70.000 Rot-Weiß-Rot-Karten? Arbeitsminister und AMS kontern WKO-Präsidenten

WKO-Präsident Harald Mahrer, Arbeitsminister Martin Kocher
Österreichs Parteiensystem „schottet sich ab“, befindet Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer.
Es herrsche die Angst, so der WKO-Präsident in einem KURIER-Interview vor den Feiertagen, „dass die Wähler diejenigen abstrafen könnten, die sagen: ,Wir benötigen Menschen aus dem Ausland für den Arbeitsmarkt.‘“
Eingedenk des derzeitigen Stellenangebotes (über 200.000) und der demographischen Entwicklung (die immer älter werdende Gesellschaft) plädiert Mahrer für bis zu 70.000 Rot-Weiß-Rot-Karten, "damit unser Land so weiter funktioniert, wie wir es gewohnt sind“. Die Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) berechtigt Drittstaatsangehörige (weder EWR-Bürger noch Menschen mit Schweizer Staatsbürgerschaft) sich befristet auf zwei Jahre in Österreich niederzulassen, weil sie ob ihrer Fähigkeiten bei einem bestimmten Arbeitgeber beschäftigt sind.
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2013 belief sich die Zahl der erledigten AMS-Gutachten für RWR-Karten und die "Blaue Karte EU“ (Arbeitserlaubnis für besonders qualifizierte Akademiker aus Drittstaaten) auf 1.985. Per Ende November 2023 wurden 7.202 RWR-Karten erteilt.
Die türkis-grüne Bundesregierung will bis 2027 rund 15.000 RWR-Karten jährlich ausgestellt wissen, um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.
Was ist nun realistisch, was machbar angesichts der vielen europäischen Staaten die wie Österreich weltweit um Fachkräfte buhlen?
Kein Kontingent
Wichtig zu wissen ist, dass es „bei der Rot-Weiß-Rot-Karte keine Kontingente gibt“, sagt ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher auf KURIER-Nachfrage. "Wenn Betriebe entsprechende Fachkräfte finden, dann wird die Rot-Weiß-Rot-Karte erteilt.“ Das bestätigt auch das Arbeitsmarktservice.
"Jedes Unternehmen, das im Ausland Arbeitskräfte sucht und findet, kann dies tun. Das AMS überprüft, ob die arbeitspolitischen Vorgaben eingehalten werden. Die Erlaubnis selbst treffen die Niederlassungsbehörden“, sagt AMS-Vorständin Petra Draxl.

AMS-Vorständin Petra Draxl
Die 15.000 RWR-Karten hält Draxl „natürlich für machbar“. Während das AMS für die Akquise in Europa zuständig ist, werben die Außenhandelsstellen mit der Austrian Business Agency (ABA) in Drittstaaten um Fachkräfte, erklärt die AMS-Vorständin weiter. „Gesucht wird von der ABA ab dem Jahr 2024 in Brasilien, Indonesien und den Philippinen vor allem im IT-, Technik- und Life Science Bereich. Zudem wird in Albanien, Nord-Mazedonien und dem Kosovo gesucht.“ Das AMS werde heuer rund 8.000 positive Gutachten für RWR-Karten ausstellen. „Für 2024 avisiert uns ABA allerdings, dass die Firmen sehr zurückhaltend sind, was ausländische Fachkräfte betrifft, da die wirtschaftliche Situation unsicher ist“. j.Hager
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