US-Regierung: Israelische Siedlungen nicht länger illegal

Trump will nichts falsch gemacht haben
Der Schritt reiht sich ein in eine Serie pro-israelischer Entscheidungen. Und kommt zu einem heiklen Zeitpunkt.

Die US-Regierung vollzieht eine weitere Kehrtwende in der Nahost-Politik - sie sieht im israelischen Siedlungsbau im Westjordanland keinen Verstoß gegen internationales Recht mehr. US-Außenminister Mike Pompeo sagte am Montag in Washington, der Bau "ist nicht per se unvereinbar mit internationalem Recht". Es habe den Friedensprozess im Nahen Osten nicht vorangebracht, die Siedlungen für illegal zu erklären, so Pompeo.

Der Schritt reiht sich ein in eine Serie einseitig proisraelischer Entscheidungen der Regierung von US-Präsident Donald Trump und kommt nur wenige Tage nach einer neuerlichen Eskalation der Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern.

„Diese Politik reflektiert die historische Wahrheit“, begrüßte der israelische Premier Benjamin Netanyahu die Entscheidung. „Tatsächlich werden wir Juden genannt, weil wir das Volk von Judäa sind.“ Israel bleibe weiterhin bereit, mit den Palästinensern Friedensverhandlungen aufzunehmen.

Die Palästinenserführung übte Kritik: „Israelische Siedlungen stehlen palästinensisches Land, beschlagnahmen palästinensische natürliche Ressourcen und beuten sie aus“, teilte Saeb Erekat, Generalsekretär der PLO mit. Die Siedlungen beschränkten zudem das Recht auf Bewegungsfreiheit der palästinensischen Bevölkerung.

EU lehnt Siedlungen ab

Die Position der EU bleibt unverändert. „Alle Siedlungsaktivitäten sind nach dem Völkerrecht illegal“, sagte Außenbeauftragte Federica Mogherini.

US-Regierung: Israelische Siedlungen nicht länger illegal

Palästinensische Demonstranten vor einer jüdischen Siedlung im Westjordanland

Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler in mehr als 200 Siedlungen. Die Palästinenser sehen beide Gebiete als Teil eines künftigen unabhängigen Staates.

Die Siedlungspolitik Israels ist hoch umstritten. Der UN-Sicherheitsrat hatte Israel im Dezember 2016 zu einem vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ost-Jerusalems aufgefordert. Auch die Amerikaner lehnten die Erweiterung israelischer Siedlungen in diesen Gebieten bisher ab.

Tausende neue Wohnungen

Der Siedlungsbau ging jedoch weiter. Israel genehmigte nach Angaben der Friedensorganisation Peace Now allein im Oktober den Bau von 2.342 Siedlerwohnungen im besetzten Westjordanland. Seit Jahresbeginn sei der Bau von insgesamt 8.337 Wohnungen in israelischen Siedlungen gebilligt worden - deutlich mehr als im Vorjahr.

Mit der rechtlichen Kehrtwende der Amerikaner bekommt Israel nun kraftvolle Unterstützung für die eigene Siedlungspolitik.

Die Trump-Regierung hat in den vergangenen Jahren bereits eine ganze Reihe einseitig proisraelischer Entscheidungen getroffen: Sie erkannte den israelischen Anspruch auf die besetzten Golanhöhen ebenso an wie Jerusalem als Israels Hauptstadt. Sie verlegte die US-Botschaft auch dorthin.

Die Palästinenser beanspruchen den Ostteil der Stadt als Hauptstadt des von ihnen angestrebten eigenen Staates. Die Palästinenser werfen der US-Regierung vor, vor allem die Interessen Israels zu vertreten. Deshalb lehnen sie inzwischen die Vereinigten Staaten als Vermittler im Nahost-Konflikt ab.

Politische Krise

Trumps Regierung setzt sich mit ihrer Nahost-Politik konsequent vom Kurs internationaler Partner ab. Die Entscheidung fällt nun in innenpolitisch besonders bewegte Zeiten für Israel und spielt dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu in die Hände, der schwer unter Druck steht.

Israel steckt in einer politischen Krise: Nachdem Netanyahu nach der Parlamentswahl im September mit dem Versuch scheiterte, eine neue Regierung zu bilden, läuft an diesem Mittwoch die Frist zur Regierungsbildung für Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß ab. Sollte Gantz ebenfalls scheitern, droht die dritte Wahl innerhalb eines Jahres.

Andreas Pfeier (ORF) über Nahost-Politik der USA

Kommentare