TV-Duell der EU-Spitzenkanditen: Streithähne mit Samthandschuhen

Manfred Weber (l.) und Frans Timmermans
Manfred Weber und Frans Timmermans wollen nächster EU-Kommissonschef werden. Ihr erstes TV-Duell war hart, aber fair.

Es dauerte nicht lange, bis sich Manfred Weber und Frans Timmermans gestern Abend in die Haare kriegten. 90 Minuten lang stellten sich der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) und jener der Europäischen Sozialdemokraten (S&D) live in einem TV-Duell in der ARD den Fragen des deutschen Publikums.

Begeisterte Europäer sind beide Politiker. Doch wie sie „ihr“ Europa gestalten würden, wenn sie zum Präsidenten der nächsten EU-Kommission gekürt würden, da zögen der Bayer Weber (46) und der Niederländer Timmermans (58) durchaus an verschiedenen Strängen.

Beim Klimaschutz etwa, wo Timmermans, derzeit Vize-Chef der Kommission, hoch emotional auf sofortige Aktion drängt. „Wir müssen das jetzt sofort machen, in fünf Jahren ist es zu spät“, drängte der ehemalige niederländische Außenminister und pochte auf die Einführung einer „Co2-Steuer auf europäischer Ebene“.

Klimaschutz – ja, aber mit Bedachtnahme auf die Wirtschaft und soziale Härten, hielt dem ein deutlich weniger stürmischer Weber entgegen. „Wir müssen auch darauf achten, dass die Arbeitsplätze nicht kaputtgehen“, mahnte der Chef der EVP-Fraktion im EU-Parlament.

Weber und Timmermans kennen einander gut von ihrer Zusammenarbeit in Brüssel. Dass sie bei nahezu allen Themen anderer Meinung sind, stört das gute Klima zwischen den beiden nicht. Der Sozialdemokrat Timmermans fordert eine Europäische Arbeitslosenversicherung – der Konservative Weber findet das gar nicht solidarisch; „Wenn ein Staat keine Reformen durchführt, kann ich doch nicht zu seinem Nachbarn gehen und sagen: Du musst das zahlen.“

Gegen Populismus

Gemeinsam aber ist beiden: Ihr Engagement gilt einer starken und stabilen EU, Populismus lehnen Weber wie Timmermans ab.

Jenem Mann, dem Weber und Timmermans an der Spitze der Kommission nachfolgen wollen, zog indessen gestern eine erste Bilanz.: Jean-Claude Juncker wird im Herbst nach fünf Jahren als Kommissionspräsident abtreten. Sein größter Fehler? Vor dem britischen Brexit-Referendum, sei er der Bitte von Premier Cameron gefolgt und habe sich nicht eingemischt, sagte Juncker. „Es war falsch, in diesem wichtigen Moment geschwiegen zu haben. Wir wären die einzigen gewesen, die die Lügen in diesem Moment hätten zerstreuen können.“

EU Commission President Juncker holds a news conference in Brussels

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker

2014 war der Luxemburger an die Spitze der Kommission gerückt. „Die Union ist heute stärker als die Union von gestern“, sagte er und verwies auf die wirtschaftlichen Erfolge der EU: Europaweit sei die Beschäftigungsrate von 69 auf 73,2 Prozent gestiegen, die Jugendarbeitslosigkeit von 21 auf 14 Prozent gesunken und die Gehälter seien um 5,7 Prozent gestiegen.

Seinen größten Erfolg sieht Juncker aber vor allem darin, „dass wir Griechenland in der Eurozone gehalten haben. Heute ist das selbstverständlich. Aber damals war das nicht so sicher.“

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