Warum die AfD im Osten so stark ist

Warum die AfD im Osten so stark ist
Sind Ostdeutsche anfälliger für Rechts-Parteien, wie Marco Wanderwitz meint? Die DDR und die Nicht-Aufarbeitung des Nationalsozialismus spielen jedenfalls eine große Rolle.

Viele Ostdeutsche seien anfällig für rechtsradikale Parteien – der Satz des Ostbeauftragten der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), löste kürzlich eine große Debatte aus, weil er sagte, es habe mit der Diktatursozialisierung vieler Menschen zu tun: Sie wären nicht in der Demokratie angekommen. Ein Befund, der näher erklärt werden muss.

Die DDR spielt tatsächlich eine große Rolle, vor allem die Nicht-Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Der in der Bevölkerung vorhandene Rassismus und Rechtsextremismus wurde im Sinne des gesellschaftlichen Ideals von der homogenen Gesellschaft totgeschwiegen, sagt Journalist und Autor Michael Kraske. Dabei gab es Pogrome gegenüber Vertragsarbeitern – die wenigen Migranten, mit denen die DDR-Bewohner Kontakt hatten.

Neonazis aus dem Westen

Neonazis und Funktionäre der rechtsextremen NPD, die nach der Wende aus dem Westen "rübergingen", konnten an fremdenfeindliche Einstellungen anknüpfen. Durch fehlende zivilgesellschaftliche Strukturen bauten sie Netzwerke auf. Ihre Umtriebe wurden von regierenden Parteien wie der CDU lange kleingeredet und verharmlost. "Die Sachsen sind immun gegen Rechtsextremismus", sagte der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. Gleichzeitig versuchte sie, das nationale Bewusstsein zu stärken.

Fehler bei der Wiedervereinigung

Politikwissenschaftlerin Kerstin Völkl von der Universität Halle-Wittenberg ortet den Ursprung der Wut auch in Fehlern bei der Wiedervereinigung. "Viele Menschen haben damals ihre Jobs verloren. Das Gefühl von der Abstiegsangst ist sehr ausgeprägt und wurde durch die Erfahrungen mit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2008/’09 nochmals verstärkt." Auch dass damals ein westliches System einfach über das ostdeutsche übergestülpt wurde, hätten viele nicht verdaut. "Die AfD trifft mit ihren Parolen gegen das Establishment einen Nerv, indem sie den bisher Regierenden den Schwarzen Peter zuschiebt. Ein Teil der Bürger ist auf dieser emotionalen Ebene sehr ansprechbar."

Die Bundesrepublik sei eine "DDR 2.0" trommelte die AfD bei den Wahlen 2019 in Brandenburg, Sachsen und Thüringen und plakatierte Sprüche wie "Vollende die Wende". Mit der Pandemie und damit verbundenen Einschränkungen spann sie die Erzählung weiter und spricht von der "Corona-Diktatur".

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