12-Stunden-Tag: Türkis-Blau überlegt Nachschärfungen

Die eilig beschlossene Ausweitung der Arbeitszeit holt die Regierung ein.
Regierung denkt angeblich über Änderungen nach, um Unternehmer vor Missbrauch abzuschrecken.

Nachdem immer mehr Fälle bekannt werden, in denen Unternehmer versuchen, die neuen Arbeitszeitregeln - Stichwort: 12-Stunden-Tag - auf unfaire Weise auszunutzen, beginnen Vertreter der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ über ihr Gesetz nachzudenken. Das geht aus einem Bericht der Wiener Zeitung hervor.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger kündigt ein verschärftes Vorgehen gegen jene Betriebe an, die gegen das neue Arbeitszeitgesetz verstoßen. Damit sollen "schwarze Schafe" abgeschreckt werden. "Man muss über Verschärfungen bei den Strafbestimmungen nachdenken, damit man jene trifft, die das Gesetz nicht einhalten", wird Wöginger zitiert. Details sind aber offen.

SPÖ für Neuverhandlung

Im Sozialministerium von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) gab man sich gegenüber der Wiener Zeitung zu konkreten Maßnahmen für Nachjustierungen noch vorsichtig. "Es gibt diverse Möglichkeiten, die in Überprüfung sind." Ein Missbrauch werde nicht toleriert.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch sieht sich in seiner Kritik bestätigt. "Nicht reparieren - zurück an den Start", forderte er am Samstag.

"Das Arbeitszeitgesetz gehört auf Augenhöhe mit den Arbeitnehmervertretern neu verhandelt", fordert Muchitsch. "Die Arbeitswelt funktioniert anders, als manche im Parlament glauben", sagte er etwa in Richtung des ÖVP-Klubobmanns August Wöginger, der sagte, es werde über Nachschärfungen nachgedacht. "Es liegt nichts auf dem Tisch. Zudem ist es zu wenig, zu sagen, wir wollen etwas korrigieren, was sich gar nicht korrigieren lässt", sagte Muchitsch.

Prinzipiell sei es freilich zu begrüßen, wenn etwas, das nicht funktioniere, repariert werde. "Aber wir bleiben bei unser Kritik, dass das ein flexibilisiertes Arbeitszeitgesetz nur im Einvernehmen zwischen Dienstnehmern und Dienstgebern funktionieren kann."

Missbrauch aufgedeckt

Die Arbeiterkammer (AK) hatte diese Woche den Fall einer 56-jährigen Hilfsköchin in Wien aufgedeckt, die unter Druck gesetzt und gekündigt worden sein soll. Daraufhin drohte Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Unternehmern mit Sanktionen, wenn sie sich bei der Umsetzung der neuen Arbeitszeitregeln und der Anwendung des 12-Stunden-Tags nicht an das von der Regierung versprochene Recht auf Freiwilligkeit halten.

Die Salzburger Nachrichten berichten von einem neuem Aufreger-Fall: Ein großes Hotel aus einer der Wintersportmetropolen im Salzburger Bergland hat einem Bewerber einen Dienstvertrag vorgelegt, in dem es wörtlich heißt: "Der Arbeitnehmer erklärt seine ausdrückliche und freiwillige Bereitschaft, bei Vorliegen erhöhten Arbeitsbedarfs eine Tagesarbeitszeit von bis zu zwölf Stunden und eine Wochenarbeitszeit bis zu 60 Stunden leisten zu wollen."

Das zeige, wie diese Freiwilligkeit in der Praxis gelebt werde, ärgert sich der Salzburger AK-Präsident Peter Eder über dieses neue Beispiel. Laut der Zeitung sieht der Vertrag neben einem Grundgehalt von monatlich 1.620 Euro brutto eine All-in-Pauschale von sogar nur 32,62 Euro im Monat vor, mit der "Ansprüche, welcher Art auch immer", abgedeckt seien. Wörtlich werden angeführt: Zulagen, Zuschläge, Überstunden, Abgeltung Ersatz- und Nachtruhezeiten sowie "insbesondere auch allfällige kollektivvertragliche Entgelterhöhungen". "Ein Wahnsinn, wie hier mit Menschen umgegangen wird", sagt Eder. Für ihn und seine Experten sei klar: Das ist "ganz klar sitten- und rechtswidrig".

Beschwerden über 12-Stunden Tag

Arbeiterkammer drängt auf Änderungen

Die AK forderte die ÖVP-FPÖ-Regierung am Freitag im Sinne der Garantie der Freiwilligkeit des 12-Stunden-Tages dazu auf, wenigstens durch Änderungen im Arbeits- und Sozialgerichts-Gesetz Ergänzungen beim Kündigungsschutz vorzunehmen.

Die Arbeitnehmervertreter fordern "als Minimum" eine "schriftlich begründete Kündigung, die im Nachhinein nicht verändert werden darf. Am besten für die ArbeitnehmerInnen wäre ein absoluter Kündigungsschutz", so AK-Wien Arbeitsrechtler Hans Trenner. Und: "Im bestehenden Anfechtungsrecht muss den ArbeitnehmerInnen im Falle einer positiven erstinstanzlichen Entscheidung, die Rückkehr auf den Arbeitsplatz ohne Wenn und Aber ermöglicht werden." Sich über ein Unterlaufen der Freiwilligkeit zu empören, sei zu wenig, heißt es aus der AK.

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