Ein "Kommunist" als New Yorks Bürgermeister? Hype um Anti-Trump Mamdani
In New York hat am Dienstag die mit Spannung erwartete Bürgermeisterwahl begonnen. Um 06.00 Uhr (Ortszeit; 12.00 Uhr MEZ) öffneten in der US-Ostküstenmetropole die Wahllokale. In den Umfragen vorne liegt Zohran Mamdani. Der 34-Jährige indischer Abstammung, geboren in Uganda, gilt als klarer Favorit - um seine Person ist in den vergangenen Monaten ein regelrechter Kult in den USA entstanden.
Wie kann man sich die hohen Beliebtheitswerte des einstigen politischen Nobodys erklären, dem Wahlbeobachter nun gar die publikumswirksame Anziehungskraft eines Barack Obama nachsagen? Hier sind 5 Fakten über den Demokraten-Superstar, die vielleicht Erklärungsansätze liefern könnten.
1. New York ist vieles – vor allem teuer
Ein wesentliches Problem, dem sich die New Yorker tagtäglich stellen müssen: Der "Big Apple" ist für viele mittlerweile unleistbar geworden. Genau hier setzt das Programm des linken Kandidaten an, denn Mamdanis zentrales Thema sind die horrenden Lebenshaltungskosten in einer der teuersten Städte der Welt. Er fordert das Einfrieren bestimmter Mieten und die Ausweitung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus. Mamdani verspricht neben der Mietpreisbremse zudem kostenlose Busse, Gratis-Kinderbetreuung, die Verdopplung des Mindestlohns auf 30 Dollar pro Stunde bis 2030 und stadteigene Supermärkte, die Lebensmittel billiger verkaufen.
Wie er das alles finanzieren will? Durch höhere Steuern für Wohlhabende und Unternehmen. Dafür bräuchte er jedoch die Unterstützung des New Yorker Parlaments und von Gouverneurin Kathy Hochul. Die Demokratin steht zwar hinter Mamdanis Kandidatur, lehnt Steuererhöhungen aber bisher ab. Die Kritiker des 34-Jährigen äußern daher Zweifel an der Umsetzbarkeit seiner zentralen Wahlkampfversprechen. Hinzu kommt: Mamdanis Ansage schürt in der Finanzwelt Sorgen. Firmen könnten New York verlassen, wenn die Stadt wirtschaftsfeindlich werde, so die Bedenken.
2. Mamdani hat eine starke Fanbase – vor allem bei den Jungen
Neben Bürgernähe setzt Mamdani auf Popkultur, Humor und soziale Medien. Seine "Elopement"-Hochzeitsfotos in der New Yorker U-Bahn gingen viral, ebenso ein altes Musikvideo aus seiner Zeit als Rapper Mr. Cardamom in den 2010er-Jahren. Mamdani, dessen Mutter übrigens die berühmte indische Filmregisseurin Mira Nair ist, rappt darin unter anderem in einem Halal-Imbisswagen - mit nacktem Oberkörper unter der Schürze - und huldigt "Nani", seiner Großmutter.
Die begeisterten Kommentare unter dem Video sprechen für sich - und unterstreichen den aktuellen Popularitätskult um Mamdani. "While some candidates assault women, Zohran is honoring grandmothers, uplifting the ancient matriarchy of our homelands. Bless up the Nanis!", schreibt etwa ein User unter dem Musikclip - sprich: "Während sich manche Kandidaten an Frauen vergreifen, ehrt Zohran Großmütter und würdigt damit das traditionelle Matriarchat unserer Heimatländer. Ein Hoch auf die Omas!" Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass das Video als einziges auf dem YouTube-Kanal von Mr. Cardamon noch auffindbar ist - virale Clips sind in Wahlkämpfen schließlich wirksame Hilfsmittel.
Gerade bei potenziellen Wählerinnen und Wählern unter 45 Jahren kommt Mamdanis Image gut an. Und für andere, die der Politik eher überdrüssig sind, ist er zumindest eines: Der Kandidat, der mit Originalität und (zumindest nach außen gelebter) Authentizität hervorsticht.
3. Apropos Fanbase – Mamdani hat prominente Unterstützer
Mamdani liegt in Umfragen klar vor seinem Hauptkonkurrenten, dem Ex-Gouverneur Andrew Cuomo. Dieser tritt als unabhängiger Kandidat an, nachdem er in der Vorwahl der Demokraten gegen Mamdani verlor. Der Republikaner-Kandidat Curtis Sliwa liegt auf Rang drei.
Mamdani wird von wichtigen Demokraten unterstützt, darunter Ex-Präsident Barack Obama und Ex-Vizepräsidentin Kamala Harris. Auch die bekannte Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die einen New Yorker Wahlkreis vertritt, trat in Queens für ihn auf. Sein Aufstieg birgt für die Demokratische Partei nach dem Wahlkampf-Desaster von Ex-Präsident Joe Biden und der Wahlschlappe von Harris gegen Donald Trump auf nationaler Ebene Chancen - aber auch Risiken. Mamdani spricht wie bereits gesagt junge Wählerinnen und Wähler an, seine offene Kritik an Israel und sein "demokratischer Sozialismus" könnte die Demokraten aber anfälliger für Angriffe der Republikaner machen.
4. Mamdani ist Muslim – und gilt als Anti-Trump
Sollte Mamdani tatsächlich gewinnen, wäre er der erste muslimische Bürgermeister New Yorks. Noch dazu einer, der erst seit 2018 US-Bürger ist. Die Wahl am 4. November solle autoritären Tendenzen unter der Regierung von Präsident Trump etwas entgegensetzen und zugleich ein Signal an das politische "Establishment" senden, heißt es aus Mamdanis Lager. Viele New Yorker hätten sich von der Demokratischen Partei entfremdet und Trump wegen seiner wirtschaftlichen Versprechen gewählt. Spätestens jetzt sei aber klar: "Trump hat gelogen." Deshalb gehe es nun darum, jene Arbeiterklasse zu schützen, "die Trump zurückgelassen hat", so der 34-Jährige.
Kampfansagen, mit denen der junge Demokrat bei vielen gut ankommt. Trump selbst hat die Gefahr längst gewittert und Mamdani wiederholt als "Kommunisten" bezeichnet. Zudem hat er sogar gedroht, im Falle eines Wahlsiegs Mamdanis weitere Bundesmittel für New York zu streichen. Trump scheint aber auch eine gewisse Anerkennung für den Jungpolitiker zu hegen, wenn auch widerwillig. Bei Fox News bezeichnete er ihn als "ziemlich clever".
5. Mamdani könnte "Starre" aufbrechen – hoffen seine Unterstützer
"Ein Sieg hier in New York wird den Menschen in unserem ganzen Land und auf der ganzen Welt Hoffnung und Inspiration geben", sagte der Politikveteran Berni Sanders. Wenn die New Yorker jemanden wie Mamdani wählen, könne das im ganzen Land Schule machen. Und das sei dann nicht nur eine Bedrohung für die Trump-Regierung, sondern auch für jene "Oligarchen", die mit nahezu unbegrenzten Wahlkampfspenden unfairen Einfluss auf die Politik nähmen, fasste Sanders es zusammen.
Trumps Republikaner haben Kräfte vom rechten Rand längst in ihre Mitte geholt und neben dem Weißen Haus Mehrheiten in beiden Parlamentskammern erobert. Mamdanis Lager glaubt, das könne auch bei den Demokraten gelingen. Sie sehen seine Strategie als erfolgversprechende Blaupause für eine Partei, die seit Trumps Wahlsieg in Schockstarre verharrt und neuen Schwung sucht, um 2026 den Kongress zurückzuerobern.
So hoffnungsvoll das auch klingt: Gemäßigte Demokraten bezweifeln, dass Mamdanis Stil über das progressive New York hinaus Erfolge verbuchen kann.
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