Von der Leyen: Kein fester Zeitplan für EU-Beitritt

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EU-Ratschef sagt Kiew Hilfe "auf jede erdenkliche Weise" zu. Berlin hat grünes Licht für die Lieferungen von Leopard-1-Panzern gegeben.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sieht keinen starren Zeitplan für eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine. Die Politikerin erinnerte bei einer Pressekonferenz am Freitag anlässlich ihres Besuchs in Kiew daran, dass die Ukraine für einen Beitritt verschiedene Ziele erfüllen müsse. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hatte vor den Gesprächen EU-Beitrittsverhandlungen noch in diesem Jahr gefordert.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel forderte Selenskij Sanktionen der Europäischen Union, die sicherstellen sollen, dass Russland seine militärischen Kapazitäten nicht wieder aufbauen kann. "Die EU wird Sie solange wie nötig auf jede erdenkliche Weise unterstützen", versprach Michel am Freitag zum Abschluss eines EU-Ukraine-Gipfels in Kiew. Die Zukunft der Ukraine liege in der Europäischen Union, betonte der Belgier. Die EU und die Ukraine seien eine Familie. "Ihr Schicksal ist unser Schicksal. Die EU werde den Druck auf Russland erhöhen, damit das Land den Krieg beende, versicherte Michel.

Der EU-Ukraine-Gipfel in Kiew ist der erste seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar vergangenen Jahres. Er wird unter strengen Sicherheitsvorkehrungen organisiert.

EU-Ukraine summit in Kyiv

Die 27 EU-Staaten haben sich darauf verständigt, dass vor Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine Reformversprechen eingelöst werden müssen. Dabei es geht unter anderem um das Auswahlverfahren von Verfassungsrichtern und die Bekämpfung von Korruption - insbesondere auf hoher Ebene. Auch fordert die EU, dass Standards im Kampf gegen Geldwäsche eingehalten werden und ein Gesetz gegen den übermäßigen Einfluss von Oligarchen umgesetzt wird.

Selenskij sagte nach dem Gipfel, man werde bei der Arbeit für die Annäherung an die EU "nicht einen einzigen Tag verlieren". Ziel sei, so schnell wie möglich Verhandlungen über einen Beitritt aufzunehmen. Die Ukraine ist seit vergangenem Jahr bereits Beitrittskandidat.

EU-Ukraine summit in Kyiv

Landesweiter Luftalarm

Überschattet wurde der EU-Ukraine-Gipfels am Freitag in Kiew schon zu Beginn von einem landesweiten Luftalarm in der Früh. Der Luftalarm wurde Angaben aus der ukrainischen Hauptstadt zufolge wegen des Einsatzes russischer Kampflugzeuge im Luftraum über Belarus ausgelöst. Von dort aus werden regelmäßig Raketen in Richtung Ukraine abgefeuert.

Die Ukraine versucht nach den Worten Selenskijs, die Stadt Bachmut im Osten des Landes so lange wir möglich zu halten. "Wir betrachten Bachmut als unsere Festung", sagte Selenskij bei der Pressekonferenz mit EU-Vertretern. Der Präsident erneuert im Zusammenhang mit der Verteidigung von Bachmut seine Forderungen nach Langstreckenwaffen.

Von der Leyen war bereits seit Donnerstag in Kiew. Die frühere deutsche Verteidigungsministerin kündigte weitere finanzielle, militärische und humanitäre Hilfe an. So sollen 150 Millionen Euro für den Wiederaufbau der von Russland zerstörten Energie-Infrastruktur bereitgestellt werden. Zudem wird die EU weitere 2.400 Stromgeneratoren zur Verfügung stellen. Bis zum ersten Jahrestag des Kriegsbeginns soll auch ein neues Paket mit Russland-Sanktionen beschlossen werden.

Die deutsche Bundesregierung erteilte unterdessen eine Exportgenehmigung für Kampfpanzer des Typs Leopard 1 in die Ukraine. Das bestätigte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Bisher hatte Berlin nur die Lieferung der moderneren Leopard-2-Panzer aus Bundeswehrbeständen in die von Russland angegriffene Ukraine angekündigt.

Der Leopard 1 ist der erste Kampfpanzer, der für die Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Er wurde zwischen Mitte der 60er und Mitte der 80er Jahre produziert. Die in der vergangenen Woche zugesagten 14 Leopard-2-Panzer sind deutlich moderner.

Der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk kritisierte, die Exportgenehmigung der Bundesregierung für Leopard-1-Kampfpanzer hätte bereits viel früher kommen können. Das Düsseldorfer Unternehmen Rheinmetall habe bereits im April vergangenen Jahres angeboten, 88 Leopard 1A5 in die Ukraine zu liefern, sagte der frühere ukrainische Botschafter der Deutschen Presse-Agentur.

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) bezeichnete das Gipfeltreffen am Freitag als "starkes Signal, das zeigen soll: Die EU steht fest an der Seite der Ukraine und ihrer Bevölkerung". Zugleich sprach sich Edtstadler einmal mehr gegen ein Schnell-Aufnahmeverfahren in die EU aus. "Auch wenn es im Beitrittsprozess keine Abkürzung gibt, werden wir die Ukraine auf ihrem Weg in die Europäische Union unterstützen", so die Europaministerin im Kurznachrichtendienst Twitter.

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