Anhaltende Kritik an Mahrer: Ein Mann, sieben Funktionen

WKÖ-Chef Harald Mahrer soll auch OeNB-Präsident werden
Rote sprechen von „Postenschacher“. Macht des Notenbank-Präsidenten ist relativ.

„Wenn der Bundeskanzler weiterhin alle Spitzenpositionen mit Freunden besetzt, sollte er sich neben Harald Mahrer zumindest einen zweiten Freund suchen“, sagt Hans Arsenovic, Regionalsprecher der Wirtschaftskammer Wien, scherzhaft zur Ernennung von Harald Mahrer als Präsident der Österreichischen Nationalbank (OeNB).

Andere – allen voran die SPÖ – sprechen weniger freundlich von „Postenschacher“ und einer „ ÖVP im Machtrausch“. Mahrer ist ja ehemaliger Wirtschaftsminister und ein enger Vertrauter von Kanzler Kurz.

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer stört etwa, dass Mahrer „seine künftige Funktion als OeNB-Präsident fälschlicherweise offenbar nur als einen weiteren seiner vielen Nebenjobs betrachtet“.

„Die Multitasking-Fähigkeit und Wandlungsfähigkeit von Harald Mahrer scheint unbegrenzt“, schreibt der Vorsitzende der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG), Rainer Wimmer, in einer Aussendung. „Die ÖVP befindet sich im Machtrausch und sorgt dafür, dass jede wichtige Position in diesem Land mit engsten Vertrauten von Bundeskanzler Kurz besetzt wird - und das unabhängig von entsprechender Qualifikation oder Unvereinbarkeiten.“

Ämterkumulierung: Mahrer weist Kritik zurück

Der 45-jährige hat nun inklusive dem Job in der Notenbank sieben Führungs- bzw. Aufsichtspositionen inne: Mahrer ist Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes, als solcher ist er auch Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Obmann der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft(SVA). Mahrer sitzt auch im Präsidium des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), er ist im Aufsichtsorgan der Sporthilfe und Chef einer eigenen Firma.

Den Vorwurf der Ämterkumulierung bzw. der Unvereinbarkeit – Mahrer ist nun ja Teil der Bankenaufsicht und höchster Wirtschaftsvertreter des Landes – weist er zurück. Im Aufsichtsgremium der OeNB seien schon früher Repräsentanten der Sozialpartner vertreten gewesen, sagt er.

Außerhalb der Politik sieht man die Mehrfachfunktionen als heikel an. Ein OeNB-Kenner relativiert aber gegenüber dem KURIER: „Das Präsidentenamt ist großteils ein repräsentatives, die Entscheidungsgewalt ist überschaubar.“ Zu bedenken sei allerdings: „Interessenskonflikte werden freilich umso häufiger, je mehr Ämter man innehat.“ Andere kritisieren, dass Mahrer bei so vielen Positionen wohl wenig Zeit für größere Projekte – etwa die Kammerreform – bleibt.

Mahrers Vorgänger bei der WKÖ, Christoph Leitl, hatte übrigens zehn ehrenamtlichen Funktionen – nur war er eben nicht im Aufsichtsorgan der OeNB.

Mitterlehner: "Eigenartige Entscheidungskultur"

Mahrer sprach von der großen wirtschaftspolitischen Bedeutung der OeNB. Es sei ihm ein großes Anliegen, dass die österreichische Bankenszenerie gut funktioniere, deshalb habe er das Angebot, Notenbankpräsident zu werden, gerne angenommen.

Im Gespräch für den Posten war auch Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Nach seinem Ausstieg aus der Politik habe ihm Kurz das Amt zwei Mal angeboten, sagte er der Presse. Er selbst habe nach der Nationalratswahl Interesse bekundet, im Mai von Kurz aber die Information bekommen, dass die Sache „schwierig“ sei, weil die FPÖ auf den Präsidentenposten beharre.

Umso erstaunter war Mitterlehner, als er vom Kanzler erfuhr, dass die ÖVP nun doch den Posten bekomme – und Mahrer zum Zug kommt. „Eine eigenartige Entscheidungskultur, aber sie passt stimmig zur Gesamtentwicklung“, so Mitterlehner mit einem Seitenhieb auf Kurz.

Kritik an Ernennung Mahrers zum OeNB-Präsidenten

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