Obama versucht Befreiungsschlag

Ein Porträt von Barack Obama in einem dunklen Anzug.
Nach Bespitzelungsvorwürfen und Steuer-Affäre versucht sich der US-Präsident in Schadensbegrenzung.

US-Präsident Barack Obama versucht sich aus dem Würgegriff der Republikaner zu befreien. Als ersten Schritt nach vorne hat Obama am Mittwoch für die Entlassung des Chefs der Steuerbehörde IRS gesorgt. Die IRS hatte gezielt konservative Oppositionsgruppen ins Visier genommen. Außerdem veröffentlichte das Weiße Haus einen E-Mail-Austausch zum Terroranschlag auf das US-Konsulat im libyschen Benghazi.

Obamas Image als Saubermann ist aber dahin. Obama muss jetzt seine Handlungsfähigkeit bewiesen, sonst droht er in der zweiten Amtszeit zur „lame duck“, also zu einer politisch lahmen Ente, zu mutieren. Insgesamt hat sich der US-Präsident an drei Fronten zu verteidigen: Im Steuerskandal entlässt er den Chef der Finanzbehörde, er unterstützt das Pressegesetz, um Journalisten zu besänftigen, und lässt vertrauliche Dokumente zum Benghazi-Anschlag veröffentlichen.

Steuer-Affäre um Tea Party

Die Skandale sind zu einer schweren Belastung für Obama geworden, der seine erste Amtszeit noch weitgehend unbeschadet von innenpolitischen Affären überstanden hatte. Im Steuer-Skandal zeigte sich Obama um Schadensbegrenzung bemüht. Die Benachteiligung der konservativen Organisationen durch die IRS sei "unentschuldbar", sagte Obama. "Die Amerikaner haben ein Recht, darüber wütend zu sein, und ich bin wütend darüber." Sein Finanzminister Jack Lew habe IRS-Chef Steven Miller zum Rücktritt gedrängt, der Spitzenbeamte sei der Aufforderung nachgekommen. Obama versprach eine bessere Aufsicht in der Behörde, damit sich die Vorgänge nicht wiederholen.

Die IRS hatte eine besonders intensive Kontrolle von politischen Gruppen eingeräumt, die eine Steuerbefreiung als gemeinnützige Organisation beantragt hatten und Wörter wie "Tea Party" oder "patriotisch" in ihren Namen trugen. Das sind meist den oppositionellen Republikanern nahestehende Gruppen, die einen starken Zentralstaat und hohe Steuerabgaben ablehnen Einem internen Bericht zufolge legte die IRS bei ihren Überprüfungen seit 2010 "unangemessene Kriterien" an. Die zweifelhaften Praktiken gingen über einen Zeitraum von mehr als 18 Monaten und führten zu Verzögerungen bei den Anträgen.

Die Republikaner werfen Obama vor, es mit Hilfe der IRS auf konservative Organisationen abgesehen zu haben. Der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, forderte harte Konsequenzen: "Meine Frage zielt nicht darauf ab, wer zurücktritt. Meine Frage lautet: 'Wer wandert wegen dieses Skandals ins Gefängnis?'"

Die vermeintlichen Hintergründe des Benghazi-Anschlags

Die Reaktion von Obamas Regierung auf den Benghazi-Anschlag ist für das konservative Lager bereits seit Monaten ein Aufreger. Bei der Attacke radikaler Islamisten im September 2012 waren der Botschafter Chris Stevens und drei weitere US-Bürger ums Leben gekommen. Die Republikaner werfen Obama vor, die terroristischen Hintergründe der Attacke aus Wahlkampfgründen zunächst verschleiert zu haben.

Nachdem Obama die Vorwürfe noch am Montag als "politischen Zirkus" abgetan hatte, machte er am Mittwoch 100 Seiten E-Mails aus den Tagen nach dem Benghazi-Anschlag öffentlich, in denen die Entwicklung der Position seiner Regierung deutlich wird. Zunächst wurden spontane Proteste statt Terroristen verantwortlich gemacht. Dabei scheint aber der Geheimdienst CIA und nicht wie von den Republikanern kritisiert das Weiße Haus oder das Außenministerium die offizielle Haltung zu den Hintergründen des Anschlags geprägt zu haben.

Bespitzelungsaktion gegen Journalisten

Schließlich versuchte der Präsident auch die Kritik wegen des Spähangriffs auf die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) zu kontern, indem er seine Unterstützung für ein Gesetz zum besseren Schutz journalistischer Quellen erklärte. Nach Angaben des Weißen Hauses setzte sich der Präsident im Kongress persönlich für einen Gesetzentwurf zur Stärkung des Redaktionsgeheimnisses ein, der seit dem Jahr 2009 im Senat feststeckt. Die Vorlage werde nun erneut eingebracht, sagte Obamas Sprecher Jay Carney am Mittwoch.

Das Justizministerium hatte sich im vergangenen Jahr heimlich die Verbindungsdaten von mehr als 20 Telefonanschlüssen von Büros und Journalisten von AP beschafft. Die Aktion hängt offenbar mit Ermittlungen zu einer Weitergabe vertraulicher Informationen über einen vereitelten Terroranschlag zusammen, über den die Agentur im Mai 2012 berichtet hatte.

Wegen der AP-Bespitzelung geriet Justizminister Minister Eric Holder im Rechtsausschuss des Repräsentantenhauses unter Druck. Er beharrte darauf, dass er an dem Vorgang nicht persönlich beteiligt gewesen sei. "Ich bin nicht die Person, die mit der Entscheidung etwas zu tun hatte." Er sei mit dem Fall "nicht vertraut". Sein Stellvertreter habe den Zugriff geleitet.

Obama muss Handlungsfähigkeit beweisen

Schon in der Vergangenheit waren US-Präsidenten in ihrer zweiten Amtszeit besonders Skandal-anfällig: Bill Clinton etwa hatte seine Monika-Lewinsky-Affäre. Ronald Reagan hatte schweren Ärger wegen der Iran-Contra-Affäre, in der es um geheime Waffenverkäufe an den Iran ging; die Einnahmen wurden an die anti-kommunistische Guerilla in Nicaragua umgeleitet.

Die Zeit, in der er noch voll handlungsfähig ist, wird für Obama knapp. "Normalerweise hat er (der Präsident) nur bis zu den Midterm-Wahlen Zeit, um seinen Willen in Washington durchzusetzen", meint die Washington Post. Die Kongresswahlen in der Mitte des vierjährigen Präsidentschaftsmandats sind bereits im nächsten Jahr.

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