USA: Der linke Oldie will es nochmals wissen

USA: Der linke Oldie will es nochmals wissen
Bernie Sanders, 77, will demokratischer Präsidentschafts-Kandidat werden, schon 2016 sorgte er so für Furore

Bei den Demokraten, die am 3. November 2020 Donald Trump aus dem Weißen Haus vertreiben wollen, reicht es bereits für das Aufgebot einer Fußball-Mannschaft plus Ersatztorhüter. Mit Bernie Sanders hat gestern der zwölfte Aspirant angekündigt, in die in knapp einem Jahr im Arbeiter- und Bauern-Bundesstaat Iowa beginnenden parteiinternen Vorwahlen ins Rennen zu gehen. Mit dem 77-jährigen Senator steigt nicht nur der bisher älteste Bewerber in das Schaulaufen – sondern auch der erfahrenste.

2016 gewann der Sohn polnisch-jüdischen Einwanderer aus Brooklyn/New York in 23 Bundesstaaten mit seinem auf Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit basierenden Programm und einer Graswurzel-Organisation von Kleinspendern die „primaries“. Er musste sich am Ende der später gegen Trump gescheiterten Establishment-Kandidatin Hillary Clinton geschlagen geben.

Trotz seines Alters, Sanders wäre am kommenden Wahltag 79 Jahre, schaffte es der weißhaarige Polit-Routinier, gerade bei Wählern unter 30 zu punkten. Noch kurz vor dem Nominierungsparteitag im Sommer 2016 war auf dem linken Flügel der Partei die Ansicht verankert, dass sich Sanders glaubwürdiger der Sorgen der wirtschaftlich Abgehängten annehmen würde als Clinton.

Stramm gegen Trump

Programmatisch hat sich bei Bernie Sanders seit 2016 nichts Substanzielles getan. Seine zentralen Vorschläge sind nahezu unverändert: Mindestlohn von 15 Dollar, höhere Steuern für Reiche, allgemeine Krankenversicherung, kostenloses Studium an öffentlichen Universitäten und ein engagiertes Vorgehen gegen den Klimawandel.

Was sich gewandelt hat, ist das Umfeld. Sanders’ Meinung über Trump („Lügner, Betrüger, Rassist, Sexist, Fremdenhasser und ein Mann, der uns in Richtung Autokratie führt“) ist links der Mitte überall mehrheitsfähig. Auch seine auf Zähmung des Raubtier-Kapitalismus zielenden Heilmethoden genießen nicht mehr den Status des Alleinstellungsmerkmals. Viele Konkurrentinnen und Konkurrenten haben Positionen des einstigen „Underdogs“ übernommen, die von Trump mit dem Label „Sozialismus“ abqualifiziert werden.

Ob Sanders in der Bevölkerung als das „Original“ wahrgenommen wird oder ob sich der Alters-Malus auswirkt, ist offen. Sanders hat dies einkalkuliert, als er sich mit dem Shootingstar der Demokraten, Alexandria Ocasio-Cortez, kurz AOC, solidarisierte. Die 29-jährige Kongress-Abgeordnete, die einst für Sanders Wahlkampf machte, hat gerade die Ideen-Skizze eines ökologischen Umbaus in Amerika vorgelegt. Sanders unterstützt den „green new deal“. Sollte sich AOC für Sanders aussprechen, bekäme der „alte, weiße Mann viel Wind unter die Flügel“, sagen demokratische Parteistrategen.

Mit dem Antritt von Sanders scheint es nur noch eine Frage von wenigen Wochen, bis die als gemäßigt-zentristisch geltende Alternative, der andere „Oldie“ der Demokraten, Ex-Vize-Präsident Joe Biden (76), seinen Hut in den Ring wirft. Biden wie Sanders halten sich nach eigenen Worten für am besten geeignet, um Trump zu stürzen.

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