Wieso es in England bald kaum noch Fish & Chips geben wird

Auf der Glastür prangt ein großes „To Let“-Schild, zu vermieten; die Fensterscheibe daneben ist bereits mit Brettern verbarrikadiert. Mit dem preisgekrönten „Catch 22“ in Bristol, hat zu Wochenbeginn ein weiterer Fish-and-Chips-Shop überraschend schließen müssen. Ein Shopbesitzer auf der südlichen Isle of Wight hat unterdessen angekündigt, kommendes Monat zuzusperren; ein Geschäft in North Yorkshire hat vergangene Woche seine letzten Portionen verteilt. Und im März sah sich sogar der Besitzer eines historischen „Chippies“ gezwungen, nach 64 Jahren aufzuhören.
Dabei ist kaum eine Speise so eng mit dem Vereinigten Königreich verbunden wie „Fish and Chips“. 8 von 10 Briten haben sich vergangenes Jahr zumindest einmal für den frittierten Weißfisch mit breiten Pommes entschieden und laut Umfrage der Sun ist es die begehrteste Wohlfühlspeise der Briten: Sie wird am häufigsten gewählt, um sich bei schlechter Laune aufzumuntern.
Dennoch ist die Lage der „Chippies“ so prekär wie noch nie.
Einer aktuellen Analyse von Essig-Hersteller Sarson’s zufolge könnte in den kommenden drei Jahren jeder zweite der 10.500 Fish-and-Chips-Shop zusperren.
„Die Situation ist ernst“, bestätigt Andrew Crook, Präsident vom Nationalen Verbund der Fischfrittierer, dem KURIER. Es sind zu viele Faktoren zusammen gekommen: Die Kosten für Fisch, Erdäpfel und Teig sind ebenso gestiegen, wie die Preise für Speiseöl und Energie. Ein Kilo Kartoffeln kostet jetzt 27 Prozent mehr als vor einem Jahr, während ein panierter Weißfisch um fast ein Drittel teurer ist, rechnete der Telegraph unlängst vor. Und die Kosten für Öl haben sich um fast die Hälfte erhöht.
Regierung gefordert
„Minister lieben es, sich neben Chippies fotografieren zu lassen, weil das ihre Nähe zum Volk zeigt. Aber wenn es darum geht, diese 160 Jahre alte Institution zu unterstützen, sind sie nicht zu sehen“, sagt Crook, der in Euxton, Lancashire, seit 30 Jahren einen Take-away-Laden führt. „Ich habe eigentlich Computerprogrammieren studiert, aber ich wollte nach dem Studium dann keine Büro-Karriere starten. Meine Mutter hatte einen ,Fish and Chips‘-Shop; ich hatte Erfahrung in einem Supermarkt. Also habe ich mir gedacht, ich probier's.“ Es war die beste Entscheidung, erkannte er damals schnell. „Aber mittlerweile weiß ich nicht, wie lange wir noch so weitermachen können.“
Obwohl er das ganze Wochenende mit im Geschäft gestanden ist, reiche das Geld kaum zum Überleben. Eine weitere Filiale, die er eigentlich vermietet, steht seit 18 Monaten leer.

Eine Hilfsmaßnahme wünscht er sich also von der Regierung: „Die 20 Prozent Mehrwertsteuer müssen weg“, sagt Crook. „Die Regierung sagt, wir sollen die Steuer an die Konsumenten weitergeben. Aber es gibt nur einen gewissen Preis, den man Fast-Food verlangen kann.“
Teuere Preise machen Schlagzeilen
In den jüngsten Monaten haben teure Portionen bereits immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Vergangenes Monat sagte ein Ehepaar im Mirror, „beschämende“ 15 Pfund für Fisch und Chips würden sie davon abhalten, je wieder in nach Salcombe in Devon zu fahren.
Essigproduzent Sarson versucht, die Branche auf anderem Weg zu retten. Im Durchschnitt würden die Menschen im Vereinigten Königreich rund 380 Millionen Portionen Fisch und Chips pro Jahr essen. Das entspreche sieben Mahlzeiten pro Person. Sarson’s fordert die Briten auf, zwei weitere Portionen pro Jahr zu essen. Um das zu unterstützen, hat das Unternehmen den „Fryday“ ins Leben gerufen. Bis nächsten Februar werden jeden Freitag Gratisportionen verschenkt.
Für das Catch 22 kommt die Hilfe zu spät. Die Immobilie wird laut BristolWorld bereits um 36.700 Euro Jahresmiete dem nächsten Interessenten angeboten.
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