkkultur vom Zeithistoriker Oliver Rathkolb von der Universität Wien: Rathkolb hält den Schritt für eine „ausgezeichnete Idee, die vielleicht dazu beiträgt, eine intensivere, kritischere Traditionspflege beim Bundesheer zu verankern“. Ihm komme eine „ganz wichtige Symbolik“ bei.
"Die Stunde Null für Europa"

"Das Schreckensregime des Nationalsozialismus war mit diesem Tag endgültig vorbei", erinnerte Faymann zu Beginn seiner Rede an die Bedeutung des 8. Mai, der ein "
Tag der Befreiung und nicht der Niederlage" sei. Und: "Es gab auch in unserem Land begeisterte Mittäter", machte der Kanzler deutlich, für eine nicht kleine Zahl sei "das Bekenntnis gegen Faschismus und politische Gewalt kein Lippenbekenntnis" gewesen, ehrte er auch die Widerstandskämpfer. Der 8. Mai markiere allerdings auch "die Stunde Null für Europa", so Faymann, die europäische Einheit sei zudem die "einzige Antwort" auf ein Regime wie jenes des Nationalsozialismus.
Auch Spindelegger legte den Fokus seiner Rede auf den europäischen Gedanken und zur "Wertegemeinschaft" der EU: "Europa beste Garantie, dass sich das nie mehr wiederholen kann." Zudem sei der Erweiterungsprozess noch nicht abgeschlossen, auch in Osteuropa könne die Gemeinschaft mehr Stabilität bringen. "Das europäische Sozialmodell ist einzigartig auf dieser Welt", meinte der Vizekanzler, es liege in der Verantwortung der nächsten Generationen, den europäischen Gedanken - trotz aller Krisen - weiterzudenken. Auch Spindelegger gedachte der Millionen Opfer des Nationalsozialismus und würdigte den Widerstand.
Lob für Mahnwache
Neben einem kurzen geschichtlichen Abriss rund um den Tag des Kriegsendes würdigte Ari Rath, langjähriger Chefredakteur und Herausgeber der Jerusalem Post, nicht nur die "wunderbaren Worte" der Regierungsspitze, sondern auch die erstmalige Einrichtung einer Mahnwache vor der Krypta am Heldenplatz durch Verteidigungsminister Gerald Klug. Dies sei die "klare Antwort" auf das seit Jahren umstrittene "Totengedenken" von Burschenschaftern an diesem Ort.
Der Verteidigungsminister selbst war vor dem Festakt im Bundeskanzleramt vor der Krypta am Heldentor persönlich erschienen. Auf die Frage, wie er nun mit dem Lob der Burschenschafter für seine Initiative umgehe, antwortete er gegenüber der APA eher allgemein. Es sei jedenfalls positiv zu werten, wenn eine Veranstaltung breite Schichten in der Bevölkerung anspreche.
Freiheitliche nahmen nicht teil
Die erstmals von der Republik ausgerichteten Veranstaltungen kamen ohne freiheitliche Prominenz aus: Sowohl der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf als auch Bundesparteichef Heinz-Christian Strache waren laut Auskunft ihrer Sprecher verhindert. Die Burschenschafter, deren umstrittenes Totengedenken mit der Mahnwache verhindert werden sollte, wollen nun "stille Teilnehmer" sein.

Fern blieben auch die Mitglieder des Wiener Korporationsringes: Sie hatten auf demonstratives Erscheinen verzichtet. Laut Polizei gab es keine Zwischenfälle. Rund 4.000 Besucher hatten sich zum Konzert der Wiener Symphoniker auf dem Heldenplatz eingefunden.
Die Bilder – sie haben sich in den Köpfen der Menschen eingeprägt. Am Wiener Heldenplatz verkündete Adolf Hitler 1938 vor Tausenden jubelnden Leuten den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich. Seitdem ist der Heldenplatz indirekt mit der Fratze des NS-Terrors konnotiert.

Tag der Befreiung

Tag der Erinnerung
Dass das „offizielle Österreich“ dabei auch vertreten war, versteht sich. So ging dem Konzert ein Festakt voran, in dessen Rahmen u. a. Bundeskanzler Faymann, Vizekanzler Spindelegger, Bürgermeister Häupl, Vizebürgermeisterin Vassilakou und Willi Merny, der Vorsitzende des Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ), sprachen. Das MKÖ ist gemeinsam mit den Symphonikern auch Veranstalter. Durch den Abend führte die Schauspielerin Katharina Stemberger; als Zeitzeugin wollte Käthe Sasso während des Konzerts zu den Menschen sprechen.
„Für uns ist dieses Konzert ein klares Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie“, so Neubert. „Die Wiener Symphoniker sind glücklich und dankbar, mit dieser Veranstaltung möglichst vielen Besuchern ein musikalisches Geschenk zu machen.“
Das „Fest der Freude“ ist für Neubert „auch der Auftakt in eine neue Ära der Symphoniker“. „Wir haben mit Philippe Jordan demnächst einen neuen Chefdirigenten, von dem wir uns starke, künstlerische Impulse erhoffen. Und wir wollen noch deutlicher machen, dass die Symphoniker ,das‘ Orchester der Stadt sind. Daher gehen wir verstärkt auf die Wienerinnen und Wiener zu. Das ,Fest der Freude‘ ist dazu ideal.“
Kommentare