Bures: "Ob Sobotka befangen ist, das liegt in seiner Eigenverantwortung"

Zweite Nationalratspräsidentin ortet Wunsch der ÖVP, parlamentarische Kontrollrechte in U-Ausschuss zu beschneiden.

Ungewöhnlich scharf kritisiert die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) ihren Amtskollegen Wolfgang Sobotka (ÖVP) und dessen Partei. Die parlamentarische Kontrolle aus der Hand zu geben, käme einem Akt der Selbstaufgabe gleich, schreibt sie in einem "Kommentar der anderen" im "Standard" (Donnerstag-Ausgabe) zu dessen Vorschlag, einen Richter mit der Vorsitzführung im U-Ausschuss zu betrauen. Generell kritisierte sie das Infragestellen parlamentarischer Kontrolle.

Sobotka, der als Nationalratspräsident den Vorsitz im Ibiza-U-Ausschuss führt, ist immer wieder mit Befangenheitsvorwürfen konfrontiert. Einen Rückzug vom Vorsitz hat er ausgeschlossen und stattdessen die Übernahme des Vorsitzes durch einen Richter in künftigen Untersuchungen vorgeschlagen.

Bures lehnt das entschieden ab. Es sei dies ganz bewusst nicht vorgesehen worden, "weil ein parlamentarisches Kontrollinstrument auch tatsächlich von einem Parlamentarier oder einer Parlamentarierin geleitet werden sollte". Seitenhieb in Richtung Sobotka: "Die Verfahrensordnung des Untersuchungsausschusses kennt großzügige Vertretungsregelungen – eben auch, um etwaige Befangenheit zu vermeiden." Im Ö1-Mittagsjournal sagt Bures auf die Frage, ob Sobotka befangen ist, das "liegt in seiner Eigenverantwortung". Er könne, wie es die Verfahrensordnung vorsieht, von der Vertretungsmöglichkeit Gebrauch machen.

Es habe bereits vier U-Ausschüsse nach neuem Reglement gegeben, so Bures, und noch nie essenzielle Kritikpunkte. 

Bures: "Ob Sobotka befangen ist, das liegt in seiner Eigenverantwortung"

U-Ausschuss-Vorsitzender und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka

Bures, die von Sobotka im laufenden Ausschuss nur fallweise zu seiner Vertretung beigezogen wurde, wendet zudem ein, "dass damit das Parlament einen Akt der Selbstaufgabe setzen würde, weil es ein wesentliches Element parlamentarischer Kontrolle aus der Hand gäbe. Kein Parlament mit Selbstachtung und demokratischem Selbstverständnis würde auf dieses Recht freiwillig verzichten."

Bures: "Gefährliches Spiel mit dem Feuer"

Es dränge sich vielfach der Verdacht auf, dass "von verschiedenen Seiten" bewusst Wesenselemente der parlamentarischen Demokratie und des entwickelten modernen Rechtsstaates ins Gerede gebracht werden. "Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer!", so die Zweite Nationalratspräsidentin.

"Wer selbst zum antidemokratischen Brandbeschleuniger greift und simpel die Kosten parlamentarischer Kontrolle, also letztlich der Kernelemente von Demokratie, in Stellung bringt, überschreitet leichtfertig und wohl unüberlegt eine markante rote Linie."

Für Optimierungsdiskussionen zeigte sich Bures offen. "Was allerdings keinesfalls unwidersprochen hingenommen werden kann, ist, dass sich Parlamentarier der Kanzlerpartei dazu hergeben, elementare Kontrollrechte des Parlaments zu opfern oder zu beschneiden", sagte sie in Richtung ÖVP. Respektlosigkeiten gegenüber dem Parlament, dem Verfassungsgerichtshof und der Justiz im Allgemeinen hätten sich schon bedenklich eingebürgert. "Dieser Weg der aufreizenden Informations- und Kontrollverweigerung bis hin zu Schredder-Exzessen darf von einem selbstbewussten Parlament nicht noch beflügelt und erleichtert werden", betonte sie.

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