Wie Russland die Sanktionen trickreich umgeht

Russlands Rüstungsindustrie ist in Chips-Not
Waschmaschinenchips für Waffen: Zwischenhändler, die Kremlchef Putin helfen, könnten künftig auf EU-Straflisten landen

Wenn Kasachstan seit dem Vorjahr plötzlich drei Mal mehr Kühlschränke aus Europa importiert als sonst, hat dies ausschließlich mit seinem Nachbarstaat zu tun: Russland kann jedes einzelne Haushaltsgerät gut brauchen.

Genauer gesagt die darin eingebauten Chips. Denn diese, wenngleich noch immer nicht von der hochkomplexen Sorte, werden dringend für Militärgeräte benötigt. Auf direktem Weg kann Russland die für ihre Waffenindustrie erforderlichen Halbleiter nicht mehr importieren. Sie stehen auf den Sanktionslisten der EU, der USA, aber auch Japans und Taiwans.

Doch die Hoffnung des Westens, mit den Technologie-Sanktionen der russischen Rüstungsindustrie das Wasser abzugraben, hat sich bisher nicht erfüllt.

Da liefern zum einen noch immer China und Indien. Allein China und Hongkong decken fast die Hälfte des russischen Chipbedarfs.

Wie Russland die Sanktionen trickreich umgeht

Begehrte Halbleiter

Gefragte Milchpumpen

Und zum anderen hat Russland trickreich seine Handelsströme umgelenkt: Auffällig viel mehr Waschmaschinen wurden im Vorjahr nach Armenien geliefert. Ebenso verhielt es sich mit den Milchpumpen für die Türkei. Wenn armenische oder türkische Zwischenhändler die Ware dann nach Russland weiterverkauften, halfen auch neun Sanktionsrunden der EU dagegen wenig.

Die Niederlande und neun weitere EU-Staaten fordern nun: Derartige Firmen in Drittländern, die Russland dabei helfen, die Sanktionen zu umgehen, sollen ebenfalls unter die Lupe genommen werden und schlimmstenfalls auf EU-Straflisten landen.

Nichts von einem Kollaps zu sehen

Von einem „Kollaps auf irgendeinem Sektor der russischen Verteidigungsindustrie ist nichts zu sehen“, konstatiert die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in ihrer jüngsten Studie. Und auch noch „für einen beachtlichen weiteren Zeitraum können die russischen Streitkräfte mit dem nötigen Nachschub versorgt werden“.

Doch völlig wirkungslos sind die Sanktionen nicht: Die Produktion mehrerer Hightech-Waffensysteme musste Russland entweder reduzieren oder ganz einstellen.

So etwa fehlen für Kh-101-Marschflugkörper die nötigen westlichen Bauteile – ebenso wie für bestimmte Militärfahrzeuge oder den satellitengesteuerten Raketenwerfer Tornado. Mit Chips aus Waschmaschinen sind diese hochmodernen Waffensysteme nicht in Schwung zu bringen.

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