Lauter Protest gegen Totengedenken

Lauter Protest gegen Totengedenken
Auf dem Heldenplatz wurde gestern die Kapitulation der Nazis gefeiert und gegen Burschenschafter demonstriert.

Mit einem Fest auf dem Heldenplatz haben mehrere Organisationen am Dienstag, am Jahrestag der Kapitulation Nazi-Deutschlands am 8. Mai 1945, gegen das alljährliche „ Totengedenken“ der Burschenschafter demonstriert. Mit dabei war auch Politprominenz, wie etwa der Grüne Klubobmann David Ellensohn, Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny, Staatssekretär Josef Ostermayer und Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas (alle SPÖ). Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, wünschte sich, dass ab kommendem Jahr der gesamte Heldenplatz für ein derartiges Fest zur Verfügung steht.

Demozug

Lauter Protest gegen Totengedenken

Der Andrang zur Feier, die die Initiative „jetztzeichen­setzen.at" organisiert hatte, war zu Beginn noch eher spärlich. Rund 300 Personen hatten sich bei der Hofburg eingefunden. Ein Demonstrationszug, der vor der Uni loszog, sorgte dann aber dafür, dass das Fest letztendlich doch noch gut besucht war.

Unter den Demonstranten waren auch die 23-jäh­rige Mathematikstudentin Magdalena Haschker und der 26-jährige Informatikstudent Jürg Liebermann: Die beiden wollten „ein Zeichen setzen, damit die Burschis nicht glauben, sie können machen, was sie wollen. Wir wollen aber auch verhindern, dass sich Österreich wieder in eine Opferrolle zurückfallen lässt."

Zu Ausschreitungen zwischen den Burschenschaftern und den rund 900 Demonstranten kam es nicht, ein Polizist wurde von einer fliegenden Flasche verletzt. Die Polizei hatte ein Platzverbot verhängt. Was bei Parolen wie „Gebt den Burschis die Straße zurück, Stein für Stein, Stück für Stück" wohl auch angebracht war.

Premiere

Lauter Protest gegen Totengedenken
Wie 13 andere österreichische Burschenschaften hatte die Teutonia im Vorjahr eine Erklärung zum „volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff“ unterzeichnet. Anlass war die Aufnahme eines Studenten mit chinesischen Eltern durch eine Mannheimer Verbindung.

Bereits am Vormittag hatte die Bundesregierung erstmals nach 67 Jahren eine eigene Gedenkfeier zum 8. Mai abgehalten. Bundeskanzler Werner Faymann ( SPÖ) erinnerte in seiner Ansprache im Kanzleramt an die Rolle Österreichs: „Wer über unsere Geschichte spricht, kann sich nicht an den Begriffen Schuld und Mitschuld vorbeischwindeln. Wir müssen die Dinge beim Namen nennen."

Er hielt – wie auch Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) – ein Pro-Europa-Plädoyer und verurteilte das abendliche „Totengedenken", an dem Jahr für Jahr auch FPÖ-Politiker teilnehmen (diesmal der Wiener Landtagsabgeordnete Wolfgang Jung), scharf. Die Festrede im Kanzleramt hielt der Journalist Paul Lendvai, der von seiner eigenen Flucht aus Ungarn 1956 erzählte.

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