"Wehren uns!": Bohrn Menas gehen gegen Tausende Hasspostings vor

Morddrohungen, Rassismus, schlimmste Beleidigungen: Das Ehepaar Sebastian und Veronika Bohrn Mena sieht sich seit Jahren mit einer massiven Hasswelle auf Social Media konfrontiert. „Wir haben nie geklagt, nie rechtliche Schritte ergriffen“, sagt Sebastian Bohrn Mena zum KURIER. Doch damit sei jetzt Schluss, wie er am Montag auf Social Media verkündet: "Jetzt wehren wir uns!" Man wolle gegen alle Hasspostings der letzten fünf Jahre vorgehen.
Bohrn Menas Rechtsanwalt in der Causa ist der auf Shitstorms spezialisierte Tiroler Robert Kerschbaumer. Er hat mittlerweile eine „vierstellige Zahl an Accounts“ von mehr als 1.000 Tätern ausgeforscht, die die Bohrn Menas zum Beispiel beleidigt oder bedroht, respektive klagbare Postings verbreitet haben. Als Verbreitung zählen auch Likes. Derzeit kämen täglich 40 bis 50 weitere Fälle hinzu, so der Anwalt.
Hassposter bekommen Vergleichsangebot
Die weitere Vorgangsweise: Kerschbaumer sichert die Postings mit einer speziellen Software, forscht die Inhaber aus und kontaktiert sie. „Die Personen bekommen ein Vergleichsangebot, das einen moderaten Entschädigungsbetrag, eine Unterlassungserklärung und eine Entschuldigung beinhalt“, sagt Kerschbaumer. Wer sich nicht entschuldige, werde zivil- oder strafrechtlich – je nach Art des Hasspostings – geklagt. In diesen Fällen drohen Prozesskosten von bis zu 10.000 Euro. Die Erfolgsquote, so Kerschbaumer, dürfte bei 100 Prozent liegen.
Um überhaupt gegen einen Shitstorm vorgehen zu können, ist aber eine Art „Vorfinanzierung“ nötig. „Wir können uns das selber nicht leisten. Das Hass-im-Netz-Gesetz gibt uns eine rechtliche, aber keinen finanzielle Vorlage“, sagt Sebastian Bohrn Mena. Was meint er damit?
Massiver Kostenfaktor
Wird ein Beamter – zum Beispiel ein Lehrer, oder Polizist, oder eine Behörde oder der Bundespräsident – im Internet beleidigt, gilt das als Offizialdelikt. Heißt: Die Staatsanwaltschaft muss auf Anzeige tätig werden. Privatpersonen müssen wiederum selbst tätig werden. Bei einem Shitstorm mit 1.000 Personen fallen allerdings Anwaltskosten und Gerichtsgebühren von Hunderttausenden Euro an. „Das hat der Gesetzgeber nicht bedacht“, sagt Kerschbaumer. Er und Bohrn Mena plädieren deshalb dafür, auch Beleidigungen gegen Privatpersonen wie ein Offizialdelikt zu regeln.
Wie können sich die Bohrn Menas das wohl beispiellose Vorgehen dennoch leisten? Sie haben einen Prozessfinanzierer gefunden, der die Gerichtsgebühren übernimmt – also quasi in Vorleistung geht. Dieser erhält wiederum die Entschädigungszahlungen.
Er habe noch nichts Vergleichbares zum Shitstorm gegen die Bohrn Menas erlebt, erklärt Kerschbaumer, der vor drei Jahren einen Kärntner Polizisten in einer ähnlichen Causa vertrat: „Es ist der digitale wilde Westen und es wird Zeit für den Django, der aufräumt.“
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