Kann eine indisch-stämmige Frau Donald Trump das Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur in Amerika noch streitig machen?
Vor der für dieses Jahr letzten TV-Debatte der vier noch übrig gebliebenen Kandidaten an diesem Mittwoch (wahrscheinlich exklusive Trump, der die Show wohl wieder schwänzen wird) in Tuscaloosa im Süd-Bundesstaat Alabama dreht sich fast alles um Nikki Haley.
Milliardäre aus der Finanzwelt und bekannte Unternehmer geben sich gerade bei der Ex-Gouverneurin von South Carolina gerade die Klinke in die Hand.
Sie hatte in den vorangegangenen Debatten bella figura gemacht. Vor allem der auf Publicity erpichte Jung-Star Vivek Ramaswamy (38) bekam ihre mit einem Zahnpasta-Lächeln vorgetragenen Breitseiten zu spüren: “Jedes Mal, wenn ich Dir zuhöre, fühle ich mich etwas dümmer.”
Stark genug für Trump?
Ramaswamy, muss man der Fairness halber anfügen, ist allerdings ein Leichtgewicht. Die solventen Geldgeber wollen vielmehr ein Gefühl dafür entwickeln, ob die Ehefrau eines gerade im Auslandseinsatz steckenden Nationalgardisten auch das Zerstörungspotenzial besitzt, um “Koloss” Trump zu bezwingen.
Auch, weil der eigentlich als Herausforderer gehandelte Florida-Gouverneur Ron DeSantis stetig abfällt, wird in politischen Kreisen rauf und runter analysiert, ob die als Nimarata Nikki Randhawa im kleinen Städtchen Bamberg nordwestlich von Charleston geborene Politikerin mehr ist als nur eine Projektionsfläche der “Never-Trumper” im konservativen Spektrum. Der Papierform nach, die Trump in Umfragen mit bis zu 50 Prozentpunkten vorne sieht, wird das schwer.
Dennoch träumt sich das Haley-Lager eine Roadmap zur Nominierung beim Parteitag in Milwaukee im Sommer zusammen. Und so sieht diese aus: Zum Vorwahl-Auftakt in Iowa (15. Januar) lässt Haley den strauchelnden DeSantis hinter sich und verringert den Abstand zum haushoch favorisierten Trump.
Die Hoffnung auf ein "Nikkimentum"
Sollte Trump im platten Bauern-Bundesstaat substanziell schlechter abschneiden als es die Umfragen seit einem Jahr abbilden, wollen Haleys Strategen daraus Rückenwind für Vorwahl Nr. 2 generieren. In New Hampshire, wo auch Parteiunabhängige vorwählen dürfen, könnte sich dann am 23. Januar mit dem politischen Segen des beliebten Gouverneurs John Sununu für Haley eine zusätzliche Dynamik entfalten.
Mit einem stabilen zweiten Platz hinter Trump könnte für Haley bis zum 24. Februar, wenn in ihrem Heimatbundesstaat South Carolina an die Urnen gerufen wird, ein besonderes Momentum (“Nikkimentum”) entstehen, dass die 51-Jährige als gemäßigte, Drama- Skandal- und Prozess-freie Alternative zu Trump für republikanische Wählerschichten attraktiv macht. Soweit die Spekulation.
Seit offiziell ist, dass der milliardenschwere Unternehmer und Trump-Hasser Charles Koch Haley sein landesweit über Tausende Helfer verfügendes Aktionskomitee “Americans for Prosperity” und einen zweistelligen Millionenbetrag zur Verfügung stellt, halten moderate Republikaner-Kreise das Kalkül für “nicht völlig aus der Welt”.
Situationselastische politische Positionen
Aber da hat Donald Trump noch ein Wörtchen mitzureden. Er ist bekanntermaßen groß darin, andere klein zu machen. Haley nennt er ein “Spatzenhirn”. Und spricht ihr die Fähigkeit ab, in seinem Wähler-Reservoir zu wildern. Tenor: Nicht standhaft genug, zu viel Wendehälsin.
Haleys Elastizität, was politische Positionen angeht, ist in der Tat außerordentlich. Am besten lässt sich das an ihrem Umgang mit dem geliebt-gehassten Enfant terrible der Republikaner illustrieren. 2016, als Donald Trump zum ersten Mal nach der Macht griff, gab sie sich resolut. “Ich werde nicht ruhen, bis wir einen Mann bekämpfen, der es ablehnt, sich vom rassistischen Ku-Klux-Klan zu distanzieren. Das passt nicht in unsere Partei. So einen wollen wir nicht als Präsidenten.”
Wenige Monate später, als Trump ins Oval Office eingezogen war, warf sie ihre Bedenken über Bord, und ließ sich von Trump als US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen nach New York entsenden. Noch mehr Zick-Zack-Kurs legte sie an den Tag, als Trump mit aller Macht die verlorene Wahl gegen Joe Biden in einen Sieg umdichten lassen wollte. “Jetzt, wo er aus dem Amt ist, schlagen sie ihn”, bekundete die zweifache Mutter dosiertes Mitleid.
Um nur zwei Wochen später zu konstatieren, Trump habe Amerika und die Partei im Stich gelassen: "Wir hätten ihm nicht folgen dürfen, wir hätten ihm nicht zuhören sollen. Und wir dürfen das nicht noch einmal geschehen lassen.”
Kandidatur entgegen der ursprünglichen Ankündigung
Monate nach dem Umsturzversuch im Kapitol von Washington, als Trump in Umfragen unverändert weit oben rangierte, lieferte Haley eine Loyalitätsbekundung ab: Sie werde 2024 niemals gegen Trump kandidieren. Auch das ist bekanntlich Schnee von gestern.
Trumps Kampagne wird all das gegen sie in Stellung bringen. Vor allem ihre Begründung, warum sie vor über 20 Jahren überhaupt in die Politik ging. Nikki Haley hatte nach eigenem Bekunden einen inspirierenden Vortrag einer Frau gehört, die bei 90 Prozent der Republikaner auf dem Geht-gar-nicht-Index steht: Hillary Clinton.
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