Zwischen Hoffnung und Angst: Mamdanis Wahl spaltet das jüdische New York

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Israels Politik sieht im neuen Bürgermeister einen Judenhasser und empfiehlt die Emigration. Die Diaspora in New York – die größte Community außerhalb Israels – ist gespalten: Manche hoffen, andere gehen.

Donald Trumps Wahleinmischung in seiner Heimatstadt verfehlte meilenweit ihr Ziel. „Jeder Jude, der für Mamdani stimmt, ein bekannter und bekennender Judenhasser, ist ein dummer Mensch“, hatte der US-Präsident vor der Wahl gesagt. Doch ein gutes Drittel der jüdischen Wähler in New York, der größten jüdischen Diaspora außerhalb Israels, ignorierte den Zwischenruf: Sie gaben Zohran Mamdami, einem erklärten Israel-Kritiker und Freund der palästinensischen Sache, am Dienstag ihre Stimme.

„Dschihad-Anhänger“

Bis zu dessen Amtseinführung am 1. Januar ist es noch etwas hin. Das hält prominente Politiker in Israel aber nicht davon ab, Alarm zu schlagen. Amichai Chikli, Benjamin Netanjahus Minister für Antisemitismus-Bekämpfung, forderte jüdische New Yorker dazu auf, ernsthaft die Auswanderung nach Israel zu erwägen. „Die Stadt, die einst das Symbol der weltweiten Freiheit war, hat ihre Schlüssel einem Hamas-Anhänger übergeben.“ Zwar hatte Mamdani während des gesamten Wahlkampfs den Terror der Hamas gegen Israel verurteilt, doch auch der frühere Finanzminister Avigdor Lieberman bezeichnete ihn als „Aushängeschild des stillen Dschihad“. Juden in New York, die „überleben wollen“, sollten dorthin gehen, „wo sie hingehören – ins Land Israel.“

Vor Ort, in der 8,5 Millionen-Metropole, in der die jüdische Gemeinde hoch fragmentiert ist und weder politisch noch religiös homogen agiert, verhallt die Panikmache. Mamdanis Wahl hat ein vielschichtiges Echo ausgelöst, praktische Konsequenzen oder gar Gefahren für jüdisches Leben sind aber nicht zu erkennen. Groß ist die Sorge aber in den orthodoxen Gemeinden in Borough Park, Midwood, Crown Heights und Teilen von Queens. Dort wurde mehrheitlich gegen Mamdani gestimmt, Rabbi Eliezer Kramer sagt: „Wir müssen Trump nicht mögen, um zu sehen, dass Mamdani mit Positionen kommt, die in Israel als maximal angreifbar gelesen werden.“ Gemeint ist unter anderem der Vorwurf Mamdanis an Israel, in Gaza einen Genozid an der Zivilbevölkerung begangen zu haben; eine Behauptung, die auch von einer Kommission der UNO aufgestellt wurde.

Viel Zuspruch in progressiven jüdischen Vierteln

Anders agieren große progressive jüdische Viertel in Manhattan, Park Slope, Astoria und der Upper West Side. Sie unterstützten Mamdani überdurchschnittlich hoch. Hannah Wexler, Aktivistin bei Jews for Racial & Economic Justice, sagt: „Jüdische Sicherheit entsteht nicht durch Härtereflexe, sondern durch Deeskalation, Gerechtigkeit, Sozialpolitik und eine nicht hysterische Sprache über Israel.“ 

Moshe India und Moshe Hartman, zwei orthodoxe Rabbis, feierten am Dienstagabend sogar bei der Siegesrede des 34-Jährigen mit. Sie erklärten, dass sich jüdische Sicherheit in der Stadt nicht über außenpolitische Projektionen entscheide, sondern über Mieten, soziale Stabilität, starke Schulen, psychische Gesundheit und funktionierende Nachbarschaften. „Wir leben hier. Nicht im Mittleren Osten.“ Mamdani zentrales Wahlkampfversprechen, New York „erschwinglicher“ zu machen, sei darum relevanter als seine Haltung zur israelischen Regierung.

Mamdani als Chance

Rabbi Sharon Brous, eine progressive Jüdin mit großer Hörerschaft, bezeichnete Mamdani als „große Chance für Gerechtigkeit ohne Antisemitismus“. Sie wies darauf hin, dass Mamdani in seiner -Rede die Bedenken aufgriff: „Wir werden ein Rathaus schaffen, das standhaft an der Seite der jüdischen New Yorker steht und im Kampf gegen die Geißel des Antisemitismus nicht wankt“, hatte er gesagt.

Diese Haltung geht maßgeblich auf Brad Lander zurück. Der ehemalige oberste Budgetarchitekt der Stadt war über Monate als wichtigster jüdischer Berater an Mamdanis Seite, was bei vielen jüdischen Polit-Profis wie eine Rückversicherung wirkte, dass das Regieren unter Mamdani kein ideologisches Theater wird. Jonathan Greenblatt, Kopf der stark pro-israelischen Anti Defamation League (ADL), will dennoch auf Nummer sicher gehen. Die Organisation wird ab sofort in einem „Mamdani-Tracker“ jeden Vorschlag, jede Personalie darauf abklopfen, ob sie für jüdische Mitbürger abträglich sind. Robert Tucker, der jüdische Feuerwehr- und Brandschutzkommissar der Stadt, will nicht darauf warten, wie sich Mamdanis Bekenntnis, gegen Antisemitismus vorzugehen, im Alltag auswirkt. Er hat am Tag nach der Wahl seinen vorzeitigen Rücktritt eingereicht.

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