von Geoffrey Ebner
Der EU sind Goldene Visa und goldene Staatsbürgerschaften schon lange ein Dorn im Auge. Zu hoch seien die Risiken von Korruption, Geldwäsche und kriminellen Profiteuren. Solche Programme wurden zuletzt in zahlreichen EU-Staaten ausgesetzt – zuletzt in Spanien. Ganz anders die USA mit ihrem Präsidenten: Donald Trump will zwar bis zu elf Millionen illegaler Migranten aus dem Land werfen, ausländische Multimillionäre aber sind durchaus willkommen: 5 Millionen Dollar müssten die reichen Interessenten auf den Tisch blättern, dafür bekämen sie Aufenthaltsrecht in den USA, kündigte Trump ein neues Einwanderungsprogramm an.
Dafür soll die Green Card-Lotterie, über die jährlich bis zu 55.000 Menschen aus aller Welt in die USA kommen, abgeschafft werden. Trump: „Warum sollten wir sie verschenken?" Zielmarke sei, sagt der US-Präsident, dass bis zu eine Million reicher Menschen diese fünf Millionen Dollar teure "Golden Card" kaufen.
Und Österreich?
Österreich hat eines der restriktivsten Staatsbürgerschaftsrechte in Europa. Viele Personengruppen werden ausgeschlossen, Vorgaben gibt es genug.
Trotzdem gibt es auch in Österreich ein Programm, dass es wenigen privilegierten Personengruppen besonders leicht macht, an die Staatsbürgerschaft zu gelangen: etwa bekannte Sportler, anerkannte Wissenschaftlerinnen, namhafte Künstler und erfolgreiche Unternehmer.
Der Paragraf 10, Absatz 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes sieht für diese Personen nämlich die „Verleihung der Staatsbürgerschaft im besonderen Interesse der Republik“ vor. Die gesetzlichen Bestimmungen sind aber so vage und die Einbürgerungsprozesse so undurchsichtig, dass ein Missbrauch des Paragrafen nicht ausgeschlossen werden kann.
„In Malta klebt ein Preispickerl auf der Staatsbürgerschaft. Das kann man kritisieren und das würde ich auch kritisieren. Auf der anderen Seite kann man argumentieren, dass das wenigstens eine relativ klare Regelung ist, während die Vergabe in Österreich sehr intransparent ist“, meint Gerd Valchars, Politikwissenschaftler mit Spezialisierung auf Staatsbürgerschaftspolitik.
Wer entscheidet, wer Österreicher sein darf?
2012 sorgte ein Skandal in Kärnten für den Rücktritt des stellvertretenden Landeshauptmannes, Uwe Scheuch. Scheuch, der außerdem Parteichef der Kärntner FPÖ war, hatte 2010 einem russischen Investor die österreichische Staatsbürgerschaft im Gegenzug für eine satte Parteispende versprochen.
Staatsbürgerschaften sind normalerweise Ländersache. Bei einer Staatsbürgerschaft im besonderen Interesse der Republik müssen jedoch die zuständigen Ministerien und letztlich der Ministerrat darüber entscheiden, ob ein besonderes Interesse besteht. Das Kulturministerium setzt Künstler und das Bildungsministerium setzt Wissenschaftler auf eine Liste, über die der Ministerrat periodisch abstimmt.
Auch das Innenministerium ist immer eingebunden und zusätzlich das Außenministerium, wenn der Antragsteller im Ausland lebt. Die Bundesländer führen den Auftrag lediglich durch. Auch wenn formal der Bund zuständig ist, können trotzdem andere Akteure ihre Hand im Spiel haben.
Uwe Scheuch, der kein Minister war, hatte angeboten, die Staatsbürgerschaft über parteiinterne Kanäle und Kontakte in die Ministerien einzufädeln.
Wer ist geeignet, Österreicher zu werden?
Der Fall Scheuch hatte zur Folge, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft im besonderen Interesse der Republik für zwei Jahre ausgesetzt wurde. Danach wurde ein Kriterienkatalog eingeführt, den Kandidaten erfüllen sollten. Bei einer Verleihung wegen künstlerischen Leistungen sollten diese etwa „einen wesentlichen Beitrag zum Kunstgeschehen Österreichs“ leisten. Menschen aus der Wirtschaft sollten unter anderem zur „Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen am österreichischen Arbeitsmarkt in relevantem Ausmaß“ beitragen.
Der Kriterienkatalog hat aber keine Gesetzeskraft, ist lediglich Leitlinie und muss daher nicht unbedingt eingehalten werden. Darüber hinaus sind viele Punkte sehr vage formuliert und haben keinen numerischen Maßstab. „Es wurde durchaus bewiesen, dass die Intransparenz dieser Form der Staatsbürgerschaftsverleihung Korruption Tür und Tor öffnet. Das hat sich durch die Einführung des vagen Kritierienkatalogs auch nicht geändert“, sagt Politikwissenschaftler Valchars.
Insgesamt wurden 2023 fast 20.000 Personen in Österreich eingebürgert. Die Staatsbürgerschaft im besonderen Interesse der Republik erhalten im langjährigen Durchschnitt etwa 39 Personen pro Jahr.
Die Namen der potenziellen Neo-Österreicher werden momentan in den Ministerratsprotokollen veröffentlicht – dazu die berufliche Tätigkeit oder Funktion, z.B. „Bergläufer“ oder „Geschäftsführer bei Deichmann GmbH“. Die Protokolle klären aber nicht darüber auf, welche der Kriterien die Bewerber erfüllt haben. Bezüglich der Entscheidungsfindung der Ministerien gibt es keine Transparenz.
Österreichische Staatsbürgerschaft im Schnelldurchlauf
Viele Bestimmungen, die es regulären ausländischen Staatsbürgern schwer machen, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen, fallen für prominentere Ausländer weg. Die Staatsbürgerschaft im besonderen Interesse der Republik kann verliehen werden, wenn die Kandidaten kein Wort Deutsch können und noch nie in Österreich gelebt haben. Die ausländische Staatsbürgerschaft dürfen sie behalten, obwohl Österreich normalerweise streng gegen Doppelstaatsbürgerschaften vorgeht.
Auch Sicherheitsvorkehrungen fallen weg: Die Unbescholtenheitsprüfung wird deutlich lockerer gehandhabt, das Einkommen muss nicht bekanntgegeben werden. „Ich sehe es problematisch, dass die österreichische Staatsbürgerschaft einerseits extrem restriktiv vergeben wird – und es auf der anderen Seite für einige ausgewählte Personen sehr einfach ist, die Staatsbürgerschaft zu bekommen“, meint Valchars.
Kommentare