Wie die 24-Stunden-Betreuung in Österreich neu aufgestellt werden soll
An Reformvorhaben mangelt es in der heimischen Gesundheitspolitik aktuell nicht. Neben der „Reformpartnerschaft“, bei der Bund und Länder die Zuständigkeiten im Gesundheitssystem neu regeln wollen, geraten kleinere Projekte in den Schatten, die aber ebenfalls eine große Zahl von Menschen betreffen.
Etwa bei der 24-Stunden-Betreuung, die derzeit von rund 30.000 Menschen in Anspruch genommen wird. Die Tendenz ist angesichts der wachsenden Zahl älterer Menschen stark steigend.
Im Februar soll ein Prozess gestartet werden, an dessen Ende (im Idealfall noch in dieser Legislaturperiode) ein zeitgemäßeres Modell inklusive möglichst einheitlicher Qualitätsstandards stehen soll. Das hat Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) kürzlich angekündigt.
Aktuell gibt es mit dem Österreichischen Qualitätszertifikat (ÖQZ) zwar schon eine Art Gütesiegel für die 24-Stunden-Betreuung, allerdings wird nur etwa ein Drittel der Patienten von Agenturen betreut, die die ÖQZ-Kriterien erfüllen. Dazu zählen unter anderem Transparenz bei Leistungen und Kosten, regelmäßige Qualitätssicherung durch eine diplomierte Pflegekraft oder rasche Ersatzlösungen beim Ausfall einer Betreuerin.
Doch wo gibt es den größten Reformbedarf? Ein großes Anliegen der Klienten sind etwa ausreichende Deutschkenntnisse der Betreuerinnen, die fast ausschließlich aus dem ost- und südosteuropäischen Raum stammen.
Sprachkenntnisse
Wobei man hier differenzieren müsse, betont Günther Huber, Geschäftsführer der Agentur Vitabene und Mitglied der zuständigen Fachgruppe in der nö. Wirtschaftskammer. Zentral für ein funktionierendes Betreuungsverhältnis sei der Aufbau einer Beziehung zwischen Klient und Betreuerin. Dabei gehe es nicht nur um Sprache, betont der Experte – vor allem in Hinblick auf Patienten mit einem geringeren Betreuungsbedarf. „Hier muss jeder Fall individuell betrachtet werden.“
Ähnlich verhalte es sich mit der Frage, wie regelmäßig die Klienten zusätzlich von einer Pflegefachkraft aufgesucht werden sollen. „Dass sie – wie diskutiert – wöchentlich zu Besuch kommt, dürfte in vielen Fällen überzogen sein“, gibt Huber zu bedenken.
Bezieher
Im Jahr 2024 gab es durchschnittlich pro Monat rund 22.000 Bezieher der staatlichen Förderung für die 24-Stunden-Betreuung, rechnet man im Sozialministerium vor.
Kosten
Der Gesamtaufwand für die Förderung lag 2024 bei rund 222 Millionen Euro. Davon übernahmen 60 Prozent (133,2 Mio. €) der Bund und 40 Prozent (88,8 Mio. €) die Länder.
Hinter all diesen Überlegungen steckt ein zentrales Dilemma: Je höher die Qualitätsstandards nach oben geschraubt werden – was ein naheliegendes Interesse aller Betroffenen ist – desto höher auch die Kosten. Was angesichts der aktuellen Budgetnöte eine besondere Herausforderung ist.
Förderung
Für Huber ist es dennoch unumgänglich, dass mit der Anhebung der Betreuungsqualität die öffentliche Hand auch mehr Geld zuschießt: „2007, als die Grundlagen für die heutige 24-Stunden-Betreuung geschaffen wurden, konnten sich mit der Förderung beinahe auch Mindestpensionisten eine Betreuung leisten. Das ist heute bei weitem nicht mehr möglich“, so Huber. Umso wichtiger sei eine Valorisierung der monatlich maximal 800 Euro (für zwei selbstständig tätige Betreuungspersonen), die der Bund gemeinsam mit den Ländern zur Verfügung stellt.
Gleichzeitig müsste laut Huber aber auch die Einkommensobergrenze von monatlich netto 2.500 Euro angehoben werden.
Den relativ niedrigen Förderungen für die 24-Stunden-Betreuung stünden die monatlich rund 3.500 Euro gegenüber, die ein stationärer Betreuungsplatz die öffentliche Hand kosten würde. Für Huber ein krasses Missverhältnis – angesichts des Umstands, dass sich der überwiegende Teil der Betroffenen zu Hause betreuen lassen will. Dies sei auch die deutlich kostengünstigere Variante, betont der Experte. Insofern ließe sich durch eine Förderung der 24-Stunden-Betreuung unterm Strich Geld sparen.
Bund und Länder
Im Sozialministerium verweist man darauf, dass es in einigen Bundesländern darüber hinaus weitere Zuzahlungen gebe.
Man sehe aber die Notwendigkeit einer stetigen Weiterentwicklung des Fördermodells, „um aktuellen Gegebenheiten und Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Eine Erhöhung der Förderbeträge müsste aufgrund der Kostenteilung mit den Ländern vorab akkordiert und eine Einigung erzielt werden.“
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