Wie sich Trump jetzt vor Gericht verteidigen will

Jack Smith hatte die Verteidigungsstrategie von Donald Trump bereits geahnt, als er die wuchtigste Anklageschrift gegen einen ehemaligen Präsidenten in der amerikanischen Geschichte diktierte. Tenor des Sonder-Ermittlers des Justizministers: Natürlich genieße Trump wie jeder Amerikaner das in der Verfassung geschützte Recht auf Meinungsfreiheit. Er könne also über den Wahlausgang von 2020 nach Belieben lügen.
Mit einer Einschränkung: Diese Lügen als „Treibstoff“ für eine betrügerische Verschwörung über mehrere Bundesstaatsgrenzen hinweg zu missbrauchen, um die Wahlresultate nachträglich zu seinen Gunsten zu manipulieren, das sei kriminell und strafrechtlich zu ahnden.
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Trumps derzeit tonangebender Verteidiger John Lauro gibt dabei einen wichtigen Fingerzeig: Trump, sagte er, habe sich bei seinen Bemühungen, eine Aberkennung des Biden-Sieges zu erreichen, ganz auf seine damaligen Berater und Rechtsanwälte verlassen.
Hintergrund: Unter den sechs bislang noch nicht angeklagten „Mitverschwörern“, die in der Anklageschrift anonym aufgeführt wurden, sind mit Rudy Giuliani, John Eastman, Sidney Powell und Kenneth Chesebro gleich vier frühere Top-Rechtsanwälte Trumps, die allesamt als Zeugen geladen werden können.
Sie hätten in unterschiedlicher Manier Trump mit erwiesenermaßen falschen Behauptungen und haltlosen Rechts-Theorien eingedeckt. Dagegen haben Dutzende hochrangige Regierungsoffizielle Trump ausdauernd und unmissverständlich erklärt, dass die Wahl auf faire Weise verloren und nicht zu beanstanden sei.
Die „Mitverschwörer“ hätten Trump jedoch eingeflüstert, dass der damalige Vize-Präsident Mike Pence, der am 6. Januar 2021 über die Zertifizierung des Biden-Sieges im Kongress zu wachen hatte, befugt sei, Wahlergebnisse einzelner Bundesstaaten zurückzuweisen und alternative (Trump-freundliche) Wahlmänner-Listen für das „electoral college“ zu akzeptieren. Pence weigerte sich nach ausführlicher Beratung mit Verfassungsrechtlern. Im Verlauf des von Trump inspirierten „Sturms aufs Kapitol“ in Washington trachteten marodierende Trump-Anhänger dem bis dahin stets loyal dienenden Politiker deswegen nach dem Leben.
„Du bist zu ehrlich“
In der Anklageschrift gegen Trump ist angedeutet, dass Pence Sonder-Ermittler Smith mit einer Fülle von bisher nicht bekannten Informationen versorgt hat, die aus Sicht von Trumps letztem Justizminister Bill Barr klar darauf hinweisen, dass Donald Trump „sehr bewusst“ war, dass er die Wahl klar verloren hatte. So sagte Trump zu Pence: „Du bist zu ehrlich.“
Im Prozess wird der wie Trump um die republikanische Präsidentschaftskandidatur für 2024 ringende Konservative in öffentlicher Verhandlung als Kronzeuge gegen seinen ehemaligen Chef aufgeboten. Ein Showdown, wie ihn die USA noch nie erlebt haben.
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