Hohe Erwartungen bei zweitem Treffen von Trump und Kim

US-Präsident Trump geht innenpolitisch angeschlagen ins Treffen mit Nordkoreas Kim. Was er braucht, ist ein Erfolg.

Mit einer Absichtsbekundung wie bei der Premiere in Singapur vor acht Monaten wird es diesmal nicht getan sein. Bevor US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un in Hanoi (Vietnam) zu ihrem zweiten Atom-Gipfel zusammenkommen, sind die Erwartungen entschieden höher. Die USA verlangen vollständige nukleare Abrüstung; Pjöngjang besteht zuvor auf Lockerung des ökonomischen Knebels. Trump steht innenpolitisch aber massiv unter Beschuss. Stichwort: Mauerbau und Russland-Affäre. Regierungskreise in Washington befürchten, dass sich der Präsident über den Tisch ziehen lässt, um einen Erfolg zu vermelden.

Das Treffen findet Mittwoch und Donnersrtag statt. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen ist Nordkoreas Machthaber bereits in Hanoi eingetroffen, nach einer Reise über 4.500 Kilometer in seinem Sonderzug zur Grenze zwischen Vietnam und China und im Anschluss mit dem Auto.

Was ist das Kern-Problem?

Trump will, dass der Diktator seine Raketen und Sprengköpfe aufgibt und sämtliche Aktivitäten einstellt, die zur Herstellung von Atomwaffen notwendig sind. In Singapur stellte Kim – bei substanziellem Entgegenkommen der Amerikaner – die „vollständige Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel“ in Aussicht. Was das genau heißt, ist seither offen. Trumps Nordkorea-Emmissär Stephen Biegun sagte, dass beide Seiten noch kein Verständnis entwickelt haben, was „Denuklearisierung“ bedeutet. Biegun räumte auch ein, dass er nicht wisse, ob Pjöngjang die Grundsatz-Entscheidung getroffen hat, sich von Massenvernichtungswaffen zu trennen.

Hohe Erwartungen bei zweitem Treffen von Trump und Kim

Kim Jong-un und Trump - seit ihrem Treffen spricht der US-Präsident von dem Nordkoreaner nur mehr in den höchsten Tönen

Was verlangen die Amerikaner?

Bisher gibt es keine lückenlose Übersicht, wie viele Raketen und Sprengköpfe Nordkorea besitzt, wo sie gelagert sind und wie viele Einrichtungen zur Anreicherung existieren. Auswärtige Inspektoren haben keinen uneingeschränkten Zugang in Nordkorea. Es gibt keinen Fahrplan, bis wann die „Denuklearisierung“ erfolgen soll. Ohne diese Informationen könne „kein wirkliches Vertrauen geschaffen werden“, heißt es in Washington.

Wovon macht Kim Jong-un nukleare Abrüstung abhängig?

Lockerung der Sanktionen, die für Hunger und Armut sorgen. Laut UN-Kinderhilfswerk Unicef kann die Ernährung von 11 Mio. der 25 Mio. Nordkoreaner nicht mehr gewährleistet werden. Dazu will Kim eine formale Beendigung des Korea-Krieges. Bisher existiert nur ein Waffenstillstand. Weitere Wünsche: Einrichtung eines US-Verhandlungsbüros in Pjöngjang, Wiedereröffnung von Verkehrslinien zu Südkorea, Aufnahme von Handelsbeziehungen mit dem Nachbarn, Abzug der 30.000 US-Soldaten aus Südkorea, Einstellung von Militärmanövern der USA mit Südkorea.

Wozu ist Trump bereit?

Die Beendigung des Korea-Krieges, nicht zu verwechseln mit einem Friedensvertrag, an dem auch China beteiligt werden müsste, liegt im Bereich des Möglichen. Auch kann sich Trump vorstellen, Nordkorea wirtschaftlich mehr Luft zu geben. Ein Truppen-Abzug steht nicht zur Debatte.

Verhält sich Nordkorea vertrauenswürdig?

Trump sagt: im Prinzip ja. Dass es seit dem Singapur-Gipfel keine Raketentests und keine Drohungen gab, dass einzelne Startrampen und Testgelände zerstört und die Überreste gefallener GIs aus dem Korea-Krieg sowie einige Geiseln übergeben wurden, reicht ihm offenbar. Der US-Präsident spricht seit Singapur nur in den höchsten Tönen von Kim.

Was sagen Trumps Experten und unabhängige Fachleute?

John Bolton, Nationaler Sicherheitsberater Trumps, sowie Akteure im Verteidigungs- und Finanzministerium haben laut Washington Post große Zweifel. Ihr Tenor: Verhandlungen ohne Vorbedingungen verleihen Kim unnötig Legitimität. Sie warnen Trump vor medienwirksamen Zugeständnissen. Das könnte eine Eskalation auslösen, würde der Nachweis erbracht, dass Nordkorea heimlich weiter ein Atomprogramm betreibt.

Gibt es dafür Anzeichen?

US-Geheimdienst-Koordinator Dan Coats erklärte im Geheimdienstausschuss des Senats, dass alle US-Dienste Zweifel an der Lauterkeit Pjöngjangs haben. Hintergrund: An mindestens einer Raketenbasis wird offenbar an Bunkern gearbeitet, die für die Stationierung von Interkontinentalraketen taugen.

Was sagen unabhängige Wissenschafter?

Das „Center of International Security and Cooperation“ an der Stanford Universität in Kalifornien berichtet, dass Nordkorea seit dem Gipfel in Singapur knapp acht Kilogramm waffenfähiges Uran und Plutonium produziert hat. Damit könnte das Nuklear-Arsenal von ca. 30 Waffen auf 37 erhöht werden.

Welches Erwartungsmanagement betreibt Trump?

Er nimmt das Tempo aus den Verhandlungen. „Ich habe es nicht eilig“, sagte der Präsident vor seiner Abreise. Dem Gipfel in Vietnam würden weitere folgen, deutete am Sonntag auch Außenminister Mike Pompeo an.

Hohe Erwartungen bei zweitem Treffen von Trump und Kim

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