Der Fiskalrat will am Montag konkrete Zahlen präsentieren. „Tatsache ist aber, dass der Konsolidierungsbedarf im Falle eines üD-Verfahrens tatsächlich erheblich geringer wäre“, sagt WIFO-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller zum KURIER. Grund: Die Anforderungen an Österreich wären beim „präventiven“ Weg höher. Ohne üD-Verfahren müsste Österreich laut Schätzungen von 2025 bis 2028 mehr als 20 Milliarden Euro einsparen. Und beim EU-Defizitverfahren? Wären auch Verstöße gegen Maastricht genehm, die Einsparungsvolumina würden aber Richtung 15 Milliarden tendieren.
Was sind die Vorteile eines üD-Verfahren?
Die künftige Regierung könnte mehr Geld ausgeben, argumentiert Andreas Schieder, SPÖ-Delegationschef in Brüssel, in der Presse. „Das ist insbesondere für das kommende Jahr relevant“, betont Schratzenstaller. Warum? „Eine sehr umfangreiche Konsolidierung würde die ohnehin sehr moderate Konjunkturerholung belasten“, erklärt die Ökonomin. Zweitens sei es schwierig, kurzfristig die nötigen Mittel einzusparen, „ohne auch auf Maßnahmen zurückgreifen zu müssen, die sich dämpfend auf die Konjunktur auswirken“. Heißt: Will die nächste Regierung das Budget nachhaltig sanieren und sich dafür Zeit kaufen, hätte sie es mit üD-Verfahren einfacher.
Was sind die Nachteile eines üD-Verfahren?
„Ein Nachteil wäre ein Reputationsverlust, der sich auch auf die Finanzierungskonditionen für Österreich niederschlagen könnte“, sagt Schratzenstaller. Österreich würde in diesem Fall ja deutlich höhere Schulden machen. Die Kreditkonditionen auf den Finanzmärkten könnten sich verschlechtern. „Damit könnten auch die Zinszahlungen für die neuen und die refinanzierten Schulden entsprechend höher ausfallen“, sagt Schratzenstaller. In welchem Ausmaß? Das sei fraglich. Weitere Nachteile: Österreichs Budgetkonsolidierung würde sich verzögern, im Fall einer neuen Krise wäre die finanzielle Ausgangssituation eher nicht besser als jetzt. Und, so Schratzenstaller: „Nicht zuletzt darf die Inkaufnahme eines üD-Verfahrens nicht dazu führen, dass der Druck auf die erst mittelfristig wirksamen Strukturreformen abnimmt.“ Dazu zählten etwa die Bereiche Pensionen, Föderalismus, das Fördersystem oder das Gesundheitswesen.
Was spricht für ein eigenes Maßnahmenpaket, um ein üD-Verfahren zu verhindern?
Selbige Punkte wie beim üD-Verfahren, sagt Schratzenstaller – nur „spiegelverkehrt“.
Ist es unter den aktuellen Voraussetzungen realistisch, die Maastricht-Kriterien 2025 einzuhalten?
„Ich halte es für durchaus realistisch“, sagt Schratzenstaller. Kurzfristige Einsparungsmöglichkeiten – wie Sparvorgaben für jedes Ministerium – seien aber „großteils nicht nachhaltig und wenig strategisch.“ Und Steuererhöhungen, für welche die SPÖ plädiert? „Da die Abgabenquote in Österreich schon relativ hoch ist, sollte sie durch steuerliche Konsolidierungsmaßnahmen nur vorübergehend erhöht werden“, sagt Schratzenstaller. Heißt: Nach der Budgetkonsolidierung sollte die Abgabenquote wieder gesenkt werden – vor allem auf den Faktor Arbeit.
Plädieren ÖVP und Neos auch so klar für ein Defizitverfahren?
„Nein“, lautet die kurze Antwort von Seiten der Neos. Die ÖVP wollte den SPÖ-Vorstoß nicht näher kommentieren. Laut KURIER-Informationen hält der neue Finanzminister Gunter Mayr ein üD-Verfahren aus den zuvor genannten, nachteiligen Gründen aber für die schlechtere Variante.
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